Alexander von Witzleben, CEO und VRP Arbonia AG, im Interview
von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr von Witzleben, das Halbjahresergebnis von Arbonia ist stark durch die Ende 2016 übernommenen Gesellschaften der Looser-Gruppe sowie die seit Oktober 2016 konsolidierte Koralle-Gruppe beeinflusst. Der Umsatz stieg um 36%, nahm organisch jedoch leicht ab, ausserdem konnten Sie ein positives Unternehmensergebnis ausweisen. Wie werten Sie das Resultat?
Insbesondere unter Berücksichtigung der tiefgreifenden Restrukturierungsmassnahmen – fünf Produktionsverlagerungen in zwei Jahren -, der zum Teil deutlichen Erhöhung der Materialkosten von Stahl, Aluminium und Kunststoff sowie der Integrationsmassnahmen der Koralle-Gruppe und der Türengesellschaften Prüm, Garant und Invado sind wir mit der stabilen Entwicklung zufrieden. Für die zweite Jahreshälfte stimmt uns die Aussicht auf den guten Auftragseingang und Auftragsbestand aller Gesellschaften positiv.
Die Division Gebäudetechnik steigerte den Umsatz um 11,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt. Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf – einerseits im deutschen Markt, andererseits im Heimmarkt?
Das Geschäft in Deutschland verlief aufgrund der guten Wohnungsbaukonjunktur, die sich vor allem bei der Neubauentwicklung zeigte, erfreulich. Das Renovationsgeschäft entwickelt sich stabil. Wir gehen allerdings davon aus, dass jeder fertiggestellte Neubau zwei bis drei Renovationen nach sich ziehen wird. Nach wie vor bremsen die fehlenden Handwerkerkapazitäten die zu fertigstellenden Projekte. Dieses Potenzial können wir in den nächsten Jahren abschöpfen. Gegenläufig waren bei der Division Gebäudetechnik die erwähnten Materialpreiserhöhungen. Der Markt Schweiz bewegte sich in den für die Gebäudetechnik wichtigen Segmenten im ersten Semester 2017 weiterhin seitwärts.
«Das Geschäft in Deutschland verlief aufgrund der guten Wohnungsbaukonjunktur, die sich vor allem bei der Neubauentwicklung zeigte, erfreulich.»
Alexander von Witzleben, CEO und VRP Arbonia
Die Business Unit Heiztechnik bietet einzelne Produktkomponenten sowie ganze Systemlösungen für den Wohn-, den Gewerbe- wie auch den öffentlichen Bau an. Welche Rolle können diese Systeme über Neubauten hinaus bei der Sanierung des Gebäudebestandes spielen?
Die Business Unit Heiztechnik bietet Produktlösungen für den Wohn- sowie Gewerbebau an. Sie produziert für den Renovations-/Sanierungsbau Flachheizkörper, Designheizkörper, Röhrenradiatoren, Heizwände und Konvektoren sowie Fussbodenheizungen. Diese Produkte – exklusive der Fussbodenheizung – eignen sich vor allem in den Gebäuden, die kosteneffizient gebaut werden müssen (Flachheizkörper) oder Bauten, die aufwendig saniert werden und der beispielsweise Original-Parkettboden erhalten bleiben soll (Röhrenradiator). Bei der Sanierung spielt auch der Designheizkörper im Bad eine zentrale Rolle.
Die Division Fenster musste einen Umsatzrückgang von 6,1% hinnehmen. Wo sehen Sie die Gründe?
Die Division Fenster ist die Division, die in unserem Restrukturierungsprozess die grössten Veränderungen erlebt. Aus diesem Grund liegt der Fokus dieser Division zum aktuellen Zeitpunkt nicht auf Wachstum, sondern vielmehr auf einer erfolgreichen Umsetzung der Produktionsverlagerungen. Die Division Fenster steigerte mit tieferem Umsatz die Profitabilität. Sowohl Auftragsbestand wie auch Auftragseingang sind sehr erfreulich, was zu einem deutlich besseren Ergebnis im zweiten Halbjahr führen wird.
«Wir sind nach wie vor überzeugt, dass unsere Strategie die richtige ist: Die Fenster werden in der Schweiz entwickelt und in Osteuropa produziert – in modernen Werken mit einem hoch automatisierten Maschinenpark.»
Spartenverkäufe sind ein Teil des umfassenden Konzernumbaus, die Verlegung von Fertigungskapazitäten ins Ausland ein anderer. So werden Kunststoff-Fenster nun in der Slowakei, Holz-Aluminium-Fenster künftig in Thüringen gefertigt. Welche Zwischenbilanz ziehen Sie hier und wann wird die Verlagerung abgeschlossen sein?
Die Verlagerung der Kunststoff-Fensterproduktion ins slowakische Pravenec ist abgeschlossen und der Schweizer Markt wird seit dem ersten Halbjahr 2017 vollständig von der Gesellschaft Slovaktual beliefert. Die Verlagerung der Holz/Aluminium-Fensterproduktion nach Langenwetzendorf ist komplexer. Wir gehen davon aus, dass wir diese im zweiten Halbjahr 2017 abschliessen können.
Arbonia ist der zweitgrösste Fensterhersteller Europas und die Nr. 1 in der Schweiz. Der Margendruck ist enorm und kleinere Hersteller geraten immer stärker unter Druck. Wie beurteilen Sie die Situation im Heimmarkt?
Wenn Sie die Zeitungen aufschlagen, dann können Sie lesen, dass sich Schweizer Fensterbauer zusammenschliessen, weil der eine der beiden bereits in Mazedonien produziert oder dass andere Fensterhersteller bereits ihre Schweizer Standorte schliessen mussten. Wir sind nach wie vor überzeugt, dass unsere Strategie die richtige ist: Die Fenster werden in der Schweiz entwickelt und in Osteuropa produziert – in modernen Werken mit einem hoch automatisierten Maschinenpark.
Durch die Looser-Übernahme ist Arbonia zur Nummer 2 für Innentüren in Europa geworden. Was hat hier das Geschäft im 1. Halbjahr geprägt?
Das Geschäft der Division Türen war im ersten Halbjahr 2017 hauptsächlich von der operativen und finanziellen Integration der Gesellschaften Prüm, Garant und Invado geprägt. Der Integrationsprozess verläuft plangemäss und erste Synergie-Erfolge konnten auch bereits erzielt werden.
Nach dem abgeschlossenen Verkauf des Geschäftsbereichs Beschichtungen soll jetzt auch die Division Industriedienstleistungen bestehend aus der Condecta Gruppe veräussert werden. Geht es auch bei diesem Verkauf rein um die Konzentration auf die Kerndivisionen?
Ja. Die Arbonia ist ein Gebäudezulieferer. Die Condecta Gruppe ist im Bereich Industriedienstleistungen (Schnellmontagekrane, Raumsysteme und Kunststoff-Sanitärtoiletten) tätig und passt daher nicht in das Portfolio.
Wird Arbonia seine Ziele im laufenden sowie im kommenden Jahr erreichen?
Ja, davon gehen nach wie vor aus.
Seit über zwei Jahren haben Sie – ad interim – auch die operationelle Leitung des Unternehmens inne. Wann werden Sie Ihren Nachfolger präsentieren?
Ich werde die Arbonia sicher bis zum Abschluss des eingeleiteten Restrukturierungs- und Repositionierungsprozess als CEO begleiten. Ob ich über 2018 hinaus als CEO agieren werde, müssen dann der Verwaltungsrat und die Aktionäre entscheiden.
Herr von Witzleben, wir bedanken uns für das Interview.
Zur Person:
1963, Deutscher Staatsbürger
Studium der Betriebswirtschaftslehre
CEO seit 1. Juli 2015
Präsident des Verwaltungsrats seit dem 17. April 2015
Seit 2009 Feintool International Holding AG, Lyss, Präsident des Verwaltungsrats, interimistischer CEO in 2009
2007 – 2008 Franz Haniel & Cie. GmbH, Duisburg, Mitglied des Vorstands
2003 – 2007 JENOPTIK AG, Jena (D), Vorsitzender des Vorstands, CEO
1996 – 2003 JENOPTIK AG, Jena (D), Mitglied des Vorstands, CFO
1993 – 1995 JENOPTIK AG, Jena (D), Leiter Zentralbereich Finanzen/Controlling
1990 – 1993 KPMG Deutsche Treuhand Gesellschaft, München, Prüfungsassistent/Prüfungsleiter