Berlin – Die Verbraucher haben Deutschland mit ihrer Konsumfreude das stärkste Wachstum seit Jahren beschert. Unter dem Strich legte die grösste Volkswirtschaft Europas im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent zu. Mit der Rekordbeschäftigung, extrem niedrigen Ölpreisen und spürbaren Lohnerhöhungen im Rücken trugen allein die Konsumenten mehr als die Hälfte dazu bei. Dies berichtete das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Berlin. Für 2015 wird deswegen weiter spürbares Wachstum erwartet.
Die gute Konjunktur lässt auch die Steuereinnahmen sprudeln, so dass Finanzminister Wolfgang Schäuble für den Bund schon 2014 ohne neue Schulden auskommen konnte. Zählt man Länder, Gemeinden und Sozialkassen dazu, hat der deutsche Staat im vergangenen Jahr einen Überschuss von fast 12 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das sind 0,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP), nach einem Plus von bereits 0,1 Prozent in den beiden Vorjahren. Damit hält Deutschland souverän die Stabilitätsregeln der EU ein, die sogar neue Schulden in Höhe von drei Prozent vom BIP tolerieren.
Deutlich über den Vorjahreswerten
Das Wachstum 2014 liegt am oberen Rand der Erwartungen von Fachleuten – und deutlich über den extrem niedrigen Werten der Vorjahre: 2012 hatte die deutsche Wirtschaft lediglich 0,4 Prozent, 2013 sogar nur 0,1 Prozent zulegen können. Auch damals schon hatten sich die privaten Konsumausgaben als entscheidende Stütze erwiesen. Anders als noch im Vorjahr trugen aber auch die Investitionen und der Aussenhandel zum Wirtschaftswachstum bei, wie die Statistiker berichteten.
Der Präsident der Statistikbehörde, Roderich Egeler, attestierte der grössten Volkswirtschaft Europas eine solide Verfassung. «Offensichtlich konnte sich die deutsche Wirtschaft in einem schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeld behaupten und dabei vor allem von einer starken Binnennachfrage profitieren.»
Konjunktur-Verbesserung zum Jahresende hin
Danach sah es im Jahresverlauf nicht immer aus. Zwar war die deutsche Wirtschaft fulminant in das Jahr 2014 gestartet, aber zur Jahresmitte in eine Schwächephase geraten und nur knapp an einer kleinen Rezession vorbeigeschrammt. Zum Jahresende hin besserte sich die Konjunktur wieder: In einer ersten Schätzung gehen die Statistiker davon aus, dass das BIP im Schlussvierteljahr verglichen mit dem Vorquartal um rund ein Viertel Prozent zulegen konnte.
«Versöhnliches Ende», lautet das Fazit des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Dessen Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben forderte indes politische Massnahmen, um die immer noch verhaltene Investitionslust der Firmen anzufachen. «So mussten in den letzten Jahren gerade viele energieintensive Betriebe ihre Investitionen zurückfahren. Zudem hat sich inzwischen der Fachkräftemangel zu einer echten Investitionsbremse ausgewachsen.»
Schwache Dynamik
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), sprach denn auch von einer schwachen Konjunkturdynamik. «Bei genauerer Betrachtung trat die deutsche Wirtschaft den Grossteil des Jahres auf der Stelle», sagte DIW-Konjunkturchef Ferdinand Fichtner.
Exporte tragen wieder zum Aufschwung bei
Anders als 2013 konnte auch der traditionell wichtige Exportmotor wieder zum Schwung der Wirtschaft beitragen. Weil die Einfuhren (plus 3,3 Prozent) etwas schwächer zulegten als die Ausfuhren (plus 3,7 Prozent), schlägt wieder ein positiver Aussenbeitrag zu Buche. Die Statistiker beziffern diesen Effekt beim Wachstum auf 0,4 Prozentpunkte – etwa die Hälfte dessen, was der private Verbrauch beitrug.
Auch im internationalen Vergleich steht Deutschland gut da: Für die mittlerweile 19 Länder der Eurozone insgesamt rechnen die Statistiker lediglich mit einem Wachstum von durchschnittlich 0,8 Prozent, für die gesamte EU von 1,3 Prozent.
Neue Höchstzahl an Erwerbstätigen
Ein entscheidender Faktor für die Stärke der deutschen Wirtschaft ist die Lage am Arbeitsmarkt: Im Jahresschnitt waren 42,7 Millionen Menschen in Lohn und Brot. «Damit gab es bereits das achte Jahr in Folge einen neuen Höchststand bei der Zahl der Erwerbstätigen», berichtete Egeler.
Im Gegenzug ist auch die Arbeitslosigkeit weiter auf dem Rückzug. Nach der Zählweise der Statistiker, die sich von der der Nürnberger Arbeitsagentur unterscheidet, lag der Anteil der Erwerbslosen an allen Erwerbspersonen im Schnitt 2014 bei nur noch 4,7 Prozent. «Die Erwerbslosenquote hat sich damit seit ihrem Höchststand von 10,3 Prozent im Jahr 2005 mehr als halbiert und war 2014 so niedrig wie noch nie im vereinigten Deutschland», sagte Egeler. (awp/mc/pg)