USA schliessen Militärintervention in der Ukraine aus

USA schliessen Militärintervention in der Ukraine aus

US-Präsident Barack Obama mit seinen nationalen Sicherheitsberatern im Lage-Raum des Weissen Hauses. (Official White House Photo by Pete Souza)

Washington / Kiew – US-Präsident Barack Obama schliesst ein militärisches Eingreifen im Ukraine-Konflikt aus. Jedoch stellt er weitere Sanktionen gegen Russland in Aussicht. «Dieses anhaltende Eindringen in die Ukraine bringt weitere Kosten und Konsequenzen für Russland», erklärte Obama am Donnerstag mit Blick auf die aktuelle Entwicklung. Russland hat aus Nato-Sicht eigene Soldaten mit schweren Waffen in die umkämpfte Ostukraine geschickt.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel liess nach einem Telefonat mit Obama mitteilen, beide seien sich einig gewesen, dass ein solches Verhalten nicht folgenlos bleiben dürfe. Sie bestätigte dem Präsidenten, dass sich der Europäische Rat am Samstag mit der Situation befassen werde, wie Regierungssprecher Steffen Seibert mitteilte. Die Kanzlerin unterstrich demnach, dass sich die Bundesregierung weiter für eine diplomatische Lösung einsetzen werde.

Obama sagte, beide seien sich einig gewesen, dass Moskau für die Gewalt im Osten der Ukraine verantwortlich sei. Die Russen hätten absichtlich die ukrainische Souveränität verletzt. Obama vermied in seinen Äusserungen das Wort Invasion.

«Ukraine ist kein Mitglied der Nato, aber viele Staaten in der Nähe sind es»
Anhand von Beratungen mit den europäischen Verbündeten «ist meine Erwartung, dass wir zusätzliche Massnahmen ergreifen werden, weil wir keine bedeutenden Handlungen von Russland gesehen haben, dies tatsächlich auf diplomatische Weise zu lösen», sagte Obama. Zugleich bekräftigte er rund eine Woche vor dem Nato-Gipfel in Cardiff, dass die sich das Bündnis für seine Mitglieder in der Region einsetzen werde. «Ukraine ist kein Mitglied der Nato, aber viele Staaten in der Nähe sind es.»

Gegen alle Warnungen des Westens hat Russland aus Nato-Sicht mehr als 1000 eigene Soldaten mit schweren Waffen in die umkämpfte Ostukraine geschickt. Man habe festgestellt, dass «grosse Mengen hochmoderner Waffen einschliesslich Luftabwehrsystemen, Panzern und gepanzerten Fahrzeugen den Separatisten in der Ostukraine übergeben wurden», teilte ein Nato-General im belgischen Mons mit.

«Russland muss aufhören zu lügen»
Die USA und zahlreiche andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats kritisierten Russland wegen der Entsendung von Soldaten in die Ukraine scharf. «Ernsthafte Verhandlungen werden dringend gebraucht, aber Russland muss aufhören zu lügen und diesen Konflikt weiter anzuheizen», sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, am Donnerstag bei einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung des Gremiums. Sie forderte den Rückzug der Truppen.

Der stellvertretende UN-Generalsekretär Jeffrey Feltman, der zuvor die Ukraine besucht hatte, bezeichnete eine Entsendung von russischen Truppen in das Land als einen «direkten Verstoss gegen internationales Recht». Russland wies die Vorwürfe zurück und gab der Ukraine die Schuld an der jüngsten Eskalation der Krise.

Merkel sagte: «Wir wollen diplomatische Lösungen, wir werden da auch nicht nachlassen.» Sie fügte hinzu: «Aber wir müssen feststellen, dass sich die Dinge in den letzten Tagen wieder erschwert und verschlechtert haben.» Nach den Meldungen über die verstärkte Präsenz russischer Truppen in der Region um Donezk fuhr der deutsche Aktienmarkt grössere Verluste ein. Auch der Euro gab nach.

Widersprüchliches aus Kiew
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko sorgte für widersprüchliche Nachrichten. Trotz massiver Vorwürfe aus Kiew über eine russische Militäroffensive in der Ostukraine hätten sich erstmals Vertreter der Generalstäbe Russlands und der Ukraine beraten. Zudem wies Poroschenko den Grenzschutz seines Landes an, im umkämpften Osten gemeinsame Patrouillen mit russischen Kollegen zu organisieren. Dies sei mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beim jüngsten Treffen in Minsk besprochen worden.

Zugleich warf er Moskau offen «eine Intervention russischer Streitkräfte in der Ukraine» vor. Die Lage im Grenzgebiet habe sich «extrem verschärft», erklärte Poroschenko. «Ich habe einen Besuch in der Türkei abgesagt (…) Der Platz des Präsidenten ist heute in Kiew.»

Moskau streitet militärisches Engagement in der Ukraine ab
Der russische Parlamentspräsident Sergej Naryschkin wies Vorwürfe Poroschenkos zurück, Moskau engagiere sich militärisch im Nachbarland. «Eine solche, Entschuldigung, Lüge muss man nicht glauben. Das ist eine Provokation», sagte Naryschkin der Agentur Interfax zufolge in Moskau. Igor Konaschenkow vom russischen Verteidigungsministerium sprach von einer «Ente». Die Satellitenbilder, die eine russische Militäroffensive beweisen sollen, stammten von einem Manöver, sagte der Generalmajor.

Die Nato veröffentlichte in Mons Satellitenbilder, die ihre Einschätzung belegen sollen. Demnach sollen «deutlich mehr als 1000 russische Soldaten» innerhalb der Ukraine operieren. «Das ist eine eher konservative Schätzung», teilte das Bündnis in Mons mit. Die Russen seien Ratgeber der Separatisten und befänden sich «bis zu 50 Kilometer innerhalb ukrainischen Gebiets». Im russischen Grenzgebiet zur Ukraine seien schätzungsweise rund 20’000 Soldaten stationiert. «Das ist eine Invasionsarmee», so der Nato-Offizier. (awp/mc/ps)

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