Washington – Der US-Arbeitsmarkt zeigt Anzeichen einer Abkühlung. Im August stieg nicht nur die Arbeitslosigkeit auf niedrigem Niveau deutlich an, auch die Löhne und Gehälter erhöhten sich spürbar schwächer. Die Beschäftigung wurde zwar abermals mit solidem Tempo ausgeweitet, im mehrmonatigen Durchschnitt steigt sie aber langsamer. Der US-Zentralbank Fed spielt die Entwicklung in die Karten. Sie wartet schon lange darauf, dass sich der Arbeitsmarkt abkühlt und hilft, die hohe Inflation weiter zu reduzieren.
Die Arbeitslosigkeit stieg nach Zahlen des US-Arbeitsministeriums vom Freitag kräftig an. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich von 3,5 Prozent im Juli auf 3,8 Prozent, was der höchsten Quote seit eineinhalb Jahren entspricht. Bankvolkswirte hatten im Schnitt mit einer stabilen Quote gerechnet. Die Zahl aller Arbeitslosen stieg ebenfalls deutlich um gut eine halbe Million auf 6,4 Millionen. Der Anstieg ist laut Ministerium auch Folge eines stärkeren Zustroms neuer Arbeitskräfte, die sich üblicherweise zunächst arbeitslos melden.
187’000 neue Stellen
Der Arbeitsplatzaufbau zog etwas an: Ausserhalb der Landwirtschaft kamen 187 000 Stellen hinzu. Das sind 20 000 neue Jobs mehr als im Vormonat entstanden waren. Analysten hatten für August 170 000 zusätzliche Stellen erwartet. Allerdings wurde der Beschäftigungsaufbau in den beiden Vormonaten um insgesamt 110 000 Stellen nach unten revidiert. Als Folge sank der Dreimonatsschnitt auf rund 150 000. Laut Andrew Hunter von Capital Economics liegt der Wert unter der Entwicklung im Vor-Corona-Jahr 2019.
Schwächerer Lohnauftrieb
Der Lohnauftrieb schwächte sich ab: Die durchschnittlichen Stundenlöhne legten zum Vormonat um 0,2 Prozent zu, im Juli hatte das Plus 0,4 Prozent betragen. Im Jahresvergleich sank der Lohnanstieg von 4,4 auf 4,3 Prozent. Viele US-Firmen klagen über einen Mangel an Arbeitskräften, weshalb die Löhne schon länger deutlich steigen. Für die Federal Reserve bedeutet das zusätzliche Inflationsrisiken. Eine schwächere Lohnentwicklung kommt der Fed, die sich seit eineinhalb Jahren gegen die hohe Inflation stemmt, also entgegen.
Die ersten Marktreaktionen auf den Jobbericht fielen relativ verhalten aus. Der US-Dollar gab gegenüber anderen Währungen etwas nach, am US-Anleihemarkt gaben die Renditen zunächst nach, stiegen dann aber etwas an. Die spärliche Reaktion dürfte damit zu erklären sein, dass schon vor dem Bericht eher keine weitere Zinsanhebung der Fed auf der kommenden Sitzung in etwa drei Wochen erwartet wurde. Daran dürfte sich mit dem tendenziell schwächeren Arbeitsmarkt wenig ändern.
VP Bank-Chefökonom Thomas Gitzel hält den Arbeitsmarktbericht für die Fed für einen weitgehend neutralen Datenpunkt: «Die Anzahl der neugeschaffenen Stellen hat sich über die vergangenen Monate hinweg abgeschwächt. Auf der anderen Seite liegt die Zahl noch immer auf einem soliden Niveau. Die Fed kann also im September guten Gewissens von einer weiteren Zinsanhebung absehen. Der Zinsgipfel ist erreicht.» (awp/mc/pg)