Berlin / Wien – Inmitten der anhaltenden Investorensuche für die insolvente Airline Niki mit tausenden gestrandeten Passagieren wird der Ton zwischen Gründer Niki Lauda und der Lufthansa schärfer. Zu möglichen neuen Bietern für die österreichische Fluggesellschaft – einst eine Tochter der ebenfalls pleitegegangenen Air Berlin – machte das Büro des Insolvenzverwalters am Wochenende keine Angaben. Derweil teilte Lauda hart gegen den deutschen Marktführer aus: Er warf der Lufthansa vor, die Rückgabe zunächst übernommener Jets zu blockieren, um bei der Neuvergabe von Start- und Landerechten günstig zuschlagen zu können. Der Konzern wies dies entschieden zurück.
Niki hatte Mitte der Woche den Flugbetrieb eingestellt, nachdem die Lufthansa die bis dahin geplante Übernahme der Airline nach Bedenken der EU-Kommission wegen der Wettbewerbslage im Luftverkehr abgesagt hatte. Zahlreiche Urlauber versuchen seitdem, mit anderen Anbietern rechtzeitig zu Weihnachten nach Hause oder an ihre Ferienorte zu gelangen. Für Niki werden unter Hochdruck neue Interessenten gesucht, die Frist lief über das Wochenende weiter. Neben Ryanair und der Thomas-Cook-Linie Condor ist der frühere Rennfahrer Lauda im Spiel.
Lauda sieht seine Chancen für Übernahme schwinden
Der Österreicher sieht seine Chancen mittlerweile jedoch schwinden – und begründet dies mit dem aus seiner Sicht unfairen Verhalten der Lufthansa nach deren Rückzieher. Der Konzern hatte Rechte an Niki-Jets von Leasing-Firmen übernommen, will sie nun aber wegen der Haltung Brüssels nicht mehr. Der «Bild am Sonntag» sagte Lauda, die Lufthansa weigere sich, die Maschinen herauszugeben. Gibt es keinen neuen Investor, könnten wertvolle «Slots» für Starts und Landungen an Flughäfen neu vergeben werden. «Das ist ein durchschaubares Spiel», meinte Lauda. «Lufthansa will Niki zerstören.» Ähnlich äusserte er sich im «Handelsblatt» und in der österreichischen Zeitung «Kurier».
Die Lufthansa dementierte eine solche Taktik nachdrücklich. Es sei klar geregelt, dass die EU-Kommission ihr schon während der Prüfphase ausnahmsweise erlaubt habe, Niki-Jets zu erwerben – und zwar im Interesse einer Aufrechterhaltung des Flugbetriebs. Nur so habe «die Überlebensfähigkeit der Niki sichergestellt» werden können.
Falls die Übernahme durch Lufthansa nicht genehmigt würde, sei vereinbart gewesen, dass gekaufte oder geleaste Flugzeuge einem Erwerber «zu Marktkonditionen zur Verfügung gestellt werden müssen. Selbstverständlich wird sich die Lufthansa Gruppe an diese Vorgaben halten. Sie hat dies bereits Air Berlin und Niki mitgeteilt.»
Lauda, der 2011 bei Niki ausgestiegen war, will erst Anfang kommender Woche sein weiteres Vorgehen festlegen, sobald er alle Daten des Insolvenzverwalters habe. Die Firma Zeitfracht, die ebenso Interesse an Niki haben soll, wollte sich am Wochenende nicht weiter äussern.
Andere Airlines hatten angeboten, bis zu 40’000 sitzengebliebene Passagiere mit ihren eigenen Maschinen zurückzuholen – teils gratis, teils mit Rabatten. Viele Kunden haben gute Aussichten auf Erstattung ihrer Tickets. «Die Inhaber der 200’000 direkt bei Niki erworbenen Tickets erhalten – sofern sie ihre Tickets nach dem Insolvenzantrag von Air Berlin Mitte August 2017 erworben haben – den Reisepreis voraussichtlich voll erstattet», hiess es aus der Insolvenzverwaltung. Bei Pauschalurlaubern müssen sich Reisekonzerne um Ersatz kümmern.
Unklar ist dagegen noch, was genau aus dem Kredit der staatlichen Förderbank KfW an Air Berlin wird, den der Bund verbürgt hatte. Das Bundeswirtschaftsministerium bekräftigte am Sonntag seine Einschätzung, dass das Darlehen womöglich nur zum Teil zurückgezahlt werden könnte. Denn die schon einkalkulierten Erlöse aus dem unerwartet geplatzten Niki-Verkauf fehlten jetzt. Berichte, wonach nur die Hälfte des Kredits an den Staat zurückfliessen könne, wies das Ressort von Ministerin Brigitte Zypries (SPD) aber zurück. (awp/mc/ps)