VW-Chef Müller fürchtet nicht mehr um Existenz des Konzerns

Matthias Müller - Volkswagen

Matthias Müller, ehemaliger VW-Vorstandschef.

Wolfsburg – Knapp ein Jahr nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals sieht VW-Chef Matthias Müller die Gefahr einer existenziellen Bedrohung für den Konzern gebannt. «VW hat die Kunden enttäuscht und zahlt dafür am Ende einen hohen Preis. Aber das Unternehmen wird weiter bestehen, auch wenn die Belastung extrem ist», sagte Müller der Zeitung «Bild am Sonntag».

«Anders wäre die Lage, wenn wir erkennen müssten: Die Amerikaner wollen unser Unternehmen ruinieren. Dann wären viele, viele Arbeitsplätze in Gefahr, und die Politik im Spiel. Aber danach sieht es wirklich nicht aus.»

Analysten schätzen, dass die Aufarbeitung des Skandals den Konzern am Ende insgesamt zwischen 20 und 35 Milliarden Euro kosten wird, sogar von bis zu 50 Milliarden ist vereinzelt die Rede.

«Jetzt bekommen wir immer mehr das Heft des Handelns in die Hand, können neben Krisenmanagement wichtige Themen für das Unternehmen vorantreiben», sagte Müller. Dem Traditionskonzern hat der 63-Jährige eine neue Führungskultur verordnet, hat Manager an Schlüsselpositionen ausgetauscht und die Macht der Konzernzentrale beschnitten.

Mehr Elektroautos
Er will den Wolfsburger Tanker mit seinen zwölf Marken umkrempeln, ihn fit für die neuen Mobilitätsdienste machen und in der Elektromobilität ganz vorne mitspielen.

Müller räumte Versäumnisse bei Elektroautos ein, doch schon bald werde der Konzern aufholen. «2020 kommt VW geballt mit einer völlig neuen Plattform. Dann werden wir 30 elektrisch betriebene Modelle anbieten und reden über Reichweiten von 500 bis 600 Kilometer.»

Zudem arbeite der Konzern unter Federführung von Porsche an einem Schnelllade-Projekt, in 15 Minuten 80 Prozent der Batterie zu laden. «Das wird schon bald spruchreif.»

Bei selbstfahrenden Autos habe VW mit Apple und Google über eine Zusammenarbeit verhandelt. «Das Rollenverständnis war dann doch zu unterschiedlich, deshalb wurden die Gespräche abgebrochen», sagte Müller.

«Was wir verhindern werden, ist, dass wir als Hersteller zum reinen Zulieferer von Hardware werden», machte der VW-Chef deutlich. «Wer die Kundenschnittstelle bedient, hat das Sagen. Das müssen wir sein, als klare Nummer eins.»

Verhandlungen mit Uber
Durch die Beteiligung an Gett ist Volkswagen vor wenigen Monaten in das Geschäft mit Fahrdienstleistungen eingestiegen. «Das ist ein Markt, in den gerade richtig Bewegung kommt», begründete Müller die 300 Millionen Dollar schwere Investitionen in das relativ kleine Start-up aus Israel.

Der japanische Rivale Toyota hatte sich dagegen mit einer nicht bezifferten Investition den Zugang zum Branchenprimus Uber gesichert. VW habe auch Gespräche mit Uber geführt, sagte Müller. «Aber wir wollten uns nicht in die Rolle des Zulieferers drängen lassen.»

Hingegen baut der Konzern seine Zusammenarbeit mit chinesischen Technologieriesen aus. Gemeinsam mit dem Onlinehändler Alibaba, der Internetsuchmaschine Baidu und dem Facebook -Rivalen Tencent will der Konzern Funktionen für das vernetzte Auto der Zukunft entwickeln, wie die VW-Tochter Audi am Sonntag mitteilte. (awp/mc/ps)

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