China bekommt Handelsstreit zu spüren – Yuan stürzt ab
Peking – Die Furcht vor US-Strafzöllen belastet inzwischen die Finanzmärkte und die Konjunktur in China spürbar. Die Landeswährung Yuan verlor zuletzt so schnell an Wert wie nie zuvor, der Aktienmarkt steht unter Druck und die Wirtschaft zeigt erste Schwächesignale. Zum Teil führen Experten die Entwicklung auch auf eine Strategie Pekings zurück – aber die ist nicht ungefährlich.
Der Yuan fällt und fällt. Allein am Montag gab er im Verhältnis zum US-Dollar um ein halbes Prozent nach und im Juni war der Wertverlust so stark wie nie zuvor binnen eines Monats. Zuletzt war ein Dollar im sogenannten Festlandhandel 6,66 Yuan wert – so viel wie seit November nicht mehr. Und laut Experten ist ein Ende des Wertverfalls nicht in Sicht: Solange die Handelsspannungen schwelten und die US-Notenbank Fed nicht von ihren Zinserhöhungen abrücke, sei mit einer fortgesetzten Yuan-Schwäche zu rechnen, meint Experte Charlie Lay von der Commerzbank.
Für Unruhe bei den Anlegern sorgt der eskalierte weltweite Handelsstreit. US-Präsident Donald Trump richtete am Sonntag scharfe Vorwürfe gegen die EU und kritisierte zuletzt die Welthandelsorganisation WTO. Am Freitag werden zudem US-Zölle in Höhe von 25 Prozent auf chinesische Waren im Wert von zunächst 34 Milliarden Dollar in Kraft treten und ein Volumen von weiteren 16 Milliarden Dollar dürfte folgen. Peking hat bereits Vergeltungszölle angekündigt. Zudem könnten sich die USA und China weitere Steine in den Weg legen, etwa wenn es um gegenseitige Investitionen geht.
Stimmung in Chinas Industrie sinkt
Inzwischen zeigen sich erste Schwächesignale von Chinas Wirtschaft. Die Stimmung in den Industriekonzernen verschlechterte sich Zahlen vom Samstag und Montag zufolge. Die beiden wichtigsten Frühindikatoren für die Entwicklung der Industrieproduktion gingen im Juni zurück und signalisieren nur noch schwaches Wachstum. Experte Ulrich Wortberg von der Landesbank Helaba führt dies auch auf den Handelsstreit zurück.
Unterdessen ist die schnelle Abwertung des Yuan nicht ungefährlich. Dies hatte sich im Herbst 2015 und Anfang 2016 gezeigt, als Peking versuchte, die Währung stärker den Marktkräften zu überlassen und abwerten zu lassen, was zu heftigen Börsenturbulenzen weltweit führte. Derzeit warnen einige Experten ohnehin schon vor einer Finanzkrise im Reich der Mitte. Denn die steigenden US-Zinsen verstärken die Kapitalflucht, Sorgen vor einer Hauspreisblase wachsen und Peking steht vor der schwierigen Aufgabe, für einen Abbau der hohen Unternehmensschulden zu sorgen, ohne dabei die Wirtschaft und den Finanzmarkt ins Straucheln zu bringen.
So steht derzeit auch Chinas Aktienmarkt stark unter Druck. Der CSI 300 mit den 300 wichtigsten Werten vom chinesischen Festland schloss am Montag mit 2,93 Prozent im Minus bei 3407,96 Punkten. Im Juni hatte der Index bereits um mehr als sieben Prozent nachgegeben – und im bisherigen Jahresverlauf um mehr als 15 Prozent.
Um einen unkontrollierten Absturz des Yuan handelt es sich derzeit aber nicht. Anders als etwa beim Dollar oder beim Euro wird der Kurs der chinesischen Währung von der politischen Führung kontrolliert und kann nur um einen täglich neu festgelegten Richtwert innerhalb einer vorgegebenen Spanne frei schwanken. Dank der höchsten Devisenreserven der Welt im Wert von über 3 Billionen Dollar hätte Peking auch grossen Spielraum, durch Abverkäufe fremder Währungen gegen eine unerwünschte Yuan-Schwäche anzukämpfen.
Stefan Grosse, Experte bei der Landesbank Nord/LB, deutet daher den Wertverfall beim Yuan als eine Strategie Pekings. Denn eine schwache Währung macht heimische Exportprodukte auf dem Weltmarkt erschwinglicher und fördert dadurch die Exportunternehmen; Nachteile durch die US-Zölle könnten dadurch zumindest teilweise kompensiert werden. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, Peking könnte auf US-Zölle mit einer Yuan-Abwertung reagieren. Mitte April hatte Chinas Zentralbankchef Yi Gang dies jedoch ausgeschlossen. (awp/mc/ps)