Alexander Zschokke, Interims-CEO Sonova Gruppe.
Von Christa Spoerle.
Moneycab: Herr Zschokke, CEO eines Unternehmens zu sein, dass vom Börsenliebling zum Buhmann degradiert wurde, was ist das für eine Erfahrung?
Alexander Zschokke: Nach dem ersten Schock hat sich die Unruhe innerhalb des Unternehmens erstaunlich rasch gelegt. Das führe ich darauf zurück, dass der Kern, der wahre Gesundheitszustand von Sonova, nach wie vor gut ist. Aber es lässt sich nicht abstreiten, dass das Vertrauen in unsere Firma in der Öffentlichkeit und bei den Investoren beschädigt worden ist. Es ist für mich eine tolle Herausforderung und auch eine grosse Ehre, Sonova wieder in ruhige Fahrwasser zu bringen und das Vertrauen wieder aufzubauen. Wir sind ein starkes Unternehmen mit tollen Produkten und sehr motivierten – ja sogar leidenschaftlichen – Mitarbeitern. Das sind wahre Werte, die so schnell nicht erschüttert werden können.
Was sehen Sie als Ihre wichtigsten Aufgaben an?
Meine Prioritäten für dieses Jahr sind klar: die Erreichung der geplanten Wachstumsraten im Kerngeschäft, den Advanced Bionics Turnaround, die erfolgreiche Einführung von neuen Produkten wie etwa Lyric sowie unsere Position als Markt- und Innovationsführer noch weiter auszubauen.
«Wir gehen von einem Wachstum vom 8-10% im Segment Hörgeräte aus und somit werden wir weiterhin schneller wachsen als der Markt. Sonova‘s Technologieführerschaft ist ungebremst: 74% des Umsatzes wird mit Produkten erwirtschaftet, die innerhalb der letzten zwei Jahre eingeführt wurden.»
Alexander Zschokke, Interims-CEO Sonova
Sonova konnte im Geschäftsjahr 2010/2011 einen neuen Rekordumsatz von 1617 Mio CHF erwirtschaften, wie hat sich die Nachfrage inzwischen entwickelt?
Wir berichten auf Halbjahresbasis, daher kann ich Ihnen keine Angaben zum laufenden Geschäftsjahr geben. Nur so viel: Sonova ist nach wie vor Marktführerin und unsere Produkte erfreuen sich grosser Nachfrage. Sonova wird auch dieses Jahr weltweit wieder Marktanteile gewinnen.
Wird Sonova weiterhin schneller wachsen als der Markt und warum?
Wir gehen von einem Wachstum vom 8-10% im Segment Hörgeräte aus und somit werden wir weiterhin schneller wachsen als der Markt. Sonova‘s Technologieführerschaft ist ungebremst: 74% des Umsatzes wird mit Produkten erwirtschaftet, die innerhalb der letzten zwei Jahre eingeführt wurden. Die Qualität unserer Produkte – also den Kundennutzen, den sie bringen – sowie unser Kundenservice sind beispiellos und machen uns deswegen so wettbewerbsfähig.
Rechnen Sie mit einer Verschiebung der Umsatzanteile der First, Business und Economy Class am Gesamtumsatz?
Nein.
Sonova will mit der Division Hörimplantate ein neues Standbein aufbauen, wie sieht da der Zeitplan aus?
Das Implantate-Geschäft ist komplementär zu den Hörgeräten und bedient einen schnell wachsenden Markt. Wir glauben, dass wir in diesem Geschäft in künftigen Jahren bedeutendes Wachstum und dadurch eine gute Profitabilität werden erzielen können. Unsere bestehenden globalen Vertriebskanäle werden zur Erreichung dieses Ziels von grossem Vorteil sein. Wir wollen mit Advanced Bionics eine starke Nummer 2 in diesem Bereich werden. Langfristig wollen wir eine EBITA-Marge in der Grössenordnung des Hörgeräte-Segments erreichen.
Wann rechnen Sie denn in etwa mit der Zulassung des Cochlea-Implantats durch die amerikanische FDA?
Wir haben die notwendige Zulassungs-Dokumentation im Mai eingereicht und warten nun auf die Antwort der FDA. Zu gegebener Zeit werden wir wieder kommunizieren.
Wie sehen Ihre Investitionspläne für 2011 und die kommenden Jahre aus?
Wir werden weiterhin in F&E investieren – 6-7% des Gesamtumsatz – um unsere Innovationsführerschaft noch weiter auszubauen.
Welche neuen Produkte bieten die grössten Zukunftschancen?
Lyric hat das Potential, eine völlig neue Zielgruppe anzusprechen und den Markt zu erweitern. Als „Kontaktlinse fürs Ohr“ spricht Lyric jene Menschen an, die sich bisher aus kosmetischen Gründen gegen eine Hörgeräteversorgung entschieden haben. Lyric ist ein einzigartiges Produkt: es ist das einzige Hörgerät, das tief im Gehörgang platziert wird und dort unsichtbar bis zu vier Monaten getragen werden kann. Der Träger kann seinen Hörverlust einfach vergessen.
«Wir werden weiterhin in F&E investieren – 6-7% des Gesamtumsatz – um unsere Innovationsführerschaft noch weiter auszubauen.»
Sonova sprach früher von einem Umsatz von über 2 Mrd CHF bis 2014 und dem Ziel der Weltführerschaft, ist davon noch die Rede?
Wir sind bereits heute klarer Marktführer und werden auch dieses Jahr wieder Marktanteile gewinnen.
Sind denn Akquisitionen noch ein Thema oder wollen sie vor allem organisch wachsen?
Wir schauen uns immer an, was sich für gute Gelegenheiten im Markt ergeben. Akquisitionen tätigen wir nur dann, wenn Sie strategisch sinnvoll sind für uns.
Wie schätzen Sie die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Führungsnachwuchses ein?
Wenn man sich vor Augen führt, wie viele Schweizer Firmen auf Ihrem jeweiligen Gebiet weltweit Markt- und Technologieführer sind, dann stimmt mich das sehr positiv in Bezug auf den Schweizer Führungsnachwuchs. Trotz Finanzkrise und belastenden Wechselkursen ist der Wirtschaftsplatz Schweiz äusserst attraktiv, stabil – und unsere Wirtschaft wächst. Das spricht einerseits für unsere guten Ausbildungsplätze und andererseits auch für eine offene und multikulturelle Firmenkultur, die viele Schweizer Unternehmen leben und pflegen.
Wie wichtig ist Diversity für Ihr Unternehmen und welche Massnahmen sind in Ihrem Unternehmen zum Thema geplant oder schon umgesetzt?
Wir sind der Überzeugung, dass eine ausgewogene Frauen- und Männerquote sowie eine gesunde Durchmischung der verschiedenen Altersstufen ein Team bereichern. Gemischte Teams sind einfach erfolgreicher. Am Standort in Stäfa beispielsweise haben wir einen Frauenanteil von knapp 50% sowie die verschiedensten Nationalitäten vertreten. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass wir, um Fachkräftemängel zu beheben, global rekrutieren müssen. Besonders stolz sind wir auch auf die Wiedereinsteigerquote von 80% von Frauen nach Ihrem Mutterschaftsurlaub.
Zur Person
Alexander Zschokke (geb. 1965, Schweizer Staatsangehöriger) arbeitet seit 2006 bei Sonova. Im März 2011 wurde er zum Interim CEO ernannt. Seit Februar 2010 war er als Group Vice President Channel Solutions für die Retail-Aktivitäten von Sonova verantwortlich, zuvor war er Group Vice President Marketing der Sonova Gruppe. Bevor er zu Sonova stiess, arbeitete er seit 2002 als Geschäftsführer für die Marketingagentur Brand View. Davor war Alexander Zschokke zehn Jahre in der Modebranche und Detailhandel tätig. Als Vice President Marketing für Bally und später für Salvatore Ferragamo war er für die Entwicklung globaler Marken zuständig. Zuvor war er als Projektmanager für Contraves tätig gewesen. Zschokke hat an der ETH Zürich, Schweiz, Maschineningenieurwesen und Betriebswissenschaften studiert und mit einem Master of Science abgeschlossen.
Zum Unternehmen
Die Sonova Firmengruppe ist einer der drei grössten Anbieter von Hörsystemen weltweit. Sie ist Marktführer in der drahtlosen Kommunikation für audiologische Anwendungen und Anbieter von professionellen Lösungen zum Schutz des Gehörs. Das Unternehmen erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2010/11einen Umsatz von 1,617 Mrd CHF. Und einen Nettogewinn von 231 Mio CHF. Die Gruppe ist in über 90 Ländern vertreten. Sie beschäftigt mehr als 6’800 Mitarbeitende, davon 22% in Amerika, 15% in der Schweiz, 22% im übrigen EMEA(ohne Schweiz) und 41% im asiatisch-pazifischen Raum und Afrika(Stand 31. März 2010). Produziert wird hauptsächlich in der Schweiz, in China und in Vietnam.