Volkswagen fährt im ersten Halbjahr starkes operatives Ergebnis ein

Herbert Diess, abtretender VW-Konzernchef. (Foto: VW)

Wolfsburg – Der VW-Konzern ist im ersten Halbjahr mit Schwung aus der Corona-Krise gekommen und hat üppig an den wieder wachsenden Autoverkäufen verdient. Für den Zeitraum von Januar bis Juni meldeten die Wolfsburger am Freitag auf Basis vorläufiger Zahlen ein Betriebsergebnis von rund 11 Milliarden Euro. Damit liegt die grösste europäische Autogruppe bei dieser wichtigen Kennzahl schon jetzt über dem Wert des gesamten Jahres 2020, in dem sie einen operativen Gewinn von gut 10,6 Milliarden Euro vor Sondereffekten eingefahren hatte.

Die VW-Vorzugsaktien gewannen an der Dax-Spitze am Freitag fast 6 Prozent hinzu. Damit machten sie die Kursverluste seit Montag wieder wett. Seit Anfang Juni sind die Papiere eher auf dem Rückzug, nachdem sie mit gut 245 Euro fast wieder an ihr bisheriges Jahreshoch von über 252 Euro im März aufgeschlossen hatten.

Die überraschend veröffentlichten Eckdaten speisen sich vor allem aus der anziehenden Nachfrage. Gestiegene Auslieferungen hätten in der ersten Jahreshälfte zu einem «sehr hohen Umsatz» geführt, hiess es. Die Erholung sei – bezogen auf den schwachen Vorjahreszeitraum mit der weltweiten Ausbreitung der Pandemie – «weiter stark» gewesen.

Premiummarken rasant unterwegs
Insbesondere die Premiummarken Audi und Porsche hätten gut abgeschnitten, erläuterte ein Sprecher. Auch die Finanzdienstleistungen seien stark unterwegs, unter anderem wegen hoher Gebrauchtwagenpreise. Diese wirken sich günstig aus bei Leasingrückläufern. Zudem habe ein höherer Anteil des Europageschäfts an den Auslieferungen mit seinen höheren Margen für Auftrieb beim Ergebnis gesorgt.

Besonders während des Lockdowns im zweiten Quartal 2020 hatten in vielen Ländern geschlossene Autohäuser, zeitweilig komplett stillgelegte Werke und verunsicherte Kunden dem Konzern noch tiefrote Zahlen eingebrockt. Vor Sondereinflüssen hatte der Halbjahresverlust im laufenden Geschäft damals insgesamt 803 Millionen Euro betragen.

Auslieferungen in Europa im Mai verdoppelt
Nachdem auch der Heimatmarkt Westeuropa zunächst noch geschwächelt hatte, erhöhte sich der Absatz des VW-Konzerns zuletzt überall deutlich. Im Mai machten die weltweit rund 860 000 verkauften Wagen ein Plus von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat aus. In Europa verdoppelten sich die Auslieferungen in etwa, in Nordamerika meldete die Unternehmensgruppe eine Steigerung um 83 Prozent.

Für den wichtigen US-Markt gibt es bereits auch detailliertere Zahlen zum zweiten Quartal. Hier setzten die Wolfsburger mehr als 120 000 Neuwagen ihrer Kernmarke VW Pkw ab, eine Steigerung um 72 Prozent. Es war sogar das beste Ergebnis in einem Jahresviertel seit 1973. Audi schaffte einen Zuwachs auf knapp 67 000 Stück, fast das Doppelte des Wertes für die Vereinigten Staaten im zweiten Jahresviertel 2020.

Verfügbarkeit von Halbleiter-Bauteilen und Elektronik-Chips bereitet Sorgen
Die Befürchtungen eines länger anhaltenden Abschwungs in der gesamten Autoindustrie nach dem Corona-Tief Anfang bis Mitte vorigen Jahres bewahrheiteten sich bisher nicht, auch andere Anbieter verdienen inzwischen wieder gut. Ein grosser Unsicherheitsfaktor beschäftigt die Branche jedoch nach wie vor und dürfte sich weiter hinziehen: die globale Lieferkrise bei Halbleiter-Bauteilen und Elektronik-Chips.

Wegen des vorläufigen Nachfrageeinbruchs 2020 hatten Autohersteller grosse Kontingente dieser wichtigen Komponenten abbestellt – im aktuellen Aufschwung fehlen die Teile ihnen nun zuhauf. Zahlreiche Schichten fielen aus, Kurzarbeit folgte, Hunderttausende geplante Modelle konnten nicht gefertigt werden. Durch Wetterextreme und Brände lagen dann bei zentralen Halbleiter-Zulieferern in Japan und den USA auch noch weitere der ohnehin begrenzten Kapazitäten brach. «Das werden wir spüren», sagte VW-Chef Herbert Diess im Mai.

Vorbei ist diese kritische Knappheit noch lange nicht – ganz im Gegenteil. Sie dürften sich bis weit ins dritte und vierte Quartal ziehen. «Die Beeinträchtigung aus dem Engpass an Halbleitern hat sich verschoben und wird eher zu Beeinträchtigungen im zweiten Halbjahr führen», deutete VW jetzt an. (awp/mc/pg)

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