London – Wenige Tage vor der Parlamentswahl in Grossbritannien sind bei einem Terrorangriff in London in der Nacht zum Sonntag mindestens sieben Menschen getötet worden. Drei mutmassliche Angreifer wurden nach Polizeiangaben erschossen.
Die Attacke begann am späten Samstagabend auf der London Bridge im Zentrum und setzte sich auf dem nahe gelegenen Borough Market fort. Die Täter griffen ihre Opfer zuerst mit einem Kleintransporter und dann mit Messern an.
Etwa 50 Menschen seien verletzt worden, teilten Rettungskräfte am frühen Morgen auf Twitter mit. Bei der Terrorattacke ist auch ein Polizist schwer verletzt worden. Ein der Attentäter habe ihn mit einem Messer ins Gesicht gestochen, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA am Sonntag. Der für den Schienenverkehr zuständige Polizist sei nach Hilferufen zum Tatort geeilt. Sein Zustand soll aber nicht lebensbedrohlich sein.
Keine hundertprozentige Sicherheit
Premierministerin Theresa May hatte zunächst von einem möglichen Terrorakt gesprochen; die Polizei wenig später dann von Terroranschlägen. Die Polizei ging am Morgen davon aus, dass es über die drei erschossenen Verdächtigen hinaus keine weiteren Täter gibt. Man müsse aber noch weitere Ermittlungen durchführen, um dies mit hundertprozentiger Sicherheit sagen zu können, erklärte Grossbritanniens Anti-Terror-Chef Mark Rowley.
May berief für Sonntagmorgen eine Sondersitzung des höchsten britischen Sicherheitsgremiums ein.
Laut Polizeiangaben fuhr am Samstagabend zunächst ein Lieferwagen auf der London Bridge in eine Gruppe von Fussgängern. Das Fahrzeug sei dann weiter zum nur wenige hundert Meter entfernten Borough Market gefahren. Dort stiegen drei mutmassliche Täter aus und attackierten Menschen mit Messern. Nach Angaben eines Polizeisprechers wurden die Angreifer am Borough Market von Sicherheitskräften erschossen – acht Minuten nach Eingang des ersten Notrufs. Die Attentäter hätten Westen getragen, die so aussahen, als würden sie Sprengstoff enthalten. Die Westen hätte sich später jedoch als Attrappen entpuppt.
Viele irreführende Angaben
Zunächst hatte es geheissen, die mutmasslichen Täter seien bereits auf der London Bridge aus dem Fahrzeug gesprungen und hätten verletzte Personen mit Messern attackiert. «Das war wie ein Amoklauf», zitierte die BBC einen Zeugen. Anschliessend seien die Täter zu Bars und Restaurants in der Umgebung gelaufen und hätten gerufen: «Dies ist für Allah». Auf Twitter hatte die Polizei die Bevölkerung aufgefordert, das Gebiet zu meiden. Die London Bridge wurde komplett abgeriegelt.
Die Polizei sperrte grosse Areale in der Stadt weiträumig ab. Sie bat die Menschen, nicht leichtfertig Videos und Bilder von den Tatorten in Umlauf zu bringen.
Zunächst war vermutet worden, dass es auch im Stadtteil Vauxhall einen Angriff gab. Dabei handelte es sich aber um eine Messerstecherei, die nichts mit den Terrorrattacken im Zentrum zu tun habe, teilte Scotland Yard mit. Die vorübergehend geschlossene U-Bahnstation Vauxhall wurde wieder geöffnet.
Erst vor knapp zwei Wochen hatte der 22-jährige Selbstmordattentäter Salman Abedi nach einem Konzert des Teenie-Stars Ariana Grande in Manchester mit einer Bombe 22 Menschen mit in den Tod gerissen. Bei dem Terroranschlag waren mehr als 100 Personen verletzt worden.
Gleiches Muster
Die Terrorattacke auf der London Bridge erinnert sehr an einen Angriff im März: Am 22. März war ein 52-jähriger Mann auf der Westminster-Brücke in London mit hohem Tempo in Fussgänger gefahren. Anschliessend tötete er mit einem Messer einen unbewaffneten Polizisten. Bei dem Terrorangriff waren sechs Menschen ums Leben gekommen und Dutzende Menschen verletzt worden. Der Attentäter wurde erschossen.
Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einer «gezielten und feigen Attacke» auf unschuldige Londoner und Besucher. Die britische Innenministerin Amber Rudd nannte die Attacke «entsetzlich». Diese habe sich gegen Menschen gerichtet, die sich mit ihren Freunden und Familien amüsiert hätten. Unter diesen «schwierigen und traumatischen Umständen» sei sie vor allem der Polizei und den Sicherheitskräften für ihren schnellen Einsatz dankbar, so die Innenministerin.
US-Präsident Donald Trump habe May noch in der Nacht telefonisch sein Mitgefühl ausgesprochen, teilte das Weisse Haus in Washington mit. Auf Twitter schrieb Trump: «Was auch immer die Vereinigten Staaten tun können, um in London und im Vereinigten Königreich zu helfen, wir werden da sein».
Der französische Staatspräsidenten Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, Frankreich stehe nach der «neuen Tragödie» an der Seite Grossbritanniens. «Meine Gedanken sind bei den Opfern und ihren Familien.» (awp/mc/ps)