Moskau – Die von Kremlchef Wladimir Putin angekündigte Stationierung taktischer Nuklearwaffen in Belarus bedeutet aus Sicht von US-Experten keine wachsende Gefahr eines Atomkriegs. Die Ankündigung vom Samstagabend sei unbedeutend für das «Risiko einer Eskalation hin zu einem Nuklearkrieg, das extrem niedrig bleibt», hiess es in einer Analyse des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW).
Schon bisher könne Russland mit seinen Atomwaffen jeden Punkt der Erde erreichen. Putin sei aber ein «risikoscheuer Akteur, der wiederholt mit dem Einsatz von Atomwaffen droht, ohne Absicht, das auch durchzuziehen».
Schritt zeichete sich schon vor Ukraine-Krieg ab
Putin wolle im Westen Ängste vor einer atomaren Eskalation schüren, um so die Unterstützung für die Ukraine etwa bei der Lieferung schwerer Waffen zu brechen. Nach ISW-Einschätzung ist es weiter «sehr unwahrscheinlich, dass Russland nukleare Waffen in der Ukraine oder anderswo einsetzt». Putins Schritt habe sich bereits vor dem Krieg in der Ukraine angekündigt, teilte das ISW mit. Russland zementiere mit der Stationierung nuklearer Waffen in Belarus vor allem seinen Einfluss in der Ex-Sowjetrepublik.
Ausbildung soll bereits im April beginnen
Putin hatte am Samstag im Interview des russischen Staatsfernsehens angekündigt, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren – unter anderem mit der Begründung, dass auch die USA solche Waffen bei ihren europäischen Verbündeten vorhielten. Der russische Präsident hatte in der Vergangenheit etwa den Abzug von Atomwaffen aus Deutschland gefordert. Die Ausbildung an den Waffen in Belarus soll laut Putin im April beginnen, die Depots für die Atomraketen sollen am 1. Juli fertig gebaut sein. In Belarus hatte Machthaber Alexander Lukaschenko, der von Putin abhängig ist, schon vor dem Krieg die Stationierung der Waffen gefordert.
Zweifel am Bau von 1600 Panzer in diesem Jahr
In der neuen ISW-Analyse zweifeln die Experten auch an der Ankündigung Putins, in diesem Jahr 1600 Panzer neu zu bauen oder zu modernisieren. Demnach kann Russlands einzige Panzerfabrik Uralwagonsawod (UVZ) monatlich nur 20 Panzer produzieren, verliere aber im Krieg in der Ukraine täglich ein Vielfaches davon.
Putin versuche vor allem, eine «Aura der Sowjet-Ära» mit ihrer damals starken Militärindustrie zu erzeugen, stellen die ISW-Autoren fest. Seine Äusserungen hätten aber nichts mit der Wirklichkeit zu tun, dass die Wirtschaftskraft und die militärischen Kapazitäten der USA und der Europäer denen Russlands überlegen seien. (awp/mc/pg)