Von der Titanic zur Costa Concordia

Von der Titanic zur Costa Concordia

Gekenterte Costa Concordia bei Giglio vor der Küste Italiens.

Zürich – Die Schäden in der Schifffahrt sind gesunken – trotz einer Verdreifachung der Weltflotte. Das zeigt eine Studie der Allianz. Dennoch bleiben der Trend zu immer grösseren Schiffen, menschliches Versagen und Eisschifffahrt die grössten Herausforderungen. Allerdings haben Schiffsunglücke anschliessend die Sicherheit stets verbessert.

Eine der weltweit grössten Schiffskatastrophen jährt sich zum einhundertsten Mal: Bereits auf ihrer Jungfernfahrt kollidierte die Titanic in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 mit einem Eisberg und versank zwei Stunden und 40 Minuten nach dem Zusammenstoss im Nordatlantik. Rund 1’500 Menschen kamen bei dem Unglück damals ums Leben. Trotz immens verbesserter Sicherheitsstandards seit dem Titanic-Untergang ist die Schifffahrtsindustrie mit neuen Risiken konfrontiert, vor allem aufgrund des kontinuierlich wachsenden Seetransports weltweit, warnt der Schiffsversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS). In den 100 Jahren seit der Titanic-Katastrophe hat sich die kommerzielle Weltschiffsflotte auf über 100.000 Schiffe verdreifacht. Dabei ist die Zahl der Totalverluste von 100 Schiffen pro Jahr in 1912 auf ein Schiff von 670 pro Jahr in 2009 gesunken.

Schiffe werden immer grösser
Während sich die Sicherheit in der Seefahrt etwa durch neue Technologien und Regulierungen enorm verbessert hat, sind zugleich neue Risiken entstanden: Mit diesen künftigen Herausforderungen beschäftigt sich die umfassende AGCS-Studie mit dem Titel «Sicherheit und Schifffahrt 1912 – 2012: Von der Titanic bis zur Costa Concordia», die in Zusammenarbeit mit dem Seafarers› International Research Centre (SIRC) der Universität Cardiff erstellt wurde. Dazu zählen der Trend zu immer grösseren Schiffen oder der Kostendruck, der Schiffseigner dazu drängt, ihre Besatzungen aus Schwellenländern zu rekrutieren, wo Ausbildung und Prüfungsstandards häufig nicht einheitlich sind.

Neue Risiken
Zu weiteren Sicherheitsrisiken zählen knapp kalkulierte Besatzungsstärken, die «menschliches Versagen» begünstigen sowie die zunehmende Bürokratie an Bord der Schiffe. Auch die fortwährende Bedrohung durch Piraterie vor den Küsten Somalias und andernorts oder die Entwicklung der Eisschifffahrt in Polregionen mit den damit verbundenen Navigations- und Umweltkomplikationen stellen grosse Risiken dar. «Die Meere sind heute sicherer denn je. Doch es gibt neue Risiken, die die Schifffahrtsindustrie proaktiv angehen muss», betont Sven Gerhard, Manager Schiffsversicherungen weltweit bei der AGCS. «Schiffe mit Übergrösse stellen uns Versicherer allein aufgrund ihrer schieren Grösse und ihres immensen Wertes vor Herausforderungen.» Zwar mache Grösse allein Schiffe nicht automatisch gefährlicher, aber es seien besondere Risiken zu berücksichtigen. «Im Notfall sind die Evakuierung wie auch die Bergung natürlich schwieriger zu bewerkstelligen.»

Die grössten im Bau befindlichen modernen Containerschiffe sind so gross, dass unter Deck Platz ist für ein Basketballfeld, ein typisches American-Football-Stadium und eine mit Zuschauern besetzte Eishockey-Arena. Schiffe dieser Grösse werfen die Frage nach der angemessenen Schadendeckung im Falle eines Unglücks und nach möglichen baulichen Beschränkungen auf, so die Experten für Schiffsversicherung.

Menschliches Versagen – das schwächste Glied
Die AGCS-Studie warnt auch davor, die Gefahr menschlichen Versagens bei der Seeschifffahrt zu unterschätzen. Über 75 Prozent der Schäden im Seeverkehr sind auf vielfältige Varianten menschlicher Fehler zurückzuführen, wie beispielsweise auf Übermüdung, unzureichendes Sicherheitsmanagement, Wettbewerbsdruck, zu knapp bemesse Personalstärken der Crews oder auch Mängel in der Ausbildung. AGCS-Experte Gerhard erläutert: «Da die technologischen Verbesserungen das Risiko vermindern, wird das schwächste Glied in der Kette – der menschliche Faktor – immer wichtiger. Darauf sollte sich die Schifffahrtsindustrie konzentrieren. Bewährte Standards im Risikomanagement und eine auf Eigenverantwortung setzende Sicherheitskultur sollten an Bord eines jeden Schiffes nicht nur Vorschrift, sondern gelebte Praxis sein.»

Schiffskatastrophen treiben Verbesserungen bei der Sicherheit voran
Während Technologien wie RADAR oder GPS zu weiteren Verbesserungen bei der Sicherheit geführt haben, waren oft grössere Unglücke die eigentlichen Katalysatoren für einschneidende Veränderungen: So wurde beispielsweise nur wenige Jahre nach dem Untergang der Titanic 1914 das SOLAS-Übereinkommen, das Bestimmungen über Eisschifffahrt und lebensrettende Ausrüstung umfasst, unterzeichnet. Die Seekatastrophe der Herald of Free Enterprise im Jahr 1987 gab den Impuls für die Verabschiedung des Internationalen Codes für Massnahmen zur Organisation eines sicheren Schiffsbetriebs, den die Internationale Schifffahrts-Organisation 1993 übernahm und der sehr viel für die Verbesserung bewährter Sicherheitsverfahren geleistet hat.

«In der Geschichte haben Schiffskatastrophen grossen Ausmasses zu Verbesserungen bei der Sicherheit der Seefahrt geführt. Und bei der Costa Concordia ist das sicherlich auch nicht anders, unabhängig davon, wie das Ergebnis der offiziellen Ermittlungen in der Sache aussehen wird», erläutert Gerhard.

Die Studie und zahlreiche Infografiken stehen auf www.agcs.allianz.com zum Download bereit. (Allianz/mc/ps)

Über AGCS
AGCS als der Versicherer der Allianz für Industrie- und Spezialversicherungen zählt zu den führenden Schiffsversicherern weltweit und bietet Deckungslösungen für alle Schiffstypen an. Tanker, Schüttgutfrachter und Containerschiffe gehören ebenso dazu wie Yachten und Sportboote. AGCS versichert auch Transporte und kommt dabei für die Schäden durch verlorene oder beschädigte Güter auf. Im Jahr 2011 erwirtschaftete AGCS im Bereich Schiffs- und Transportversicherungen über 940 Mio. Euro an Bruttoprämieneinahmen.

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