Interview von Peter Stöferle
Moneycab: Pascal Albisser und Alex Kälin, gleich vorweg gefragt: Wie kommt man auf die Idee, das kleinste Radiostudio der Schweiz zu bauen?
Pascal Albisser, Alex Kälin: Die Idee entstand anfänglich aus dem Interesse an automatisierter Musik. Wir merkten dann aber schnell, wie viel möglich ist und entwickelten die Idee immer weiter. Zusätzlich inspirierte uns die Schliessung des Radiostudios in Bern und die allgemeine Ablehnung, für Medien in irgendeiner Form zahlen zu wollen. Automatisierung ist gesamtgesellschaftlich ein Dauerthema mit all den positiven und negativen Aspekten.
Aus welchen Komponenten besteht Sparprogramm.FM?
Hardware-technisch gesehen aus einer einzigen kleinen Platine. Dann benötigen wir im Moment einen Webserver für die Webseite und für die Kommunikation mit unseren Crowdworkern, welche die Musik ganz modern auf ihren Privatgeräten erstellen. Im Grunde genommen liessen sich die Webserver auch noch wegsparen, da diese Aufgaben auch der Pi übernehmen könnte.
Für jene, die vielleicht nicht mit sämtlichen IT-Belangen auf Du und Du stehen: Was ist ein Raspberry Pi?
Ein kostengünstiger Minimal-Computer mit sehr kleinen Anforderungen an Platz und Strom. Mit ihm lassen sich viele Projekte zum Beispiel in der Heimautomatisierung umsetzen. Im Internet finden sich unzählige Projektideen.
«Wir nehmen für die musikalische Leitung gerne Bewerbungen entgegen.»
Alex Kälin und Pascal Albisser, Mitgründer Sparprogramm.FM
Welches waren bei der Entwicklung die grössten Knackpunkte?
Das Aufsetzen des Systems, also Auswahl der richtigen Software, die zum Laufen zu bringen und das System entsprechend abzusichern.
Damit keine SUISA-Gebühren anfallen, «komponiert» Sparprogramm.FM die Musik und die Jingles gleich selbst. Auf welche Weise und mit welchen Vorgaben?
Wir arbeiten mit der Software SonicPi, welche es einem erlaubt, ziemlich einfach “Musik” selber zu programmieren. Das schafft eigentlich fast jeder Laie. Die Schwierigkeit bei den Vorgaben ist es, dass je genauer man vorgibt, was das Programm spielen soll, desto eher klingt es wie echte Musik, jedoch geht dann der Zufall mehr und mehr verloren. Für super klingende, zufällige Musik müsste man sich wohl mit Musiktheorie und Programmieren auskennen. Wir nehmen für die musikalische Leitung gerne Bewerbungen entgegen.
Dass Sparprogramm.FM die Journalisten überflüssig macht, stimmt ja insofern nicht ganz, als Ihr die Nachrichteninhalte von der Teletext-Seite verwendet. Wie landet deren Content schliesslich im gesprochenen Wort auf Eurem Sender?
Wir lesen die Teletext-Webseite programmatisch aus und formatieren den Text für unseren Zweck. Dieser Text wird dann in der Google Cloud eingesprochen und als Musikdatei auf dem Sender abgespielt.
«Die SRG bekundete Interesse an unserem automatischen Radio. Wer Zeitung liest, wird wissen weshalb.»
Und was meint die SRG dazu?
Wir hatten seit der Veröffentlichung keinen direkten Kontakt mit der SRG. Als wir um Erlaubnis für die Verwendung der Texte nachfragten, bekundete sie allerdings Interesse an unserem automatischen Radio. Wer Zeitung liest, wird wissen weshalb.
Und wie gelangt der – stets aktuelle – Wetterbericht zum Hörer?
Ebenso wie bei den Sprachnachrichten, einfach dass hier mit der freien OpenWeatherMap API. eine schön formatierte Schnittstelle mit Wetterdaten zur Verfügung steht.
Benötigt weniger als 0,02 m2 Fläche und sendet (fast) wie die grossen: Radiostudio Sparprogramm.FM (Fotos: Sparprogramm.FM)
Empfangen werden kann Sparprogramm.FM auf der gleichnamigen Webseite (http://www.sparprogramm.fm). Welche Möglichkeiten bieten sich über diese Anwendung hinaus?
Der Stream kann auf der Webseite und allen gängigen Audioprogrammen abgespielt werden. Das wärs im Moment. Wir planen aber etwas mehr Interaktivität in unserem Programm.
Wer kommt als potenzielle Interessenten für die Miete oder einen Kauf in Frage?
Das wird die Zukunft zeigen, grundsätzlich sind wir offen für Inputs. Der Code für das Projekt ist aber Open Source, so kann sich jede Person mit etwas technischer Kompetenz und genügend Zeit das Radio nachbauen. Bis jetzt halten sich die Kosten für unser Studio in Grenzen, weshalb wir Geldsorgen lieber anderen Radios überlassen.
«Das Projekt hat sicherlich Potenzial, schliesslich wird wohl in keiner Branche so viel gespart wie im Journalismus.»
Redaktionsintern schwanken wir hinsichtlich Eures Projekts ein wenig zwischen «witzige Spielerei» und «the next big thing». ? Wie seht Ihr selbst Sparprogramm.FM in der Medienlandschaft?
Für uns ist es in erster Linie eine Idee und Herausforderung, die wir möglichst konsequent durchgezogen haben. Das Projekt hat sicherlich Potenzial, schliesslich wird wohl in keiner Branche so viel gespart wie im Journalismus. Andererseits offenbart unser Projekt auch einige Schattenseiten der Automatisierung. Wie die Medienwelt aussehen soll, ist aber schlussendlich eine wichtige, gesellschaftliche Frage, die wir zwei nicht entscheiden können und wollen. Das muss schon ein Computer machen.
Bestehen konkrete Ausbaupläne? Grenzen scheinen dem Projekt ja beinahe keine gesetzt zu sein.
Wir haben bereits Ideen, um das Programm weiter auszubauen. Nur knochentrockene Nachrichten mit Hiobsbotschaften aus aller Welt scheinen nicht das einzig Wahre zu sein. Deshalb bestehen Pläne, den Diskussions-, People- und Glamour-Bereich auszubauen. Das mögen die Leute doch auch bei den anderen Stationen am liebsten. Leider stehen die Lohnvorstellungen fähiger Programmierer diametral unseren Grundsätzen entgegen.
Pascal Albisser und Alex Kälin, wir danken Euch für dieses Interview.
Interviewpartner:
Pascal Albisser und Alex Kälin studieren Multimedia Production an der HTW Chur.
Zum Projekt:
Die beiden Studienkollegen haben mit Sparprogramm.FM das kleinste Radiostudio der Schweiz erfunden, das auf einer Standfläche von unter 0.02 Quadratmeter 24 Stunden am Tag, einen ausgewogenen Mix aus Musik und News sendet.
Weitere Informationen und technische Details: http://www.sparprogramm.fm