Wolfsburg – Volkswagen verzichtet bei seinem für 2027 geplanten Elektro-Kleinstwagen auf eine Partnerschaft mit anderen Herstellern. Das Fahrzeug für rund 20’000 Euro soll im Alleingang entwickelt werden.
Die Weltpremiere sei für 2027 geplant, gab Europas grösster Autobauer am Dienstag nach einer Vorstandsitzung in Wolfsburg bekannt. Eine angedachte Kooperation mit Renault kam nicht zustande. Hergestellt werden soll das Fahrzeug in Europa.
«Damit verbinden wir ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Europa», sagte Konzernchef Oliver Blume laut Mitteilung. «Es geht um elektrische Einstiegsmobilität aus Europa für Europa.» Einen konkreten Produktionsstandort nannte VW noch nicht.
Hoffnungsträger der Elektromobilität
VW setzt grosse Hoffnung auf das Modell, mit dem die Elektropalette nach unten abgerundet werden und der in Vorstoss in das elektrische Einstiegssegment gelingen soll. «Damit sich die Elektromobilität in der Breite durchsetzt, braucht es attraktive Fahrzeuge, gerade im Einstiegssegment», sagte der Chef der Kernmarke Volkswagen, Thomas Schäfer.
«Unser Markenversprechen lautet: Elektromobilität für alle. In der Markengruppe Core wird dieses Versprechen nun eingelöst.»
Neben einem VW-Modell mit dem Arbeitstitel ID.1, das Schäfer bereits im März angekündigt hatte, ist laut «Business Insider» auch eine Version von Škoda geplant.
Der derzeit günstigste VW-Stromer ID.3 startet bei knapp 40’000 Euro, der 2026 geplante ID.2all soll rund 25’000 Euro kosten. Den E-Up für unter 30’000 Euro hatte VW im vergangenen Jahr eingestellt. Diese Lücke soll nun der ID.1 schliessen. Ab 2033 will die Kernmarke VW in Europa nur noch Elektro-Autos verkaufen.
Entwicklung läuft bereits
Die Arbeit am ID.1 ist laut VW bereits weit fortgeschritten. «Wir sind schon mittendrin, wissen, wie das Auto aussehen muss», sagte Markenchef Schäfer bereits im März. Trotz günstigen Preises wolle man dabei «Massstäbe im Einstiegssegment setzen». Der angepeilte Preis stelle aber eine grosse Hürde dar.
«Das ist wirtschaftlich extrem herausfordernd», so Schäfer. «Diese Aufgabe ist aufgrund der steigenden Energie-, Material- und Rohstoffkosten anspruchsvoller geworden.» Aufgrund der hohen Batteriekosten lasse sich ein Preis von 20’000 Euro nur mit sehr grossen Stückzahlen erreichen.
Keine Partner
VW hatte daher auch eine Zusammenarbeit mit anderen Herstellern geprüft, um so auf grössere Volumen zu kommen. Eine zunächst angedachte Kooperation mit Renault kam aber nicht zustande. Der französische Hersteller hatte im Frühjahr bestätigt, dass es Gespräche über eine gemeinsame Kleinwagen-Plattform für Elektro-VW und den Renault Twingo gebe.
Vor einer Woche hatte Renault-Chef Luca de Meo der Agentur Reuters aber gesagt, dass die Gespräche gescheitert seien. Konzernkreisen zufolge soll sich vor allem VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo dagegen ausgesprochen haben, dass das Modell ausschliesslich bei der Renault-Tochter Dacia in Rumänien gebaut werden sollte.
VW selbst hat sich zu den Gesprächen mit Renault bisher nicht geäussert. Der Konzern hatte im Frühjahr nur von vier Szenarien gesprochen, die für die Produktion des Kleinstwagens geprüft würden. Konzernchef Blume hatte dabei auch eine Zusammenarbeit mit einem anderen Autobauer nicht ausgeschlossen, aber keine Namen genannt.
Fertigung in Deutschland unwahrscheinlich
Wo genau in Europa der ID.1 nun gebaut werden soll, liess VW noch offen. Eine Fertigung in Deutschland gilt aber als unwahrscheinlich. Bereits den ID.2all hatte VW aus Kostengründen an die Konzerntochter Seat nach Spanien vergeben, wo er ab 2025 zusammen mit Schwestermodellen von Cupra und Škoda vom Band rollen soll.
Die hohen Preise für Elektroautos gelten unter Experten als grösstes Hindernis für einen weiteren Ausbau der Elektromobilität. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte auf der Münchener Automesse IAA Mobility im vergangenen September an die Hersteller appelliert, günstigere Modelle ins Programm zu nehmen.
Der Hochlauf der E-Mobilität «wird nicht funktionieren, wenn es nicht auch Angebote gibt, die für ganz viele Bürger bezahlbar sind», sagte Scholz. Und daran hätten die Hersteller «über den Preis natürlich einen wichtigen Anteil». (awp/mc/pg)