Alexander Hagemann, CEO Cicor, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Hagemann, Cicor hat in Ihrem ersten vollständigen Geschäftsjahr als CEO den im Vorjahr erreichten Turnaround bestätigt. Der Gruppenumsatz stieg um 14,4% auf 216,7 Mio Franken, der Auftragseingang stieg um 5,4%, der EBIT um 259% auf 10,5 Mio Franken und der Gewinn von 0,3 auf 6,6 Mio Franken. Was hat Sie im vergangenen Jahr besonders erfreut?
Alexander Hagemann: Dass alle an einem Strick gezogen haben: Unsere Kunden hatten bereits in 2016 mit dem rekordhohen Auftragseingang einen Vertrauensbeweis in die Fähigkeiten von Cicor geliefert und haben dies 2017 mit nochmals höheren Aufträgen eindrücklich bestätigt. Und unsere Belegschaft weltweit hat hochmotiviert gearbeitet, um die von Ihnen erwähnten Erfolge möglich zu machen. Ich bin viel in unseren Betrieben und bei Kunden unterwegs, und die Aufbruchsstimmung ist förmlich mit Händen greifbar.
Sie haben mit Ihrem Amtsantritt im September 2016 eine umfangreiche Transformation eingeleitet. Welche Massnahmen wurden im vergangenen Jahr umgesetzt?
Ganz wichtig war es, eine Hierarchieebene im oberen Management herauszunehmen. Dadurch konnten wir Entscheidungen beschleunigen und eine bessere Zusammenarbeit unserer weltweiten Standorte erreichen. Ebenso wichtig ist unsere Konzentration auf operative Exzellenz, also die optimale Ausgestaltung der Unternehmensprozesse. Hier konnten wir eine Steigerung des Umsatzes je Mitarbeiter um 13 Prozent erzielen.
Die AMS Division (Advanced Microelectronics & Substrates) ist wieder in der Spur, jede Produktlinie verzeichnete ein signifikantes Umsatzwachstum und jeder Standort deutlich positive operative Ergebnisse auf Stufe EBIT. Welche Massnahmen wurden hier umgesetzt?
Dieser Turnaround war meine grösste Freude in 2017. Jeder Standort hat mitgezogen, Wachstum erzielt und die Kosten im Griff gehalten. Insgesamt konnten wir den Divisionsumsatz um fast einen Viertel steigern, und dies gelang durch verbesserte Prozessabläufe sogar mit leicht niedrigerem Personalstand. Dazu konnten wir die Fixkosten senken. Jetzt zeigt die Division wieder, welches Potenzial in ihr steckt – und da geht auch noch mehr. Wesentlich zum Erfolg beigetragen hat der Ausbau unserer weltweiten Verkaufsmannschaft, und für den zukünftigen Erfolg haben wir bereits in 2017 erhebliche Investitionen in verbesserte Fertigungsprozesse getätigt.
«Jeder Standort hat mitgezogen, Wachstum erzielt und die Kosten im Griff gehalten.»
Alexander Hagemann, CEO Cicor
Die deutliche grössere ES Division (Electronic Solutions) verzeichnete ebenfalls einen deutlichen Umsatzanstieg von 11,7%. Wo sehen Sie weitere Wachstumsmöglichkeiten?
Die Division ist tatsächlich deutlich stärker als der Markt gewachsen, Cicor hat also nicht nur wiederum einen Rekordumsatz erzielt, sondern auch Marktanteile hinzugewonnen. Zukünftiges Wachstum wird vor allem aus Anwendungen der Industrieelektronik, der Medizintechnik sowie aus Avionics & Defense kommen. Hierbei können wir unsere Stärken insbesondere dann ausspielen, wenn wir bereits als Entwicklungspartner unserer Kunden einsteigen und dann komplexe Baugruppen oder sogar fertige Geräte produzieren.
Sind Akquisitionen aktuell ein Thema?
Im vergangenen Jahr konnten wir durch eine strikte Fokussierung auf Wachstum und Ergebnisverbesserung erheblichen Wert für unsere Aktionäre generieren. Im laufenden Jahr werden wir auf diesem Weg weiter gehen. Solange wir noch ausreichende Potenziale für Wachstum und Margensteigerung haben, wird die Nutzung dieser Chancen erheblich mehr Wert generieren als Zukäufe.
Die Medizintechnik ist eine der grössten Abnehmerbranchen bei beiden Divisionen. Konnte hier 2017 auch das grösste Wachstum erzielt werden?
Unsere bereits vorher erwähnten Hauptmärkte Industrie, Medizintechnik und Avionics sind um 20 Prozent gewachsen und haben ihren Anteil am Gruppenumsatz damit auf rund 75% gesteigert. Innerhalb dieser Kernmärkte gibt es immer wieder projektbedingte Verschiebungen. So ist der Absatz an Industrieelektronik am stärksten gewachsen.
Welche Segmente deckt das Cicor-Portfolio im Medtech-Bereich ab?
Besonders interessant für uns ist der Markt für Hörgeräte, in dem wir mit einer Vielzahl von Angeboten präsent sind: Leiterplatten und Kunststoffteile gehören ebenso dazu wie Ladestationen für wieder aufladbare Hörgeräte. Diesen Markt werden wir kontinuierlich weiterentwickeln. Daneben ist Cicor stark bei bestimmten Verbrauchsartikeln, zum Beispiel in Kathetern, die für hochauflösende Bildgebung des Herzens eingesetzt werden. Ganz neu sind wir jetzt auch in den Bereich der Pharmaverpackung eingestiegen, hier produzieren wir am Standort Schweiz elektronisch gesteuerte Dosiergeräte für hochwirksame Medikamente. Das ist Hightech, die verbesserte Behandlungsmethoden ermöglicht und damit die Lebensqualität der Patienten steigert.
«Besonders interessant für uns ist der Markt für Hörgeräte, in dem wir mit einer Vielzahl von Angeboten präsent sind.»
Innovationen sichern die Wettbewerbsfähigkeit. In welche Richtung gehe neueste Entwicklungen von Cicor und arbeiten Sie dabei auch mit externen Institutionen zusammen?
Insbesondere in der Division AMS müssen unsere Prozesse immer auf der Höhe sein. Dazu haben wir Investitionen getätigt und werden dies auch weiter tun. Als Cicor Eigenentwicklung ist DenciTec® zu erwähnen: Wir können hiermit feinste Strukturen auf Leiterplatten aufbringen, womit wir weitere Miniaturisierung in der Elektronik ermöglichen. Die Akzeptanz dieser Technologie bei Kunden steigt rasant an, weswegen wir derzeit in der Schweiz Entwicklungskapazitäten aufbauen, um die vielen Kundenprojekte umzusetzen.
Wie sah es 2017 bezüglich dem Wachstum in den Regionen aus?
Cicor ist in Nordamerika rasant gewachsen, und zwar von CHF 12.7 Mio. in 2016 auf CHF 19.7 Mio. in 2017, ein Anstieg von mehr als 50 Prozent. Dies gelang durch fokussierte Vertriebsbemühungen. Dennoch kratzen wir erst an der Oberfläche, es sollte noch einiges mehr möglich sein. Die Umsatzverschiebung von Europa nach Asien beruht hauptsächlich auf Anpassungen in den Logistikketten wichtiger Kunden – Cicor ist prädestiniert, von einer Verlagerung von Aktivitäten unserer Kunden nach Asien zu profitieren.
Geht die Entwicklung von 2017 im neuen Jahr weiter? Wie ist Cicor ins laufende Jahr gestartet und von welchen Entwicklungen gehen Sie für das gesamte Geschäftsjahr aus?
Ja, wir sind gut in das neue Jahr gestartet. Das durften wir erwarten, nachdem wir in 2017 um 9 Prozent höhere Auftragseingänge verbuchen konnten als wir an Umsätzen realisiert haben. Es ist schwer, für das Gesamtjahr eine Prognose abzugeben, weswegen wir vorsichtig ein Wachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich prognostiziert haben.
Die Cicor-Aktie ist von ihrem Tiefstwert von 18.40 Franken auf mittlerweile über 67.00 Franken gestiegen. Wie gross schätzen Sie das Nachholpotenzial noch ein?
Zur Kursentwicklung werde ich nicht Stellung nehmen, da diese ausserhalb unserer Kontrolle liegt.
Nach zwei Jahren ohne Ausschüttung zahlt Cicor auch wieder eine Dividende von 0.7 Franken je Titel. Dürfen Anleger auch in den kommenden Jahren damit rechnen?
Der Verwaltungsrat von Cicor ist bestrebt, die Aktionäre in angemessener Form am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Wenn wir weiterhin so arbeiten wie geplant, dann sollte auch zukünftig eine Dividende gezahlt werden.
Herr Hagemann, besten Dank für das Interview.
Zur Person:
Alexander Hagemann, geboren 1962, leitet als CEO die Cicor Gruppe seit September 2016. Zuvor führte er während mehr als 9 Jahren den Leistungselektronikanbieter Schaffner mit Sitz in Luterbach SO. Weitere berufliche Stationen umfassten Führungsaufgaben bei der Schott AG und der BMW AG. Seine international geprägte Laufbahn führte ihn insbesondere auch nach Nordamerika und nach Asien, er lebte daher während 7 Jahren in den USA und Singapur. Daneben ist er als Verwaltungsratspräsident der WICOR Holding AG tätig und leitet das Taiwan Komitee der Swiss-Asian Chamber of Commerce.