Eric Holder, US-Justizminister.
Washington – Nach einem wochenlangen Nervenkrieg um den US-Haushalt sind Hunderttausende Amerikaner in die Normalität zurückgekehrt. Behörden, Nationalparks und Museen öffneten wieder ihre Pforten, nachdem Staatsbedienstete zurück an die Arbeit gerufen wurden. Nach einem 16 Tage dauernden Zwangsurlaub sollen sie rückwirkend bezahlt werden. Unzählige Familien hatten zunächst um die Gehaltschecks bangen müssen. Viele Amerikaner atmen nun auf.
«Die Amerikaner sind die grössten Verlierer», sagte die Republikanerin Diane Black gegenüber CNN am Donnerstagabend (Ortszeit). Sie bereue aber nicht, im Abgeordnetenhaus gegen den Finanzkompromiss gestimmt zu haben, der dem Finanz-Drama schliesslich ein Ende bereitete. Denn er stelle US-Präsident Barack Obama einen «Blankoscheck» aus, anstatt die ausufernden Ausgaben zu senken.
Touristenattraktionen wieder geöffnet
Die Mitarbeiter des Nationalparks in Washington sammelten Müll ein, der sich über die zwei Wochen in Parkanlagen angehäuft hatte. Vor dem berühmten Luft- und Raumfahrtmuseum standen Touristen in der US-Hauptstadt Schlange. Das Tauziehen um den Haushalt hatte die Pläne etlicher Besucher durchkreuzt, denen der Zugang zu bekannten Sehenswürdigkeiten wegen des sogenannten «Shutdown» verwehrt blieb. Weil in Washington viele Ministerien und Ämter ihren Sitz haben, waren dort besonders viele Menschen von dem Etatstreit betroffen.
Auch die beliebte Webcam des Nationalzoos, die rund um die Uhr ein Panda-Baby und dessen Mutter filmt, ging wieder auf Sendung. Innerhalb von zehn Minuten hatte die Kamera die Höchstgrenze von 850 Verbindungen erreicht, sagte eine Zoo-Sprecherin laut einem Bericht der «New York Times». Fans des tapsigen Jungtiers machten ihrer Begeisterung im Internet Luft.
Auch im Westen der USA nahmen Mitarbeiter der Parkbehörde ihre Arbeit sofort wieder auf. In der Bucht von San Francisco setzten erstmals seit Wochen Fähren auf die berühmte frühere Gefängnisinsel Alcatraz über. In der Sierra Nevada nutzten Tausende Touristen die erste Gelegenheit, den Yosemite-Park zu besuchen. «Wir sind begeistert davon, wieder zu eröffnen und heissen die Besucher in Yosemite willkommen zurück», sagte Park-Leiter Don Neubacher in einer Mitteilung.
Justizminister begrüsst Rückkehrer
Justizminister Eric Holder hiess in Washington die Rückkehrer mit einem Brief willkommen. «Diejenigen von Ihnen, die während des «Shutdown» nicht arbeiten konnten, wurden sehr vermisst. Und die Mühen derer, die in dieser schwierigen Zeit an der Arbeit waren, wurden tief geschätzt», schrieb Holder. Er wolle umgehend sicherstellen, dass jeder der knapp 115’000 Angestellten des Ministeriums seinen Tätigkeiten wieder voll und ganz nachgehen könne. «Lasst uns zurück an die Arbeit gehen», schrieb Holder.
Neben dem berühmten Denkmal zu Ehren des US-Übervaters Abraham Lincoln wurde in Washington auch die Gedenkstätte für US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg wieder geöffnet. Kriegsveteranen hatten während des «Shutdown» mehrfach versucht, in das abgesperrte «World War II Memorial» einzudringen. Sicherheitskräfte stoppten die Veteranen, die mit Hilfe einiger Kongress-Mitglieder die Zäune um die Gedenkstätte durchbrechen wollten. «Ich bin einfach froh, wieder zu arbeiten», sagte ein Mitarbeiter des Nationalparks laut der «Washington Post», der die Barrikaden um die Gedenkstätte räumte.
Selbst im öffentlichen Nahverkehr machte sich das Ende des Finanzierungsnotstands bemerkbar. Die U-Bahn fuhr zwei Wochen lang mit kürzeren Zügen, weil die Zahl der Passagiere um rund 20 Prozent zurückgegangen war. Besonders im Berufsverkehr ist die U-Bahn normalerweise auf lange Züge angewiesen, um die Masse an Passagieren pünktlich befördern zu können.
24 Mrd Dollar Kosten angefallen
Für den eskalierten Finanzstreit haben die USA schon jetzt einen hohen Preis bezahlt. Der «Shutdown» habe die Wirtschaft bereits 24 Milliarden Dollar (17,7 Milliarden Euro) gekostet, bilanzierte die Ratingagentur Standard & Poor’s. Nancy Pelosi, die Fraktionschefin der Demokraten im Abgeordnetenhaus, nannte die Nervenschlacht einen «24 Milliarden Dollar teuren Wutausbruch». (awp/mc/cs)