Alain Badoux, Managing Director Software AG.
Von Helmuth Fuchs
Moneycab: Herr Badoux, nach einer langen Karriere bei Oracle sind Sie seit Beginn des Jahres Geschäftsführer der Software AG Schweiz. Was waren Ihre ersten Änderungen, die Sie veranlasst haben und welche wichtigsten Ziele haben Sie für das laufende Jahr?
Alain Badoux: Ich bin in einer sehr interessanten Zeit zur Software AG gestossen, in der die Weichen für neues Wachstum in den nächsten Jahren gestellt werden. Gleichzeitig wurde in ein signifikant vergrössertes Sales Team in der Schweiz investiert.
«Wir befinden wir uns in einer spannenden Phase: Das gleichzeitige Aufeinandertreffen von vier Megatrends – Cloud, Mobile, Social und Big Data – ist einmalig in der IT-Branche.» Alain Badoux, Managing Director Software AG.
Wir befinden wir uns in einer spannenden Phase: Das gleichzeitige Aufeinandertreffen von vier Megatrends – Cloud, Mobile, Social und Big Data – ist einmalig in der IT-Branche – Gartner spricht auch von den „Four Forces“. Wir haben es hier mit einer bahnbrechenden Veränderung zu tun, deren Auswirkungen grösser sind als alles, was wir bisher in der IT-Welt erlebt haben. Diese digitale Revolution wird Unternehmen und Verbraucher gleichermassen betreffen. Die „Four Forces“ stellen neue Anforderungen an Unternehmen, verändern deren Geschäftsprozesse und verlangen in Zukunft mehr Flexibilität und schnellere Reaktionszeiten. Auch Cloud-to-Cloud-Integration und die Cloud-to-OnPremise-Integration werden die Unternehmen herausfordern. In diesen Themenfelder hat die Software AG weltweit und in der Schweiz den Fokus gesetzt für die nächsten Jahre. Dabei werden wir unsere Stärken im Bereich der Geschäftsprozesse, der Integration und dem Monitoring ausspielen und unsere Kunden erfolgreich in deren Wandel unterstützen.
Die Sozialen Medien sorgen für eine massive Vermehrung der unstrukturierten Daten. Wie können Unternehmen die darin enthaltenen Informationen für ihre Entscheidungsprozesse nutzen?
Daten und Informationen, werden zukünftig zum wichtigsten Rohstoff für alle Bereiche der Unternehmenswelt. Anders als bei anderen Rohstoffen ist das Gut „Big Data“ im Überfluss vorhanden, sein Volumen nimmt von Tag zu Tag zu. Innovation und Wachstum hängen in jedem Unternehmen von der Qualität und Analyse einer enormen Menge an Daten ab. Big Data ist überall. Inzwischen gibt es auf unserem Planeten sechs Milliarden vernetzte Mobilanwender. Sie alle liefern Inhalte sozialer Websites und betreiben Online-Handel, überall, rund um die Uhr. Alle zwei Tage erschaffen diese globalen Netzwerke so viele Daten, wie sie insgesamt von Anbeginn der menschlichen Zivilisation bis zum Jahr 2003 entstanden sind. Vergleichbar mit einem globalen Nervensystem das alle Nerven im Körper miteinander verbindet, geht es auch hier um miteinander verbundene Informationen und Echtzeit-Daten, die zu Entscheidungen und Reaktionen führen.
«Die In-Memory Datenmanagementplattform erlaubt es, massive Datenströme in Echtzeit zu verarbeiten und zu analysieren.»
Mit unserer In-Memory-Technologie Terracotta unterstützen wir Unternehmen dabei, grösstmöglichen Nutzen aus Big Data zu ziehen. Durch die Kombination technologischer Innovationen ist es der Software AG gelungen, eine In-Memory Datenmanagementplattform zu erschaffen, die es erlaubt , massive Datenströme in Echtzeit zu verarbeiten und zu analysieren, z.Bsp im Bereich der Sensorik, Smart Grid, der mobilen Endgeräte, eHealth oder des Internet. Aus den einströmenden Datenmassen werden die relevanten Informationen unmittelbar „herausgefiltert“, so dass eine Speicherung aller Daten nicht mehr zwingend nötig ist und die richtigen Entscheidungen schnell und in Echtzeit getroffen werden.
Eine hohe Automatisierung der Geschäftsprozesse bringt Vorteile bezüglich der Anpassungsgeschwindigkeit an neue Gegebenheiten, bringt aber auf der IT-Seite eine hohe Komplexität mit sich. Wie können KMUs und Firmen ohne grosse eigene IT-Abteilung hier den Anschluss halten?
Die Kernbotschaft für unsere Kunden ist: „Gleich in welcher Branche sie sind, welche Grösse ein Unternehmen hat – ihr Geschäft muss digital werden.“ Konkret bedeutet dies, dass jedes Unternehmen eine einzigartige, unverwechselbare digitale Vision braucht – mit den „Four Forces“ als Eckpfeilern. Dabei spielt die Grösse einer Unternehmung weniger eine Rolle als die Komplexität und die digitale Vision. Die Software AG versteht die Herausforderungen und Geschäftsprozesse von KMUs sehr gut. Wir haben in der Vergangenheit immer wieder bewiesen, dass wir das nötige Augenmass für die Grösse einer Firma haben und unsere Projekte entsprechend strukturieren können, so dass auch KMUs genügend schnell einen Return on Investment erzielen können.
Vor allem die Finanzindustrie kommt unter Druck durch wachsende Compliance Anforderungen und schnell ändernde Regulierungen bei gleichzeitig steigendem Kostendruck. Auf welche Systemkomponenten sollen sich die Finanzinstitute konzentrieren, was kann ausgelagert werden?
Die Finanzindustrie spürt die Veränderungen durch die „Four Forces“, unterliegt aber gleichzeitig sehr stark den Regulierungen. Außerdem steht die ganze Branche sowieso derzeit im Compliance Fokus – auch öffentlich. Die Überlegungen hinsichtlich Auslagerung der IT sehe ich daher eher zweitrangig, beziehungsweise in Zusammenhang mit generellen Kostenüberlegungen. Die grossen Herausforderungen liegen bei den Geschäftsprozessen, die bis weit in die Kernbankenlösung hinein reichen. Diese müssen wegen der neuen Regulatorien und Compliance Anforderungen immer flexibler und einfacher anpassbar sein.
«Die grossen Herausforderungen in der Finanzindustrie liegen bei den Geschäftsprozessen, die bis weit in die Kernbankenlösung hinein reichen.»
Anhand eines Big Data Kundenbeispiels möchte ich dies kurz erläutern: Die Billing Engine PayPal von ebay im Silicon Valley nutzt die In-Memory-Technologie der Software AG, um Kreditkartenbetrug aufzudecken – und zwar in demselben Moment, in dem der Bezahlvorgang stattfindet. Das Wissen, das aus riesigen Datenmengen abgeleitet wird und Betrugserkennung in Echtzeit ermöglicht, entscheidet in Zukunft über den Erfolg oder Misserfolg von Unternehmen. Anhand dieses Beispiels kann man leicht weitere für die Finanzindustrie relevante Geschäftsfälle erkennen, zum Beispiel im Bereich Data Confidentiality, aber auch beim frühzeitigen Erkennen von Transaktionen, die im Verdacht der Geldwäsche oder anderen Betrugsdelikten stehen.
Einer der Eckpfeiler ihrer Strategie für digitale Unternehmen ist die ARIS Entwicklungs-Plattform, welche die Software AG 2009 von IDS Scheer übernommen hat. Wie weit ist diese Plattform durch Cloud, Soziale Medien und mobile Geräte schon beeinflusst?
Auf der CeBIT haben wir gerade die neue Version vorgestellt. ARIS 9 kombiniert die technologischen Megatrends Cloud, Mobile, Social und Analytics und macht diese für eine breite Benutzergruppe verfügbar. Ein Teil der ARIS 9-Plattform ist ARIS Connect, das komplett Cloud-fähig ist und in öffentlichen, privaten oder hybriden Infrastrukturen eingesetzt werden kann. Der Zugriff kann dabei auch über mobile Endgeräte erfolgen. Alle Elemente einer Cloud werden hier zum Zuge kommen, Skalierbarkeit, einfache Vertragsformen sowie einfache und schnelle Nutzung.
«In einer gemeinsamen Umgebung gestalten, simulieren, testen und implementieren IT und Fachbereiche zusammen die Geschäftsprozesse.»
Gleichzeitig haben wir auch webMethods 9 für Prozess-Automatisierung, Monitoring, Integration und Verwaltung der Geschäftsprozesse vorgestellt. ARIS 9 zusammen mit webMethods 9 ermöglicht der Fachabteilung und der IT gemeinsam an einem Prozessmodell zu arbeiten und so optimale Unternehmensabläufe sicherzustellen, speziell in Zusammenhang mit den erwähnten neuen Trends wie Cloud, Social oder Mobile. In einer gemeinsamen Umgebung gestalten, simulieren, testen und implementieren IT und Fachbereiche zusammen die Geschäftsprozesse − diese werden dann in Echtzeit überwacht. Prozesse werden kontinuierlich optimiert, indem Menschen, Systeme, Dokumente oder andere Ressourcen in die Prozesse integriert werden.
Die Software AG ist ein strategischer Partner des Swiss Business Process Management Forums. Haben solche Veranstaltungengen im Zeitalter von Video-Konferenzen, Skype, Hang-Outs und zahlreicher virtueller Welten noch eine Zukunft?
Viele Technologien haben im Bereich der Kommunikation ihre Berechtigung, aber keine Einzelne davon wird die anderen komplett ersetzen, es geht darum die entsprechenden Mittel effizient und zielführend einzusetzen. Trotz der vermehrten Virtualität geht nichts über den persönlichen Kontakt. Das Forum bietet uns eine hervorragende Möglichkeit, Gespräche zu führen, Kontakte zu knüpfen und das Ohr am Markt zu haben.
Der Gesprächspartner:
Seinen beruflichen Werdegang startete Alain Badoux bei der IVM Engineering, ein Software-, Konstruktions- und Hardware-Dienstleister für industrielle Kunden, und danach bei Metro International AG im Bereich Controlling des Cash & Carry Geschäfts der Metro.
Alain Badoux begann 1996 bei Oracle als Presales Consultant in den Bereichen Datawarehouse, BI, OLAP und Reporting. 1999 wechselte er als Senior Solution Consultant zu Hyperion Solutions, wurde dort zunächst Account Manager für die Bereiche Banking, Pharma, Chemie sowie Industrie und schließlich zum Sales Director mit Gebietsverantwortung für die ganze Schweiz befördert.
Als Hyperion Solutions von Oracle übernommen wurde, war er Country Manager Schweiz. So stiess er 2007 als Country Leader BI und EPM erneut zu Oracle. 2008 stieg er bei Oracle zum Sales Senior Director BI für Western Europe auf und hatte verschiedene Positionen inne, unter anderem die operative Verkaufsverantwortung für Business Intelligence in den Märkten Deutschland und Schweiz und die europäische Sales-Verantwortung für Real-Time Decisions; eine Lösung im Bereich von Echtzeit-Marketing mit Predictive Analytics. Zuletzt trug er die Verantworung als Country Leader Applications für das gesamte Applikations-Geschäft von Oracle in der Schweiz und war Mitglied der Geschäftsleitung Schweiz.
Das Unternehmen:
Gegründet 1969 in Darmstadt, ist die Software AG weltweit führend bei Geschäftsprozessen, Integration und Big Data. Seit über 40 Jahren steht unser Name für Innovation: Adabas, die erste transaktionale Hochleistungsdatenbank, ARIS, die erste Plattform zur Analyse von Geschäftsprozessen, Terracotta für Big Data, und webMethods, der erste B2B-Server und die erste SOA-basierte Integrationsplattform.
Die Software AG Schweiz wurde 1985 offiziell als SAG Software Systems AG gegründet und ist eine hundert-prozentige Tochtergesellschaft der Software AG in Darmstadt, Deutschland. Sie zählt die grossen und grössten Unternehmen und Organisationen der Schweiz zu ihren Kunden. Der Schweizer Sitz liegt in Zürich.
Das Interview entstand in Zusammenarbeit mit dem Swiss Business Process Management Forum.