Alexander Hagemann, CEO Cicor, im Interview

Alexander Hagemann, CEO Cicor, im Interview
Alexander Hagemann, CEO Cicor. (Foto: Cicor)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Hagemann, die Halbleiterindustrie kann die gegenwärtige Nachfrage nicht befriedigen. Ist das eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Alexander Hagemann: Wir haben vor einigen Tagen bekanntgegeben, dass wir unseren Umsatz im ersten Semester gegenüber dem Vorjahr um mindestens fünf Prozent steigern werden. Ohne das Problem der Materialknappheit wäre das Wachstum noch deutlich höher ausgefallen. Diese Umsätze sind jedoch nur in die Zukunft verschoben und entfallen nicht.

China, aber auch die USA, subventionieren ihre heimische Chip-Industrie massiv. Wie sähen in der Schweiz gleichlange Spiesse aus?

Aktive Industriepolitik wird inzwischen nicht nur in China, sondern auch in den USA und der Europäischen Union betrieben. Das sind gute Nachrichten, weil es zu einer teilweisen Rückverlagerung von Produktion von Asien auch nach Europa kommt – das sogenannte Nearshoring. Mit unserer Fokussierung auf europäische und amerikanische Kunden profitiert Cicor von diesem Trend.

«Ohne das Problem der Materialknappheit wäre das Wachstum noch deutlich höher ausgefallen.»
Alexander Hagemann, CEO Cicor

Cicors Kreditfaszilitäten wurden gerade auf 155 Millionen aufgestockt. Welchen strategischen Spielraum eröffnet Ihnen das?

Wir haben eine starke Bilanz mit einer nur sehr geringen Nettoverschuldung. Die neuen Kreditfazilitäten gemeinsam mit dem genehmigten Kapital von 600‘000 Aktien geben uns den finanziellen Spielraum, um auch grössere Akquisitionen tätigen zu können.

Es fällt auf, dass keine der beiden Schweizer Grossbanken im Bankenkonsortium für den Syndikatskredit sind…

Wir freuen uns, dass die Nachfrage der Banken, an der Finanzierung von Cicor teilzunehmen, sehr hoch ist. Da funktioniert der Markt bestens und wir haben ein Syndikat von Banken, die wir gut kennen und die uns attraktive Konditionen angeboten haben.

Die EBIT-Marge wird im erstens Halbjahr 2021 wieder auf über fünf Prozent steigen. Wo liegt für die nächsten Jahre ein vernünftiger geglätteter Mittelwert, vorausgesetzt es gibt keine weltweite 4. Coronawelle?

Wir haben bereits seit längerem die Zielsetzung einer EBIT Marge von 6% bis 8% und dies auch kommuniziert. Dieses Ziel haben wir 2018 und 2019 knapp erreicht und es gilt nach wie vor. Im vergangenen Jahr haben wir Massnahmen erfolgreich umgesetzt, um die strukturelle Profitabilität von Cicor zu steigern, insbesondere durch eine Optimierung unserer Organisation und Produktionsstruktur in Asien. Wir sind also gut unterwegs auf dem Weg zu unserem Ziel.

Werden Ihre Divisionen AMS und ES dabei im Gleichschritt marschieren?

Beide Divisionen bereiten uns viel Freude. Sie marschieren dabei nicht nur im Gleichschritt, sondern haben in den vergangenen Jahren auch die Zusammenarbeit so sehr gestärkt, dass heute bereits jeder fünfte Franken an Umsatz mit solchen Kunden erzielt wird, die Leistungen aus beiden Divisionen beziehen.

Was wird sich durch Ihren neuen Ankeraktionär One Equity Partners (OEP) verändern?

Unser alter Ankeraktionär hat auf rein organisches Wachstum gesetzt. Das ist uns auch gelungen, hat aber das Wachstumstempo in unserem Markt, der in eine Phase der Konsolidierung eingetreten ist, gebremst. OEP unterstützt sehr stark auch das Wachstum durch Akquisitionen, damit Cicor in einigen Jahren einer der führenden europäischen Elektronikhersteller sein wird.

«Unser alter Ankeraktionär hat auf rein organisches Wachstum gesetzt.»

In der DACH-Region ist Cicor führend; was geschieht umgekehrt im blinden Fleck Lateinamerika?

Wir operieren in einem sehr grossen Markt, da ist die Fokussierung äusserst wichtig. Unser Fokus liegt auf Hightech-Elektronik für führende Kunden mit Stammsitz in Europa und Nordamerika.

Cicors Highend ist die Medizinaltechnik und die Luft-/Raumfahrt. Welches Wachstum können diese beiden Sektoren generieren?

Der Neuprojektanteil insbesondere in der Medizintechnik ist ausserordentlich hoch. Unser Ziel ist es, die strategischen Märkte Industrieelektronik, Medizintechnik sowie Luft- und Raumfahrt und Defence weiter zu stärken. Dabei wird die Bedeutung der Medizintechnik weiter zunehmen.

«Unser alter Ankeraktionär hat auf rein organisches Wachstum gesetzt.»

Technologisch können Leiterplatten auf immer dünneren, ja sogar beschränkt immer flexibleren Oberflächen aufgebracht werden. Wohin geht da der Trend? Werden laufend mehr Chips einfach nur gedruckt werden?

Cicor ist führend in der Miniaturisierung, wofür wir eine einzigartige Technologieplattform entwickelt haben. Mit unserer Leiterplattentechnologie DenciTec, den hybriden Dünnfilmsubstraten und Electronic Printing können wir so kompakte Strukturen herstellen, dass sie in ein menschliches Haar hineinpassen würden. Diese extreme Miniaturisierung wird zum Beispiel für die Erzeugung hochauflösender Bilder aus dem Herzen benötigt.

Schreibe einen Kommentar