US-Arbeitsmarkt enttäuscht – Zinswende in Gefahr

Konjunktur USA

Washington – Schwerer Schlag für die lang erwartete Zinswende in den USA: Der amerikanische Arbeitsmarkt hat im September die Markterwartungen weit verfehlt. Mit 142’000 Stellen lag der Jobaufbau deutlich unter dem erwarteten Stellenzuwachs von 201’000, wie das US-Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Zudem wurde der Beschäftigungsaufbau für die beiden Vormonate Juli und August um insgesamt 59’000 Stellen nach unten gesetzt. An den Finanzmärkten geriet der US-Dollar stark unter Druck. Amerikanische Staatsanleihen legten dagegen deutlich zu, was ihre Rendite im Gegenzug drückte.

Die Arbeitslosenquote verharrte zwar auf ihrem siebenjährigen Tiefstand von 5,1 Prozent. Allerdings ging zugleich die Erwerbsquote zurück. Sie gibt an, wie viele Menschen sich am Arbeitsmarkt beteiligen, sich also um einen Job bemühen. Die Quote fiel auf den tiefsten Stand seit 1977, also seit 38 Jahren. Die Gründe dafür sind unter Experten umstritten, sie verweisen sowohl auf strukturelle Faktoren wie die steigende Anzahl von Rentnern als auch auf zyklische Faktoren wie schlechtere Aussichten, einen Job zu finden.

Löhne stagnieren – «Fed verschiebt Zinswende»
Als zusätzlicher Rückschlag kann die Lohnentwicklung gesehen werden. Die Stundenlöhne stagnierten im Monatsvergleich, auf Jahressicht erhöhten sie sich um 2,2 Prozent. Das lag nicht nur unter den Markterwartungen, der Anstieg bleibt im längeren Vergleich auch moderat. Die Wochenarbeitszeit ging leicht zurück, was zusammen mit den stagnierenden Stundenlöhnen für geringere Haushaltseinkommen spricht.

Der Arbeitsmarkt steht derzeit besonders stark im Mittelpunkt des Interesses. Der Grund: Die US-Notenbank Fed knüpft ihre Geldpolitik eng an die dortige Entwicklung. Sie will die Zinswende erst wagen, wenn sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter bessert. Insoweit kann der aktuelle Arbeitsmarktbericht als schwerer Schlag gegen die noch für dieses Jahr erwartete Zinswende gesehen werden. «Der schwache Arbeitsmarktbericht legt nahe, dass die Fed die Zinswende verschieben wird», kommentierte das Analysehaus Capital Economics.

Auch VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel wertet die Zahlen als deutliche Enttäuschung. “Dies alleine wäre nicht weiter beunruhigend, wenn gestern das wichtigste US-amerikanische Konjunkturbarometer, der ISM-Index, überzeugt hätte. Doch der ISM-Index war auch schwach. Es scheint so, dass der starke US-Dollar zusammen mit dem niedrigen Ölpreis das Verarbeitende Gewerbe der USA hart trifft”, so Gitzel.

US-Dollar gibt stark nach
Die Reaktion der Finanzmärkte unterstreicht dieses Urteil: Der US-Dollar geriet nach Bekanntwerden der Zahlen auf breiter Front unter erheblichen Druck. Im Gegenzug stieg der Euro innerhalb weniger Minuten um eineinhalb Cent auf gut 1,13 Dollar. Auch andere Währungen wie der Schweizer Franken oder die Schwedische Krone werteten zum Dollar stark auf. Gleiches gilt für Währungen von Schwellenländern, die unter einer strafferen US-Geldpolitik nach Expertenmeinung am stärksten zu leiden hätten. Die Stimmung an den Aktienmärkten in Europa und den USA trübte sich deutlich ein. Die Kurse an den Rentenmärkten legten hingegen zu. (awp/mc/pg)

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