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Peking – Die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft dürfte sich in den kommenden Monaten weiter verschärfen. Darauf deutet der von der britischen Grossbank HSBC ermittelte Indikator für die Stimmung der Einkaufsmanager in der Industrie hin. Dieser fiel im Juli vorläufigen Daten zufolge von 48,2 Punkten im Juni auf 47,7 Zähler, wie die HSBC am Mittwoch in Peking mitteilte. Das Konjunkturbarometer erreichte damit den tiefsten Stand seit elf Monaten. Analysten hatten damit gerechnet, dass sich der Index nach den deutlichen Rückgängen in den Vormonaten stabilisiert.
Der von Experten als wichtiger Frühindikator für die Entwicklung der Konjunktur eingestufte Einkaufsmanagerindex entfernt sich damit weiter von der 50-Punkte-Marke. Werte über 50 Punkten deuten Wachstum an. Liegt der Index darunter, kann von einer schrumpfenden Industrie ausgegangen werden. Bereits im Mai war der Indikator unter diese sogenannte Wachstumsschwelle gefallen.
Experten: Vorerst keine Ende der Talfahrt
Experten sehen vorerst kein Ende der Talfahrt in der Industrie. Nach Einschätzung der NordLB wäre es keine Überraschung, wenn die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe im August auf ein Zwölfmonatstief absacken würde. Noch sehen Fachleute der Landesbank aber keine gefährliche Entwicklung in China. Die Daten seien vielmehr als ein Ergebnis des Strategiewechsels in Peking zu sehen. «Die Regierung tastet sich langsam an ein niedrigeres Wachstumstempo heran», schreiben die NordLB-Experten.
Auch die VP Bank aus Liechtenstein rechnet mit einer weiteren Abkühlung der Konjunktur. Die Regierung in Peking werde aber Wachstumsraten, die die Stabilität des Arbeitsmarktes gefährdeten, nicht akzeptieren. Premierminister Li Keqiang soll laut Berichten der chinesischen Staatsmedien die Marke von 7,0 Prozent als Wachstumsuntergrenze ins Feld geführt haben. Sollte die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt in den kommenden Monaten zu stark an Schwung verlieren, «könnten neue stabilisierende Massnahmen der Regierung auf der Agenda stehen», so die Fachleute der VP Bank.
Chinas Regierung plant Umbau der Wirtschaft
Die seit März amtierende Regierung unter Premierminister Li Keqiang plant derzeit einen Umbau der chinesischen Wirtschaft. Statt weiter auf industrielle Massenproduktion und staatliche Investitionsprogramme zu setzen, sollen der private Konsum und die Dienstleistungsbranche gestärkt werden. Zuletzt war die chinesische Wirtschaft im zweiten Quartal nur noch um 7,5 Prozent gewachsen. In den vergangenen Jahren lagen die chinesischen Wachstumsraten mehrfach über zehn Prozent.
An den asiatischen Aktienmärkten sorgte der erneute Rückgang des HSBC-Index nur zeitweise für deutliche Kursverluste. Der CSI 300, der die Aktien der 300 grössten festlandchinesischen Papiere mit einer Börsennotierung in Shanghai oder Shenzhen enthält, verlor in der Spitze etwa zwei Prozent. Im weiteren Handelsverlauf konnte sich der CSI 300 aber wieder ein Stück weit erholen und schloss mit einem Minus von 0,74 Prozent bei 2.249,15 Punkten.
Australischer Dollar unter Druck
Die schwachen Konjunkturdaten aus China setzten zudem den australischen Dollar unter Verkaufsdruck. Zur Wochenmitte rutschte der Kurs der Währung zum US-Dollar von einem Tageshoch bei 93 Cent unter die Marke von 92 Cent. Die stark rohstofflastige australische Wirtschaft gilt als besonders abhängig von der konjunkturellen Entwicklung in China. An den europäischen Börsen hielten sich die Auswirkungen hingegen in Grenzen. Die schwachen Konjunkturdaten aus der Volksrepublik konnten die Kurse allenfalls zum Handelsauftakt etwas belasten. (awp/mc/pg)