«Lasst uns an die Arbeit gehen»: Von der Leyens EU-Kommission ist bestätigt
Strassburg – Die neue EU-Kommission unter Ursula von der Leyen kann am 1. Dezember ihr Amt antreten. Das Europaparlament bestätigte von der Leyens Team mit 26 Kommissaren am Mittwoch in Strassburg. 461 Abgeordnete stimmten dafür, 157 dagegen, 89 enthielten sich. Erstmals seit mehr als 50 Jahren stellt nun Deutschland wieder die Spitze der mächtigen Brüsseler Exekutive – und erstmals überhaupt übernimmt eine Frau den EU-Chefposten.
Die 61 Jahre alte Christdemokratin tritt die Nachfolge des Luxemburgers Jean-Claude Juncker an – er war auf Twitter unmittelbar nach der Abstimmung einer der ersten, der gratulierte.
«Lasst uns an die Arbeit gehen»
Von der Leyen hatte in einer Rede vor den Abgeordneten am Vormittag für die nächsten fünf Jahre einen umfassenden Wandel in Europa angekündigt, der die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft berühren werde. «Wir tun das, weil es das Richtige ist, nicht weil es einfach sein wird», sagte die CDU-Politikerin. Und sie betonte die Botschaft: «Lasst uns an die Arbeit gehen.»
Von der Leyen wirbt für «Green Deal» und Digitalisierung
Von der Leyen warb erneut für ihre wichtigsten Ziele, darunter eine neue, stärkere Rolle Europas in der Welt, ein ehrgeiziger Klimaschutz im Rahmen eines «Green Deal» und eine Digitalisierung der europäischen Wirtschaft mit klaren Standards und Regeln. Sie bekräftigte ihre Ankündigung eines Konzepts für Asyl und Migration. Die Menschen erwarteten, dass Europa eine gemeinsame Lösung für diese Herausforderung finde. Grossbritannien sagte sie trotz des für Ende Januar geplanten Brexits eine enge Partnerschaft zu.
Persönlich wurde von der Leyen in ihrer Kampfansage an den Krebs. «Als ich als Mädchen in Brüssel lebte, starb meine kleine Schwester im Alter von elf Jahren an Krebs», sagte die 61-Jährige und kündigte an: «Europa wird im Kampf gegen Krebs die Führung übernehmen.»
Kein britischer EU-Kommissar
Die EU-Kommission legt Gesetze vor und überwacht die Einhaltung des gemeinsamen europäischen Rechts. Bezeichnet wird sie deshalb als «Hüterin der Verträge». Das Kollegium der Kommissare ist ähnlich organisiert wie eine Regierung mit unterschiedlichen Ressorts. Jedes EU-Land soll mit einem Kommissar vertreten sein. Wegen des bevorstehenden Brexits hat Grossbritannien keinen Vertreter mehr nominiert und sich damit ein EU-Strafverfahren eingehandelt. Das soll von der Leyens Amtsantritt aber nicht aufhalten.
12 Frauen und 15 Männer
Die neue Chefin hatte eigentlich versprochen, dass erstmals genauso viele Frauen wie Männer in der Kommission vertreten sein sollen. Doch wurden zwei ihrer designierten Kommissarinnen und ein Kommissar während des Nominierungsverfahrens vom Parlament gestoppt. Als Ersatz kamen zwei Männer und eine Frau. Ihr neues Team besteht nun aus zwölf Frauen und 15 Männern.
Komfortable Mehrheit
Die 61 Jahre alte ehemalige Bundesministerin war im Juni von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union für den EU-Spitzenposten ausgesucht und im Juli mit einer sehr knappen Mehrheit von nur neun Stimmen vom Europaparlament bestätigt worden. Das Abstimmungsergebnis für ihr Team fiel nun deutlich besser aus.
Die drei grössten Parteienfamilien im Parlament – die christdemokratische Europäische Volkspartei, die sozialdemokratische S+D und die liberale Renew – sind alle mit Kommissaren in der neuen Führung vertreten und hatten vorab Unterstützung signalisiert. Damit war eine komfortable Mehrheit der 751 Abgeordneten absehbar. Die Grünen hatten Enthaltung angekündigt, die Linke Ablehnung.
Zum Vergleich: Von der Leyens Vorgänger Juncker hatte im Oktober 2014 bei der Abstimmung über sein Kollegium mit 27 Kommissaren 423 Ja-Stimmen erhalten, 209 Abgeordnete stimmten damals gegen das Personalpaket, 67 enthielten sich. Vier Jahre zuvor hatte der konservative Portugiese José Manuel Barroso für seine Kommissionsmanschaft 488 Stimmen, 137 Gegenstimmen und 72 Enthaltungen bekommen. (awp/mc/pg)