Washington – Der Inflationsdruck in den USA hat im Oktober stärker als erwartet nachgelassen. An den Finanzmärkten wird jetzt auf künftig geringere Leitzinserhöhungen durch die US-Notenbank Fed spekuliert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise im Oktober um 7,7 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang der Rate auf 7,9 Prozent gerechnet.
Im September hatte die Inflationsrate noch 8,2 Prozent betragen. Es ist der vierte Rückgang der Rate in Folge. Die Inflation liegt aber immer noch deutlich über dem Inflationsziel der Notenbank von zwei Prozent. Die Kerninflationsrate, die die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise aussen vor lässt, fiel von 6,6 Prozent auf 6,3 Prozent. Auch hier war der Rückgang stärker als erwartet. Im Monatsvergleich stieg die Gesamtinflation ebenfalls weniger stark als erwartet. Sie legte im Oktober um 0,4 Prozent zu. Hier war ein Zuwachs um 0,6 Prozent erwartet worden.
Tritt die Fed auf die Bremse?
Der etwas abgeschwächte Preisauftrieb deutet auf weniger starke Leitzinsanhebungen durch die US-Notenbank Fed hin, die ihren Leitzins im laufenden Jahr schon stark erhöht hat. Sie hatte auf den letzten vier Sitzungen den Leitzins um jeweils 0,75 Prozentpunkte angehoben. Notenbankchef Jerome Powell hat bereits auf der letzten Sitzung weniger starke Zinserhöhungen in Aussicht gestellt, wenn auch noch kein Ende der Zinserhöhungen.
«Die Inflation ist auf deutlichem Rückzugskurs», kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Fed-Chef Powell habe Grund zum Durchatmen. «Wenn es zu keinen weiteren externen Schocks kommt, werden die Teuerungsraten im kommenden Jahr noch merklicher fallen», schreibt Gitzel. «Für die Fed rückt also der Zeitpunkt, an dem sie von weiteren Zinsanhebungen absehen kann, näher.»
Weniger optimistisch zeigen sich die USA-Experten der Commerzbank. Die US-Inflation habe ihren Höhepunkt zwar wohl überschritten: «Ein sehr rascher Rückgang sollte allerdings auch nicht erwartet werden, denn gerade bei den Mieten, dem wichtigsten Ausgabeposten, ist auch im Oktober noch keine Beruhigung zu sehen gewesen.» Zudem sollte die Inflation wegen struktureller Faktoren längerfristig höher bleiben als vor der Pandemie. Sie verweisen auf die Kosten der Klimapolitik, das verringerte Arbeitsangebot und den zunehmenden Protektionismus.
Der US-Dollar gab nach den Zahlen auf breiter Front nach. Der Euro stieg auf ein Tageshoch von 1,0159 Dollar. Das waren rund zwei Cent mehr als vor Bekanntgabe der Daten. Die Renditen von US-Staatsanleihen gerieten unter Druck. Zudem profitierten die Aktienmärkte in Europa. (awp/mc/ps)