Wettbewerb setzt Ryanair unter Druck
London – Europas grösster Billigflieger Ryanair bekommt angesichts eines schärferen Wettbewerbs und sinkender Ticketpreise zunehmend Gegenwind. Ryanair-Chef Michael O’Leary setzte am Mittwoch wegen der schwächeren Nachfrage ein grosses Fragezeichen hinter die aktuelle Gewinnprognose des Unternehmens und schickte damit die Ryanair-Aktie und Papiere anderer Fluggesellschaften auf Talfahrt. Ryanair-Titel verloren am Vormittag bis zu 15 Prozent.
Der Gewinn nach Steuern werde im Gesamtjahr vermutlich am unteren Ende der Prognosespanne von 570 bis 600 Millionen Euro ausfallen, teilte Ryanair mit. Sollte der Druck auf die Preise anhalten, könnte er sogar unter diese Grenze sinken. «Wir reden nicht über einen Kollaps oder eine Katastrophe», sagte O’Leary. Börsianer zeigten sich jedoch alarmiert.
Zu hohe Erwartungen
«Das klingt alles sehr negativ», sagte James Hollins, Analyst bei Investec Securities. Die vor etwa einem Monat veröffentlichte Prognose für das Geschäftsjahr 2013/14 (Ende März) sei aus seiner Sicht sehr zurückhaltend gewesen. Nun müsse man davon ausgehen, dass die derzeitigen Analystenschätzungen rund 10 bis 12 Prozent zu hoch gegriffen seien. Bislang gehen die von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Experten im Schnitt von einem Gewinn von 650 Millionen Euro aus.
Laut O’Leary waren die Buchungen im Juli bereits schwach ausgefallen, wofür der Manager die Hitzewelle in weiten Teilen Europas verantwortlich machte. Im August habe sich das Geschäft wieder normalisiert, allerdings zeichneten sich jetzt für die Monate September bis November spürbar niedrigere Ticketpreise ab. Als Grund dafür nannte O’Leary den stärkeren Wettbewerb etwa in Grossbritannien, Skandinavien, Spanien und Irland, aber auch die Auswirkungen der Schuldenkrise sowie den starken Euro im Vergleich zum Pfund.
Maschinen bleiben am Boden
Ryanair will nun seine Kapazitäten für den Winterflugplan kappen. 70 bis 80 Maschinen sollen am Boden bleiben. Gleichzeitig will die Gesellschaft noch aggressiver um Kunden buhlen. Die Zahl der Fluggäste soll im laufenden Geschäftsjahr bis Ende März 2014 weiterhin auf 81,5 Millionen klettern.
Die irische Fluggesellschaft wird derzeit gleich von mehreren Seiten in die Zange genommen. Andere Billigairlines wie Easyjet oder Norwegian Air Shuttle bieten Ryanair mit niedrigen Preisen Paroli. Aber auch die etablierten Fluggesellschaften wie Lufthansa oder Air France-KLM bauen ihr Angebot in Europa aus oder stossen ebenfalls in den Discount-Bereich vor. So hat beispielsweise die zum IAG-Konzern gehörende spanische Gesellschaft Iberia angekündigt, mit Kampfpreisen den Billigfliegern Kunden abzujagen. (awp/mc/pg)