Verkauf von ThyssenKrupp-Werft Blohm + Voss gefährdet

Verkauf von ThyssenKrupp-Werft Blohm + Voss gefährdet
Heinrich Hiesinger, ehemaliger Vorstandsvorsitzender Thyssenkrupp.

Heinrich Hiesinger, Vorstandsvorsitzender ThyssenKrupp.

Hamburg – Streitigkeiten zwischen zwei arabischen Firmen gefährden einem Pressebericht zufolge die Verhandlungen über den lange geplanten Verkauf der ThyssenKrupp-Werft Blohm + Voss an die Schiffbaugruppe Abu Dhabi Mar. Es gebe Probleme mit der Finanzierung, schreibt die «Financial Times Deutschland» am Montag unter Berufung auf informierte Kreise.

Der arabische Staatsfonds Mubadala, der die Blohm+Voss-Übernahme massgeblich finanzieren soll, habe mit seinem Ausstieg gedroht. ThyssenKrupp wollte den Bericht nicht kommentieren. Zwischen Vertretern des Staatsfonds und Abu-Dhabi-Mar-Geschäftsführer Iskandar Safa herrschten unterschiedliche Auffassungen über die Einhaltung von Verträgen, berichtete die Zeitung. Eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Schon seit über einem Jahr ziehen sich die Verhandlungen über den Verkauf der Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss mit 2.100 Beschäftigten an Abu Dhabi Mar hin. Schon im Oktober 2009 hatte ThyssenKrupp den Verkauf angekündigt. Bis zum Herbst 2010 sollte der Vertrag eigentlich abschliessend unterzeichnet sein. Doch die Verhandlungen ziehen sich immer weiter hin.

Sparte Megajachten praktisch ohne Aufträge
Um die Finanzierung auf eine breitere Basis zu stellen, wurde Mubadala hinzugezogen. Der Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi zählt zu den grössten weltweit. Mubadala ist etwa am Siemens-Konkurrenten General Electric beteiligt, am US-Finanzinvestor Carlyle, am Autohersteller Ferrari und am Chipkonzern Advanced Micro Devices (AMD). Sollte der Blohm + Voss-Deal tatsächlich noch scheitern, müsste ThyssenKrupp den Verkaufsprozess von vorn starten. Die Werften zählen zu den Geschäften mit insgesamt rund 10 Milliarden Euro Umsatz, von denen sich die Essener im Zuge des gerade beschlossenen Konzernumbaus trennen wollen. Am härtesten träfe ein Scheitern der Verhandlungen die Sparte Megajachten, die durch den Eigentümerwechsel auf neue Verträge aus dem Nahen und Mittleren Osten gezählt hatte. Derzeit steht die Sparte laut Zeitung mit 300 Beschäftigten praktisch ohne Aufträge da. Es gebe aber auch bereits andere Interessenten für den Jachtbau. Dagegen ist der Bau von Überwasserkriegsschiffen dank Aufträgen der deutschen Marine bis 2016/17 ausgelastet.

U-Boot-Deal mit Griechenland auf der Kippe
Das nach Ansicht von Experten grösste Problem in der Werftensparte hat ThyssenKrupp dagegen bereits im vergangenen Jahr gelöst: Abu Dhabi Mar hatte – damals ohne Beteiligung von Mubadala – die griechische Werftentochter Hellenic Shipyards (HSY) übernommen. Voraussetzung war eine Zusage der griechischen Regierung, die Auslastung der Werft zu garantieren und für Anschlussaufträge zu sorgen. Dafür hatte Athen bei HSY zwei U-Boote im Wert von 650 Millionen Euro bestellt. Das steht inzwischen allerdings auf der Kippe und ist nun laut FTD auch Auslöser für die Verstimmungen zwischen Abu-Dhabi-Mar-Chef Safa und Mubadala. Der Staatsfonds lege auf seine Reputation grossen Wert und bemängele das Verhalten von Safa. Dieser hatte laut «Spiegel» eine erhaltene Anzahlung aus den Griechenland-Aufträgen nicht wie vorgesehen an die ThyssenKrupp-Werft Howaldtswerke Deutsche Werft (HDW) weitergeleitet. HDW ist noch mit 24,9 Prozent an HSY beteiligt und sollte die Technik für die U-Boote liefern. HDW hat den Vertrag daher nun gekündigt.

Druck auf Athen erhöht
Mit dem ungewöhnlichen Schritt, die Anzahlung nicht weiterzuleiten, wollte Safa den Druck auf die griechische Politik erhöhen. Allerdings kommt laut Zeitung genau dieses Verhalten bei Mubadala schlecht an, auch wenn es nicht in direktem Zusammenhang mit der Blohm + Voss-Übernahme steht. Der Vertragsbruch werfe jedoch kein gutes Licht auf den Geschäftspartner in spe und stelle die Zusammenarbeit mit Safa infrage.

ThyssenKrupp modernisiert deutsche Stahlwerke
Der Stahl- und Industriegüterkonzern ThyssenKrupp investiert 300 Millionen Euro in seine deutschen Stahlwerke. Mit dem Geld sollen die Warmbandanlagen in Duisburg und Bochum modernisiert werden, erklärte das Unternehmen am Montag in Essen. So wolle der Konzern seine Position bei hochwertigem Flachstahl, der etwa im Autobau eingesetzt wird, in Europa ausbauen. Die Investitionen in die deutschen Werke waren zuletzt zurückgefahren worden, da der Bau neuer Stahlwerke in Brasilien und den USA mehr Geld verschlang als ursprünglich geplant.

Spielräume für neue Investitionen
Konzernchef Heinrich Hiesinger hatte vor anderthalb Wochen Modernisierungen in Deutschland angekündigt. Er plant einen tiefgreifenden Umbau des hochverschuldeten Traditionsunternehmens und will sich von rund einem Viertel der Geschäfte trennen, um Spielräume für neue Investitionen zu gewinnen. (awp/mc/upd/ps)

Schreibe einen Kommentar