Atomdeal in Gefahr: Iran beschleunigt Urananreicherung

Atomdeal in Gefahr: Iran beschleunigt Urananreicherung
Irans Nuklearanlage in Buscher.

Teheran / Isfahan – Im Konflikt um das internationale Abkommen zur Verhinderung einer iranischen Atombombe droht eine neue Eskalation. Der Iran arbeitet nach Angaben des Atomchefs Ali Akbar Salehi inzwischen mit schnelleren Zentrifugen, die den Prozess der Urananreicherung wesentlich beschleunigen sollen. Die seit September genutzten neuen Geräte seien zehnmal schneller als die alten IR-1-Zentrifugen, deren Betrieb eingestellt worden sei, sagte Salehi, der auch Vizepräsident des Landes ist, am Montag im Staatssender Irib.

Urananreicherung ist gefährlich. Mit dem richtigen Know-how und modernen Zentrifugen lässt sich Uran mittel- oder langfristig bis 90 Prozent anreichern, was dann auch den Bau einer Atombombe ermöglichen würde.

Nach dem mühsam ausgehandelten internationalen Atomabkommen von 2015 darf die Islamische Republik nur die ältere Generation der Zentrifugen (IR-1) nutzen, Uran lediglich auf 3,67 Prozent anreichern und nicht mehr als 300 Kilogramm an Uranbestand haben. Die auf 3,67 Prozent begrenzte Urananreicherung war einer der Kernpunkte des Wiener Vertrags, um den Bau iranischer Nuklearwaffen zu verhindern.

Einseitiger Ausstieg der USA aus Abkommen
Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 ausgestiegen. Seither verletzte der Iran in drei Schritten Bestimmungen des Abkommens. Ende der Woche soll Phase vier beginnen. Dann wäre der Atomdeal akut in Gefahr.

Teheran fordert die Aufhebung der US-Sanktionen, die dem Land zusetzen und eine Wirtschaftskrise ausgelöst haben. Die US-Regierung will die Führung in Teheran mit harten Sanktionen zwingen, das Abkommen neu auszuhandeln und härteren Auflagen zuzustimmen. Die verbliebenen Vertragspartner – China, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Russland – befürchten, dass der Iran ganz aus dem Abkommen aussteigen und unbegrenzt Uran anreichern könnte.

40. Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran
Salehi verkündete die neuen Schritte im Atomkonflikt exakt am 40. Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran im Zuge der islamischen Revolution. Mit dem Standard-Slogan «Nieder mit den USA» verurteilten die Teilnehmer staatlich organisierter Kundgebungen die Politik des «Grossen Satans». Am Ende wurde dann noch eine US-Fahne verbrannt. Die Kundgebungen wurden auf mehreren Fernsehkanälen live übertragen.

Iranische Studenten hatten die US-Botschaft im November 1979 besetzt, um gegen die Aufnahme des gestürzten Schahs Reza Pahlavi in den USA zu demonstrieren. Die als Geisel genommenen US-Botschaftsangehörigen kamen erst nach 444 Tagen frei. Wegen der Botschaftsbesetzung brachen die USA die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab.

Die Botschaftsbesetzung wird von iranischen Hardlinern immer noch als revolutionäre Heldentat und Sieg über den US-Imperialismus gefeiert. In der Hauptstadt Teheran nahmen Tausende Schüler und Studenten an einer Veranstaltung vor der ehemaligen US-Botschaft teil. Ähnliche Kundgebungen gab es auch in den Provinzen.

Stirnrunzeln unter Irans Reformpolitiker
Viele Reformpolitiker – und sogar damalige Besetzer – sehen dagegen in der Aktion eine grobe Verletzung der internationalen Vorschriften und einen grossen aussenpolitischen Fehler. Dieser habe zu einem globalen Imageschaden für den Iran geführt. Die damaligen Anführer der Studenten, Mohsen Mirdamadi und Ibrahim Asgharsadeh, wurden später regimekritische Aktivisten und mussten sogar kurzzeitig ins Gefängnis.

Zwischen 2013 und 2016 sah es dann nach einer Normalisierung der Beziehungen aus. In der Zeit nahmen beide Seiten auf Aussenministerebene direkte Verhandlungen auf, was letztendlich zu dem Wiener Atomabkommen von 2015 führte. Die Lage änderte sich aber schlagartig mit der Präsidentschaft von Donald Trump.

Der stieg nicht nur aus dem Atomdeal aus, sondern verhängte auch neue Sanktionen gegen den Iran. Seitdem gelten die Amerikaner wieder als Erzfeinde der Islamischen Republik. Irans oberster Führer, Ajatollah Ali Chamenei, sprach sich am Sonntag erneut gegen jeglichen diplomatischen Kontakt mit den USA aus. (awp/mc/ps)

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