Washington – Im Rätselraten um die künftige Geldpolitik der US-Notenbank Fed gibt es neue Impulse vom US-Arbeitsmarkt: Der Stellenaufbau im Privatsektor in den USA ist im August schwächer ausgefallen als erwartet. Es seien 190 000 neue Arbeitsplätze hinzu gekommen, teilte der private Dienstleister ADP am Mittwoch mit. Volkswirte hatten mit 200 000 neuen Stellen gerechnet. Zudem wurde der Stellenaufbau im Vormonat von 185 000 auf 177 000 nach unten korrigiert.
Die Entwicklung des Arbeitsmarkts hat grundsätzlich grosse Bedeutung für die Geldpolitik der US-Notenbank, die auf eine erste Zinsanhebung nach der schweren Wirtschaftskrise zusteuert. Aufgrund der Börsenkrise in China gilt es inzwischen als ungewiss, ob die Fed schon im September ihre Zinsen anheben wird.
Erwartungen bezüglich Zinswende im September nicht verringert
Die Märkte zeigten sich von den aktuellen Zahlen allerdings wenig beeindruckt. Der Euro gab sogar nach und fiel auf ein Tagestief von 1,1230 US-Dollar. Dies weist darauf hin, dass die etwas schwächer als erwarteten Zahlen vom Arbeitsmarkt die Erwartung einer möglichen Zinswende im September nicht verringert haben. Der deutsche Aktienindex Dax reagierte kaum. Kurz nach den Zahlen zum Arbeitsmarkt fiel in den USA noch die Produktivität etwas besser als erwartet aus und die Lohnstückkosten sanken etwas stärker als von Ökonomen prognostiziert. Auch das bewegte die Märkte nicht wesentlich.
Stärker marktbewegend könnten die offiziellen Zahlen zum US-Arbeitsmarkt werden, die die US-Regierung am Freitag veröffentlichen wird. Die ADP-Zahlen gelten als ungefähre Richtschnur für die offiziellen Zahlen. Nach Einschätzung der NordLB ist der Zusammenhang der beiden Berichte aber nur «sehr lose».
Offizielle Daten entscheidend?
Fed-Vize Stanley Fischer hatte am Wochenende bei einem Treffen von Notenbankern aus aller Welt im US-amerikansichen Jackson Hole gesagt, dass man bei der Fed die offiziellen Zahlen zum Arbeitsmarkt abwarten werde. Dies hatte einige Experten als Hinweis gewertet, dass die Arbeitsmarktdaten vom Freitag entscheidend sein werden bei der Frage, ob es bereits im September eine Zinsanhebung geben wird oder nicht.
Manchen Experten zufolge wird den Zahlen damit aber zu viel Gewicht gegeben. «Wir denken, dass diese Einschätzung etwas zu weit geht, weil eine einzige Arbeitsmarktzahl die Nadel nicht in die eine oder andere Richtung bewegen wird», schreibt Harm Bandholz, Chefökonom bei der Bank Unicredit in New York.
Viola Julien, Analystin bei der Landesbank Helaba, weist zudem darauf hin, dass der US-Arbeitsmarkt weiterhin stabil sei, wenn er auch die Erwartungen zuletzt laut ADP nicht ganz erfüllt habe. «Der robuste Stellenaufbau in den USA setzt sich fort und die heutigen Zahlen liefern eine tendenziell freundliche Indikation für den offiziellen Arbeitsmarktbericht», so Julien. Positive Überraschungen seien am Freitag aufgrund der heutigen Zahlen aber eher unwahrscheinlich.
Produktivität steigt stärker als erwartet
Die Produktivität der US-Unternehmen hat derweil im Frühjahr deutlich stärker zugelegt als erwartet. Gleichzeitig sind die Lohnkosten unerwartet stark gefallen. Im zweiten Quartal habe die Produktivität ausserhalb der Landwirtschaft auf das Jahr hochgerechnet um 3,3 Prozent zugelegt, teilte das US-Arbeitsministerium laut einer zweiten Schätzung in Washington mit.
Volkswirte hatten einen Anstieg um lediglich 2,8 Prozent erwartet, nachdem zunächst ein Anstieg von 1,3 Prozent ermittelt worden war. Im ersten Quartal war die Produktivität noch um 1,1 Prozent gefallen. Volkswirte machten auch das im zweiten Quartal robuste Wirtschaftswachstum für den Anstieg der Produktivität verantwortlich.
Die Lohnstückkosten fielen in den Monaten April bis Juni annualisiert um 1,4 Prozent. Volkswirte hatten einen Rückgang um 1,2 Prozent erwartet. In einer ersten Schätzung war noch ein Anstieg von 0,5 Prozent ermittelt worden. Im ersten Quartal waren die Lohnstückkosten um 2,6 Prozent gestiegen. (awp/mc/pg)