Vodafone-Chef Vittorio Colao.
Newbury – Der britische Telekomkonzern Vodafone hat seine Aktionäre nach dem milliardenschweren Verkauf der US-Mobilfunkbeteiligung auf ein schwieriges Jahr eingestimmt. Im gerade begonnenen Geschäftsjahr (Ende März) rechnet das Unternehmen auch wegen hoher Investitionen damit, operativ erneut weniger Geld zu verdienen. Wie die Briten am Dienstag in Newbury mitteilten, soll der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in einer Spanne zwischen 11,4 und 11,9 Milliarden britischen Pfund landen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war das Ebitda bereits um mehr als fünf Prozent auf 12,83 Milliarden Pfund (15,74 Mrd Euro) gesunken.
Das war etwas weniger als Analysten erwartet hatten. Die Aktie der Briten verlor am Vormittag in London fast vier Prozent. Damit lag das Papier am Ende des europäischen Schwergewichtsindex Stoxx Europe 50 und zog auch Anteilsscheine der Branche mit nach unten. Die Schlussdividende bei den Briten soll 7,47 Pence betragen.
Deutschland bleibt schwieriges Pflaster – Preiskampf in Europa
Zwar präsentierte das Unternehmen dank des Verkaufs seiner Anteile am US-Mobilfunker Verizon Wireless für rund 130 Milliarden US-Dollar (159 Mrd Euro) einen rekordverdächtigen Nettogewinn von 59,4 Milliarden Pfund. Einen Grossteil davon hatte der Konzern bereits in Form einer Sonderdividende an seine Aktionäre weitergereicht. Beim Umsatz stehen die Briten wegen des Preiskampfs in ihrem grössten Markt Europa weiter unter Druck, die Erlöse gingen insgesamt um fast zwei Prozent auf 43,62 Milliarden Pfund zurück. Ohne Zukäufe wäre das Minus fast doppelt so hoch ausgefallen. Konzernchef Vittorio Colao bezeichnete das Abschneiden im Tagesgeschäft denn auch als durchwachsen.
In Deutschland schrumpften die Service-Erlöse aus dem Mobilfunk auf Jahressicht um 6,2 Prozent, von Januar bis März stand noch ein Minus 5,6 Prozent. Die Branche sei durch aggressiven Wettbewerb und Regulierung gekennzeichnet, hiess es. Deutschland-Chef Jens Schulte-Bockum zeigte sich mit den Jahreszahlen unzufrieden. Allerdings sah er im vierten Geschäftsquartal Lichtblicke: Der Rückgang im Mobilfunkumsatz sei gegenüber dem Vorquartal gebremst worden. Die Investitionen in Netz und Service zahlten sich langsam aus. Allerdings hatte der grosse Rivale Deutsche Telekom von Januar bis März den Mobilfunkserviceumsatz leicht gesteigert.
Investitionen und Zukäufe sollen die Kehrtwende bringen
Wegen des Umsatzschwunds und Qualitätsproblemen hatte Vodafone bereits das Investitionsprogramm «Spring» aufgestockt. Insgesamt will das Management um Colao in den kommenden beiden Jahren rund 19 Milliarden Pfund in bessere Netze vor allem in Indien und Deutschland stecken. Indien ist der grösste Einzelmarkt der Briten mit 167 Millionen Mobilfunkkunden.
Zudem hat sich das Unternehmen mit den Kabelanbietern Kabel Deutschland und in Spanien mit Ono für zusammen rund 18 Milliarden Euro gestärkt, um Bündelprodukte anbieten zu können. Damit versucht der Konzern etwa in Deutschland, der Vorherrschaft der Deutschen Telekom im Festnetzbereich beizukommen und die Erlöse über mehrere Geschäftssäulen zu stabilisieren. Weltweit ist der Telekomsektor derzeit in Bewegung: In den USA will etwa der grösste Festnetzanbieter AT&T für rund 48,5 Milliarden Dollar den Satelliten-TV-Anbieter DirecTV schlucken. Den Amerikanern wurde lange Zeit auch ein Interesse an Vodafone nachgesagt. (awp/mc/upd/ps)