Nikos Anastasiades, konservativer Präsidentschaftskandidat Zypern.
Nikosia – In Zypern kommt es in einer Woche zu einer Stichwahl um das Präsidentenamt. Favorit ist der konservative Politiker Nikos Anastasiades. Er hat die erste Runde deutlich gewonnen, entgegen den Erwartungen jedoch die absolute Mehrheit verpasst. Auf Anastasiades entfielen 45,4 Prozent der Stimmen, wie aus dem vom Innenministerium am Sonntagabend veröffentlichten vorläufigen Endergebnis hervorgeht. In der Stichwahl wird er gegen den Linken Stavros Malas antreten. Malas kam auf 26,9 Prozent. Dritter wurde der Mitte-Politiker Giorgos Lillikas mit knapp 24,9 Prozent.
Der amtierende Präsident Dimitris Christofias war als erster Staatschef Zyperns nicht mehr für eine zweite Amtszeit angetreten. Die Präsidentschaft des einzigen kommunistischen Staatschefs der EU gilt als gescheitert. Viele werfen ihm vor, in der Wirtschaftspolitik versagt zu haben. Die Wahlbeteiligung lag trotz Wahlpflicht nur bei rund 83 Prozent. An früheren Wahlen hatten meist über 90 Prozent der Berechtigten teilgenommen.
Verfrühter Jubel
Umfragen hatten Anastasiades einen Sieg bereits in der ersten Runde vorhergesagt. Darauf deuteten auch die ersten Prognosen nach Schliessung der Wahllokale. Vor der Wahlzentrale des Konservativen in der Hauptstadt Nikosia versammelte Anhänger des Chefs der konservativen Oppositionspartei Disy brachen bereits in Jubel aus. Hupkonzerte erklangen, die später aber wieder verstummten.
«Es geht ums Überleben»
Grund zu Feiern hatten die Zyprer zuletzt selten: Die Inselrepublik durchlebt die schwerste Finanzkrise der jüngeren Geschichte. Es droht gemäss der Regierung bereits Ende März ein Staatsbankrott. Zypern braucht nach offiziellen Angaben 17,5 Milliarden Euro, um seine Banken und die Staatsfinanzen zu stabilisieren. Der Betrag entspricht der jährlichen Wirtschaftsleistung des geteilten Inselstaates.
Zypern hatte die Hilfen schon im vergangenen Sommer beantragt. Nach dem Schuldenschnitt für Griechenland waren die vergleichsweise überdimensionierten Banken Zyperns in Not geraten.
Verhandlungen mit den Gläubigern
Erste Aufgabe eines neuen Präsidenten wird sein, mit den Geldgebern von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) die Bedingungen für das Hilfspaket auszuhandeln. Anastasiades erklärte nach der Stimmabgabe, bei den Wahlen gehe es «ums Überleben». Er hatte bereits im Wahlkampf die Notwendigkeit strenger Sparmassnahmen betont und gilt deshalb als Wunschpräsident der Finanzmärkte und Gläubigerstaaten.
In vielen Regierungen der Euro-Zone hofft man auf einen Machtwechsel, da die Gespräche mit Christofias schwierig waren. Der Kommunist lehnt Privatisierungen als Gegenleistung für Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM ab. Anastasiades dagegen hat Privatisierungen nicht ausgeschlossen. Sein Gegner in der Stichwahl, Malas, wird von der kommunistischen Partei Akel unterstützt. Er will eine Entschärfung möglicher Sparauflagen. Er rief am Abend die Anhänger des drittplatzierten Lillikas auf, in der Stichwahl für ihn zu stimmen.
EZB will scharfe Geldwäscherei-Regeln
Bedingung für Kredite ist auch ein scharfes Vorgehen gegen Geldwäscherei. Nach Ansicht des Chefökonoms der Europäischen Zentralbank (EZB), Jörg Asmussen, muss Zypern belegen, dass die Standards dazu angewendet werden. Dies sei eine Bedingung für Finanzhilfen, sagte Asmussen dem deutschen Sender ARD. Zur Weigerung der Regierung, die Einhaltung der Standards von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft untersuchen zu lassen, sagte Asmussen: «Das ist eine der Vorbedingungen.» Die Geber argwöhnen, dass die zyprischen Banken für reiche Russen Schwarzgelder weisswaschen.
Asmussen sagte weiter, dem eigentlich wirtschaftlich unbedeutenden Zypern müsse geholfen werden, weil es systemrelevant sei. Im Falle einer Pleite seien negative Auswirkungen auf Griechenland zu befürchten. Zypern ist seit 2004 in der EU. Das europäische Regelwerk gilt aber nur im griechisch-zyprischen Teil, nicht im türkisch-zyprischen. Die Insel ist nach einem griechischen Putsch und einer türkischen Militärintervention seit 1974 geteilt. (awp/mc/upd/ps)