Aetna-CEO und -Chairman Mark Bertolini.
New York – Der Umbau des US-Gesundheitswesens hat die nächste Fusion in der Branche ausgelöst – und diesmal ist es ein Mega-Deal. Für 37 Milliarden US-Dollar (33 Mrd Euro) in bar und eigenen Aktien kauft der US-Krankenversicherer Aetna seinen Konkurrenten Humana inklusive dessen Schulden, wie beide Unternehmen am Freitag gemeinsam mitteilten. Das entspricht einem Aufschlag von 23 Prozent auf Humanas letzten Kurs. Die US-Behörden müssen dem Geschäft noch zustimmen. Für die zweite Jahreshälfte 2016 rechnen die Konzerne damit, dass der Deal über die Bühne geht.
Mit Humana kauft sich Aetna gross ins Geschäft mit Versicherungen für Senioren, aber auch die Pflege und Betreuung ein. Zusammen würde der Umsatz beider Unternehmen den Angaben zufolge 2015 bei rund 115 Milliarden Dollar liegen. Aetna-Finanzchef Shawn Guertin erwartet nach einem möglichen Abschluss des Geschäfts für 2018 Einsparungen von 1,25 Milliarden Dollar jährlich.
Mehr Übernahmen könnten folgen
Die Übernahme könnte in den kommenden Wochen Bewegung in die vielen Gespräche innerhalb der fünf grössten Krankenversicherer der USA bringen. Diese stehen ausgelöst durch die als Obamacare bekanntgewordene Gesundheitsreform unter Kostendruck. Der angestrebte Deal zwischen Aetna und Humana könnte dabei noch eine der kleineren Übernahmen sein. Insgesamt geht es um dreistellige Milliardenbeträge, nachdem der Wert der beteiligten Unternehmen an der Börse wegen der Spekulationen auf Fusionen zuletzt deutlich zugelegt hatte. «Es sind verrückte Zeiten», hatte ein Analyst vor kurzem gesagt.
Mit dem Humana-Kauf durch Aetna gehen den anderen Konzernen langsam die Optionen aus. Denn auch Konkurrent Cigna soll Interesse an Humana gehabt haben, um sich selbst gegen eine Übernahme zu wehren. Cigna wird derzeit vom Rivalen Anthem umworben. Dieser hatte Cigna ein rund 54 Milliarden Dollar schweres Angebot gemacht. Cigna lehnte es ab.
Obamacare als Auslöser für Übernahme-Wettlauf
Das Anthem-Interesse an Cigna und der geplante Humana-Kauf durch Aetna sind derzeit nicht die einzigen Bewegungen auf dem Markt. Auch der grösste Konzern der US-Gesundheitsbranche, UnitedHealth , soll mitmischen: Ihm wird Interesse an Aetna nachgesagt. Ob Aetna nach dem Humana-Kauf weiterhin ein mögliches Kaufziel ist, ist aber offen. Falls es nicht klappt, könnte auch Cigna ins Visier des Marktführers geraten. Das Übernahmekarussell ist voll im Gang.
Ausgelöst wurde das Spekulationsfieber durch die von US-Präsident Barack Obama eingeleitete Reform des US-Gesundheitswesens, die im vergangenen Jahr endgültig in Kraft trat. Dadurch stieg die Zahl der Krankenversicherten in den USA deutlich.
Gesundheitsreform juristisch nicht mehr angreifbar
Gleichzeitig wuchs der Kostendruck in der Branche, so dass es bereits zu einigen Fusionen und Übernahmen unter Gesundheitsdienstleistern gekommen ist – wobei Versicherer bisher grösstenteils aussen vor blieben. In diesem Segment der Branche laufen nach Einschätzung der Experten allerdings die ersten positiven Wachstumseffekte der Reform aus und der Kostendruck steigt, so dass jetzt hier eine Reihe von Übernahmen erwartet wird.
Der Oberste Gerichtshof in Washington hatte erst vor einer Woche die Gesundheitsreform unverändert aufrechterhalten. Finanzanalysten sagen, dass das damit auch die letzte Hürde für die ganz grossen Übernahmen unter den Krankenversicherern ausgeräumt sei. Unter anderen Konzernen der Branche hatte es wegen der Reform schon eine Reihe von Zusammenschlüssen gegeben. So fädelte erst am Donnerstag der Gesundheitsdienstleister Centene den Kauf des Rivalen Net Health für 6,8 Milliarden Dollar ein. (awp/mc/upd/ps)