US-Wirtschaft wächst stärker als erwartet
Washington – Die Daten zum US-Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal haben ein uneinheitliches Bild gezeichnet. Die Wirtschaft wuchs in den Monaten April bis Juni zwar stärker als erwartet, allerdings wurden die Zahlen für die vorherigen drei Quartale nach unten revidiert. Von April bis Juni habe das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der grössten Volkswirtschaft der Welt auf das Jahr hochgerechnet um 1,7 Prozent zugelegt, teilte das US-Handelsministerium am Mittwoch in Washington nach einer ersten Schätzung mit. Volkswirte hatten lediglich einen Anstieg um 1,0 Prozent erwartet.
Allerdings revidierte das Handelsministerium das Wachstum im ersten Quartal im gleichen Umfang nach unten, wie die Markterwartungen im zweiten Quartal übertroffen wurden. Die grösste Volkswirtschaft der Welt ist demnach in den ersten drei Monaten des Jahres nur um 1,1 Prozent gewachsen. Bisher war man noch von einem Zuwachs von 1,8 Prozent ausgegangen. Zudem wurden auch das dritte und vierte Quartal des vorherigen Jahres nach unten revidiert.
Entschleunigung im ersten Halbjahr
«Insgesamt ist aber für das 1. Halbjahr ganz klar die erwartete Entschleunigung zu konstatieren», kommentiert die NordLB die Wachstumsdaten. «Angesichts des zum Jahreswechsel wirksam gewordenen Wegfalls von Steuererleichterungen und der Ausgabenkürzungen des Staates, sollte diese Entwicklung nicht zu sehr überraschen.» Zuversichtlich für die weitere Entwicklung zeigt sich die Commerzbank: «Das US-Wachstum sollte nun spürbar anziehen. Der unterliegende Trend sieht erfreulicher aus und im Inland belebt sich die Endnachfrage.»
Der private Konsum legte im zweiten Quartal annualisiert um 1,8 Prozent zu. Die Markterwartungen hatten bei 1,6 Prozent gelegen. Im Vorquartal war der Konsum noch um revidierte 2,3 (zunächst 2,6) Prozent gestiegen. Gestützt wurde das Wachstum vor allem durch gestiegene Lagerbestände. Belastet wurde es durch den negativen Aussenbeitrag und durch die Entwicklung der Staatsausgaben.
Starke Revisionen
Angesichts der sogenannten Benchmark-Revisionen zeigen sich Ökonomen etwas vorsichtiger bei der Interpretation der Zahlen. Die Statistiker der Regierung revidierten die Zahlen seit 1929. In der Berechnung zum BIP sind nun zusätzlich auch Forschungsausgaben und künstlerische Arbeiten enthalten. So ist die Wirtschaft im Vorjahr um 2,8 Prozent gewachsen, nachdem zunächst nur ein Zuwachs von 2,2 Prozent ermittelt worden war.
Auch für die Geldpolitik der US-Notenbank sollten die neuen Daten laut Experten kaum eine Rolle spielen. «Für die US-Notenbank dürfte die heutige Zahl kaum eine richtungweisende Grösse sein», schreibt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. «Die Währungshüter werden weiterhin die Entwicklung am Arbeitsmarkt mit Argusaugen beobachten.» An diesem Freitag wird der Arbeitsmarktbericht für den Monat Juni veröffentlicht. An den Märkten spielten die Daten kaum eine Rolle. Der Eurokurs wurde vorübergehend belastet. Vor den am Abend anstehenden geldpolitischen Entscheidungen der US-Notenbank hätten die Anleger eine abwartende Haltung eingenommen, sagten Händler.
Beschäftigung im Privatsektor steigt überraschend
In den USA ist die Beschäftigung des Privatsektors im Juli unerwartet gestiegen. Im Monatsvergleich wurden 200.000 neue Stellen geschaffen, wie der Arbeitsmarkt-Dienstleister Automatic Data Processing (ADP) am Mittwoch in Washington mitteilte. Dies ist der stärkste Zuwachs im laufenden Jahr. Bankökonomen hatten nur mit 180.000 Jobs gerechnet. Der Anstieg im Vormonat wurde ausserdem um 10.000 auf 198.000 Stellen nach oben korrigiert.
Am Freitag wird die US-Regierung ihren monatlichen Arbeitsmarktbericht veröffentlichen. Die ADP-Daten gelten als Indikator für die offiziellen Daten. Derzeit sind amerikanische Arbeitsmarktdaten besonders wichtig für die Geldpolitik der Notenbank Fed, nachdem die Währungshüter ihre Zinspolitik an die Arbeitslosenquote gekoppelt haben. Die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt spielt ausserdem eine wesentliche Rolle bei der künftigen Entwicklung der milliardenschweren Anleihekäufe durch die Fed.
Arbeitskosten steigen im zweiten Quartal stärker als erwartet
Derweil sind in den USA die Arbeitskosten im zweiten Quartal stärker als erwartet gestiegen. Der entsprechende Index sei um 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorquartal geklettert, teilte das US-Arbeitsministerium am Mittwoch in Washington mit. Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg um 0,4 Prozent gerechnet. Im ersten Quartal waren die Arbeitskosten um revidiert 0,5 Prozent (zuvor 0,3 Prozent) gestiegen.
Chicago-Einkaufsmanagerindex steigt überraschend schwach
Die Stimmung der Einkaufsmanager in der US-Region Chicago hat sich im Juli nicht so stark wie erwartet aufgehellt. Der entsprechende Indikator sei von 51,6 Punkten im Vormonat auf 52,3 Zähler gestiegen, teilte die regionale Einkaufsmanagervereinigung am Mittwoch in Chicago mit. Ökonomen hatten hingegen einen Anstieg auf 54,0 Punkte erwartet.
Der Frühindikator liegt damit wieder deutlicher über der wichtigen Marke von 50 Punkten. Indexstände oberhalb dieser Schwelle signalisieren eine wirtschaftliche Belebung, während Werte darunter auf einen Rückgang hinweisen. In den Monaten vor Juli war der Indikator mehrfach stärkeren Schwankungen ausgesetzt und rutschte im April für einen Monat unter die Expansionsschwelle. (awp/mc/upd/ps)