US-Wahl: Harris greift in Debatte der Vize-Kandidaten beim Coronavirus an

US-Wahl: Harris greift in Debatte der Vize-Kandidaten beim Coronavirus an
Gesittete Veranstaltung: Vize-Kandidaten Kamala Harris und Mike Pence in der TV-Debatte vom Mittwoch in Salt Lake City.

Salt Lake City – In der einzigen TV-Debatte der Vize-Kandidaten vor der US-Präsidentenwahl hat Herausforderin Kamala Harris das Coronavirus zu einem zentralen Thema gemacht. «Das amerikanische Volk ist Zeuge des grössten Versagens einer Regierung in der Geschichte unseres Landes geworden», sagte Harris am Mittwoch in Salt Lake City auf einer Bühne mit Vizepräsident Mike Pence. «Das amerikanische Volk hat Opfer bringen müssen wegen der Inkompetenz dieser Regierung.» Pence konterte mit dem oft auch von Donald Trump vorgebrachten Argument, dass Massnahmen seiner Regierung Hunderttausende Menschenleben gerettet hätten.

Die Debatte verlief viel geordneter als das Duell von Trump und Herausforderer Joe Biden, das eine Woche zuvor im Chaos versunken war. Der Auslöser dafür war vor allem, dass Trump immer wieder Biden ins Wort fiel. Die Vize-Kandidaten unterbrachen einander dagegen kaum – auch weil Harris zwei Anläufe von Pence mit einem resoluten «Mr. Vizepräsident, jetzt rede ich» stoppte. Dafür überzog Pence immer wieder die ihm zugeteilte Zeit. Er liess sich auch von der Moderatorin – der Journalistin Susan Page von der Zeitung «USA Today» – nicht unterbrechen und redete einfach weiter.

An anderer Stelle, als es um Recht und Ordnung und Polizeigewalt ging, wies Harris Pence erneut in die Schranken: «Ich werde hier nicht sitzen und mich vom Vizepräsidenten belehren lassen, was es heisst, die Gesetze unseres Landes durchzusetzen. Ich bin hier die einzige auf der Bühne, die alles strafrechtlich verfolgt hat, von Kindesmissbrauch bis Mord.»

Punktsieg für Harris
In einer Schnellumfrage des Nachrichtensenders CNN hielten 59 Prozent Harris für die Gewinnerin der Debatte – und 38 Prozent Pence. Unter Frauen war das Ergebnis mit 69 zu 30 Prozent noch eindeutiger. Trump verkündete unterdessen bei Twitter: «Mike Pence hat KLAR GEWONNEN!» Biden schrieb an die Adresse von Harris: «Du hast uns alle heute Nacht sehr stolz gemacht.»

Harris (55) und Pence (61) bestritten ihr rund 90-minütiges Duell auf etwa 3,7 Metern Distanz zueinander. Zusätzlich trennten sie Plexiglasscheiben. Für die wenigen Zuschauer der Debatte vor Ort galt eine Maskenpflicht. Trump ist an Covid-19 erkrankt und Pence liess sich jeden Tag testen.

Pence fiel damit auf, dass er mehrfach einfach die Fragen ignorierte und stattdessen die Botschaften platzierte, die er unterbringen wollte. So redete er bei einer Frage nach der Position zu Abtreibungen zunächst einmal darüber weiter, wie die Trump-Regierung Irans Top-General Ghassem Soleimani mit einem Raketenangriff getötet hatte.

Fragen ignoriert und ausgewichen
Beide Kandidaten wichen der Frage aus, wie ihre Absprachen mit den jeweiligen Präsidentschaftsanwärtern für eine Machtübergabe sind. Es ist ein wichtiger Punkt: Trump ist 74 Jahre alt und an Covid-19 erkrankt, Biden ist 77. Jeder der beiden wäre bei Amtsantritt im Januar 2021 der älteste Präsident in der US-Geschichte. Pence griff stattdessen die Bilanz von Präsident Barack Obama und dessen Vize Biden im Kampf gegen die Schweinegrippe an. Harris sprach von ihrer Erfahrung im US-Senat – was immerhin ihre Qualifikation für den Job vermitteln sollte. Moderatorin Page hakte nicht nach.

Genauso wenig beantwortete Harris die von Pence gestellte Frage, ob Biden und die Demokraten im Falle ihres Wahlsiegs und der Rückeroberung der Mehrheit im Senat das Oberste Gericht vergrössern würden. Die Republikaner versuchen gerade, die Juristin Amy Coney Barrett in das höchste US-Gericht zu bringen. Sie würde eine konservative Mehrheit im Gericht zementieren. Es gibt deshalb Spekulationen, die Demokraten könnten zwei zusätzliche Richter oder Richterinnen an den Supreme Court berufen.

Pence ging seinerseits nicht darauf ein, ob Trump und er eine Wahlniederlage akzeptieren würden. «Ich denke, wir werden diese Wahl gewinnen», sagte er. Harris antwortete: «Wir werden gewinnen. Und wir werden niemandem erlauben, unsere Demokratie zu untergraben.» Trump liegt in landesweiten Umfragen deutlich hinter Biden.

Umstrittene Steuerreform
Harris betonte, dass Biden als Präsident die Steuerreform von Trump rückgängig machen würde. Pence erklärte daraufhin, dass dies Steuererhöhungen für die Wähler bedeuten würde. Harris versicherte: «Joe Biden wird für niemanden die Steuern erhöhen, der weniger als 400 000 Dollar im Jahr verdient.» Harris sagte auch, dass eine Biden-Regierung «mit Stolz» wieder dem Pariser Klimaschutz-Abkommen beitreten würde.

Pence wich der direkten Frage aus, ob er den Klimawandel für eine existenzielle Bedrohung halte. «Das Klima ändert sich, wir werden der Wissenschaft folgen», sagte er. Harris bezeichnete den Klimawandel als «eine existenzielle Bedrohung für uns als Menschen».

Pence griff mehrfach die politische Vergangenheit von Joe Biden als Vizepräsident von Barack Obama und US-Senator an. Unter anderem hielt er ihm vor, dass Jobs an China verlorengegangen seien und dass die Gesundheitsreform von Obama versagt habe. Harris ging mit der Aussenpolitik Trumps hart ins Gericht: «Er hat unsere Freunde verraten und sich mit Diktatoren auf der ganzen Welt verbündet.» (awp/mc/ps)

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