Für Sportfans ist sie ein Geschenk der Götter. Seit Monaten stehen die Stadien in den USA leer. Unzählige Experten, die sich sonst täglich stundenlang im Radio und Fernsehen die Köpfe heissreden, haben kein Thema. Mitten in diese Stille hinein sendet der US-Sportsender ESPN eine Dokumentation über den Basketball-Megastar Michael Jordan. Die zehnteilige Serie bricht alle Rekorde.
Sechs Millionen schalteten im Durchschnitt allein bei ESPN ein. Der Sportsender wollte die Dokumentation zunächst im Juni ausstrahlen, doch als die Zuschauerzahlen in der sportfreien Corona-Welt um 60 Prozent einbrachen, war „Der letzte Tanz“, so heißt die Serie, Balsam für Manager und Publikum zugleich.
Netflix strahlt die Episoden zeitversetzt 24 Stunden später aus. Hier ist die Jordan-Chronik weltweit die Nummer eins.
Warum jetzt? Michael Jordan ist ein Athlet des vergangenen Jahrhunderts. Er begann seine Karriere in der National Basketball Association 1984, gewann seinen ersten Titel 1991, den sechsten 1998. In jener letzten Saison liess sich sein Team, die Chicago Bulls, auf Schritt und Tritt von Kameras begleiten – ein Stilmittel, wie man es in Deutschland aus dem Sommermärchen kennt. Doch die Dokumentation über die Fussball-WM 2006 erschien sechs Monate nach dem Turnier, warum warteten die Bulls lange 22 Jahre?