Winde lassen in Australien zwei Feuer zu Grossbrand verschmelzen
Sydney – Die Hiobsbotschaften aus den Brandgebieten in Australien reissen nicht ab: Angefacht durch starke Winde verschmolzen am Freitag zwei Feuer zu einem weiteren enormen Grossbrand. Dieser erstreckt sich auf einem Gebiet von mehr als 600’000 Hektar – einer Fläche, die grösser ist als der Kanton Bern.
Nach Einschätzung der Feuerwehr fachten Trockengewitter den Brand zusätzlich an. In den ohnehin ausgedörrten Gebieten der südöstlichen Bundesstaaten New South Wales und Victoria wurden Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius gemessen.
Evakuierungsmassnahmen angeordnet
Angesichts der ungünstigen Wettervorhersagen galt in manchen Gebieten weiter der Ausnahmezustand. Trockene Winde mit Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern und Böen mit bis zu 90 Stundenkilometern sollten laut Vorhersage über das Land fegen. Die Behörden ordneten Evakuierungsmassnahmen im Grenzgebiet zwischen New South Wales und Victoria an. 240’000 Menschen erhielten im Südosten Australiens wegen der Brände einen Notfall-Alarm per Handy.
«Die Bedingungen werden schwierig», erklärte Feuerwehr-Chef Shane Fitzsimmons, der für die ländlichen Regionen von New South Wales zuständig ist. «Es sind die heissen, trockenen Winde, die erneut die wichtigste Herausforderung stellen werden.» Laut der Regierung des Bundesstaates gab es zuletzt 130 Brände, von denen rund 50 nicht unter Kontrolle waren.
Auf Bildern von der besonders verwüsteten Känguru-Insel im Süden des Kontinents ist zu sehen, wie Tierärzte und Freiwillige verletzte Koalas behandeln. Feuerwehrleute lagen erschöpft am Boden.
Zehntausende protestieren gegen Regierung
In Sydney und Melbourne gingen erneut zehntausende Menschen auf die Strassen und forderten die Regierung des konservativen Premierministers Scott Morrison auf, mehr gegen die Erderwärmung zu unternehmen und Australiens massiven Kohleexport zurückzufahren. «Ändere die Politik, nicht das Klima», war auf Schildern der Demonstranten zu lesen.
Regierungschef Morrison wich derweil Fragen von Journalisten aus, die wissen wollten, ob derartige Buschfeuer angesichts des Klimawandels in Zukunft zur Normalität würden. «Sehen Sie, wir haben darüber jetzt schon oft genug geredet», sagte er lediglich.
Der Premierminister bestreitet inzwischen zwar nicht mehr einen Zusammenhang zwischen den Bränden und dem Klimawandel, bekräftigte zuletzt jedoch seinen Widerstand gegen eine klimafreundlichere Wirtschaftspolitik. Australiens Kohleindustrie produziert rund ein Drittel der weltweiten Exporte und schafft Arbeitsplätze in wichtigen Wahlbezirken mit traditionell wechselnden Mehrheiten.
Trockenstes Jahr seit Messbeginn
Im Zusammenhang mit den Bränden gibt es Forschern zufolge eine «beispiellose» Desinformationskampagne im Internet. In Online-Netzwerken gebe es gezielte Bemühungen, den Zusammenhang zwischen Klimawandel und den Bränden zu verschleiern, sagte Timothy Graham von der Queensland University of Technology.
2019 war das trockenste Jahr in Australien seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die extreme Dürre ist einer der Hauptgründe für die Buschbrände im Land und wird mit dem globalen Klimawandel in Zusammenhang gebracht.
Durch die Brände sind bislang mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen. Die Flammen zerstörten eine Fläche von rund zehn Millionen Hektar – fast so gross wie Bayern und Baden-Württemberg zusammen. Mehr als 2000 Häuser wurden zerstört. Laut einer Studie der Universität Sydney kamen ausserdem schätzungsweise mehr als eine Milliarde Säugetiere, Vögel und Reptilien durch die Feuer um.
Der Rat der Versicherungen von Australien schätzt den materiellen Schaden nach neuen Angaben vorläufig auf über 620 Mio Franken. (awp/mc/pg)