New York – US-Unternehmen schleusen laut einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam gigantische Geldbeträge am Fiskus vorbei. Der am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung zufolge haben die 50 grössten US-Konzerne 2015 mit Hilfe eines Netzwerks von 1751 Tochterfirmen und Zweigniederlassungen zusammen rund 1,6 Billionen Dollar in Steueroasen verschoben. Das entspricht laut Oxfam einem Anstieg um 200 Milliarden Dollar seit 2014 und in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Kanadas.
Die Organisation betont, dass sich die Firmen mit diesen Strategien im legalen Rahmen bewegten. Die Analyse zeige jedoch, dass das Steuersystem es Konzernen ermögliche, sich um ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl zu drücken. Statt des gesetzlich vorgeschriebenen US-Steuersatzes von 35 Prozent hätten die untersuchten Unternehmen dank verschiedener Schlupflöcher im Schnitt nur 25,9 Prozent gezahlt. Andere Analysen kommen zu noch niedrigeren Werten.
2,5 Mrd Dollar in Lobbyarbeit investiert
Zudem bemühen sich die Firmen laut Oxfam zunehmend um politische Einflussnahme. Zwischen 2009 und 2015 hätten die untersuchten Unternehmen 2,5 Milliarden Dollar für Lobbyarbeit in Richtung der US-Regierung ausgegeben, davon seien 325 Millionen für Steuerfragen aufgewendet worden. Das Problem betreffe aber nicht nur die USA, meinte Oxfam-Steuerexperte Tobias Hauschild. «Bei internationalen Konzernen ist Steuervermeidung mittlerweile Volkssport.»
System dürfte unter Trump noch ungerechter werden
Die von US-Präsident Donald Trump und den Republikanern geplante Steuerreform dürfte das System laut Oxfam eher noch ungerechter machen. Statt Grosskonzerne in die Pflicht zu nehmen, würden diese zulasten der Unter- und Mittelschicht noch weiter begünstigt. Die Organisation fordert, Unternehmen weltweit zu mehr Steuertransparenz zu verpflichten und mit Sanktionen gegen Steueroasen den «ruinösen Wettlauf um Niedrigsteuergesetze» aufzuhalten.
Für die Analyse hat Oxfam gemeinsam mit Wirtschaftsforschern vom Institute for Taxation and Economic Policy Steuererklärungen und andere öffentlich zugängliche Berichte der Unternehmen ausgewertet. Als «Steueroasen» definiert die Studie sogenannte Offshore-Finanzzentren, die Unternehmen mit niedrigen oder gar keinen Steuern locken und durch mangelnde Kooperation beim internationalen Bemühen gegen Steuervermeidung auffallen. (awp/mc/pg)