Andreas Bezner, CEO, CIO und Mitbegründer von Stableton, im Interview

Andreas Bezner, CEO, CIO und Mitbegründer von Stableton, im Interview
Andreas Bezner, CEO, CIO und Mitgründer von Stableton. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Herr Bezner, Stableton will die Privatmärkte für Kleinanleger zugänglich machen, oder „demokratisieren“ und ermöglicht ihnen mit dem neusten Zertifikat die Investition ab einer Summe von 100 CHF in erfolgreiche Jungunternehmen, sogenannte Unicorns. Was macht ein Unicorn aus?

Andreas Bezner: Unicorns sind schnell wachsende, privat gehaltene Unternehmen mit einer Bewertung von mindestens einer Milliarde US-Dollar. Typischerweise handelt es sich um innovative Leader ihrer Branche. Nicht selten lassen die Einhörner neue Segmente entstehen; dabei disruptieren auch etablierte, vormals erfolgreiche Geschäftsmodelle. Typische Merkmale von Unicorns sind ein verstärktes Engagement in Bezug auf Wachstum und Innovation. Zudem begrüssen sie neueste Technologien und sind entweder selbst Technologieentwickler, oder -anwender. Sie haben substanzielle Werte für alle Stakeholder, die Gesellschaft, Kunden, Mitarbeiter und Investoren geschaffen.

Können Sie ein paar Beispiele nennen?

Es gibt Einhörner, die bereits Berühmtheit erlangt haben, andere sind abseits ihres Sektors noch nicht allzu sehr in Erscheinung getreten. Wie beispielsweise das 2002 gegründete SpaceX: Das ist der weltweit fortschrittlichste Hersteller von Raketen und Raumfahrzeugen und ein äusserst prominentes Unicorn. Keiner der Konkurrenten kommt auch nur annähernd an die Breite des Angebots heran. Ein anderes Beispiel: Wer als Laie professionelle Grafiken einfach erstellen möchte, kennt Canva. Mithilfe der in Australien ansässigen multinationalen Grafikplattform lassen sich professionell anmutende Grafiken für Einladungen, Broschüren, soziale Medien oder Präsentationen erstellen. Oder Stripe: Die 2009 gegründete Online-Finanzinfrastrukturplattform gilt mittlerweile als einer der führenden Zahlungsdienstleister. Sie wurde für die Annahme von Zahlungen, die Steigerung des Umsatzes und die Beschleunigung neuer Geschäftsmodelle konzipiert.

Wie oft wird die Indexzusammensetzung des dem Zertifikat zugrundeliegenden Morningstar PitchBook Unicorn Select 20 Index überprüft und angepasst?

Die Zusammensetzung wird alle drei Monate überprüft und kann sich im Rahmen der quartalsweisen Neugewichtung ändern. Der Index wurde als Benchmark für das Stableton Unicorn AMC konzipiert und enthält die jeweils 20 höchstbewerteten Unicorns, gemessen an offiziellen Finanzierungsrunden. Morningstar Indexes veröffentlicht die aktuelle Indexzusammensetzung auf ihrer Webseite.

Die Zeichnungsfrist für das bankfähige, aktiv gemanagte Stableton Unicorn Index AMC läuft bis 13. Juni. Wie stark ist die Nachfrage?

Das Interesse am Stableton Unicorn Index AMC ist gross; wir erhalten Nachfragen am laufenden Band. Weil Privatmarktinvestments für viele Investoren noch Neuland sind, beschäftigen wir uns zurzeit vor allem damit, verschiedenste Aspekte rund um die Anlageklasse zu erläutern. Es handelt sich um ein Open-End-Zertifikat, und so wir erwarten regelmässige Investitionen über einen langfristigen Zeitraum. Zu erwähnen ist, dass der Kauf während der Zeichnungsfrist für Investoren etwas günstiger ausfällt, weil es noch keine An- und Verkaufsspanne gibt. Die wird allerdings mit 0.5% auch im Sekundärmarkt vergleichsweise überschaubar ausfallen.

Wie hoch sind die Managementgebühren, Transaktionskosten und jährlichen Halte- und Verkaufsgebühren?

Stableton erhält eine Verwaltungsgebühr von 1.5% p.a. sowie eine einmalige Zeichnungsgebühr in Höhe von 1.98%. Im Gegensatz zu den meisten Privatmarktprodukten werden für das Stableton Unicorn Index AMC keine Performancegebühren erhoben. Die betragen sonst typischerweise vergleichsweise hohe 20%. Das Portfolioprodukt bietet ausserdem einen besonders breiten Zugang zu Venture Capital der Spätphase. Nur eine einzige Transaktion ist für die Errichtung des Portfolios nötig. Das ist ein starkes Argument, wenn man bedenkt, welch zeitlicher und finanzieller Aufwand für die Ausführung von 20 Einzelinvestments nötig – und für fast niemanden praktisch überhaupt möglich wären.

Rechnen Sie mit einem aktiven sekundären Handel des als open end designten Wertpapiers?

Das tun wir. Schon alleine deshalb, weil Investoren in Zeiten hoher Inflation mittels alternativer Anlagen nach Diversifikation streben, um das Rendite-Risiko-Profil ihres Portfolios zu verbessern. Dieser Trend wird sich in der nächsten Zeit noch verstärken. Wachstumsunternehmen der Spätphase geraten dabei zunehmend ins Visier von Anlegern. Letztere sind fasziniert von den Erfolgsgeschichten und Innovationen. Die schnell wachsenden Branchenführer haben ihr Geschäftsmodell zudem schon unter Beweis gestellt, stehen kurz vor ihrem Break-even oder werfen sogar bereits Gewinne ab. Investoren verstehen zunehmend, dass das Renditepotenzial dieser Unternehmen gross ist und sie das stärkste Wachstumspotenzial aufweisen, bevor sie an die Börse gehen. Davon abgesehen können bestimmte Anlagethemen, die über den öffentlichen Markt gar nicht oder nur schwer investierbar sind, präziser abgebildet werden. Typische Beispiele sind Technologiethemen wie künstliche Intelligenz oder Space Technology. Was ausserdem noch für einen langfristig aktiven Sekundärmarkthandel spricht: Das Produkt ist sehr transparent und wird jeweils aktuell anhand tatsächlicher Zweitmarktpreise und Referenztransaktionen der zugrundeliegenden Unternehmen marktnah bepreist.

«Investoren streben in Zeiten hoher Inflation mittels alternativer Anlagen nach Diversifikation, um das Rendite-Risiko-Profil ihres Portfolios zu verbessern.»
Andreas Bezner, CEO, CIO und Mitbegründer von Stableton

Sind Privatmarktanlagen für private Anleger geeignet?

Der Zugang zum Privatmarkt war lange einer „Elite“ vorbehalten. Auch sollte man bei Privatmarktanlagen grundsätzlich einen langfristigen Anlagehorizont haben, für kurzfristiges Trading ist die Assetklasse weniger geeignet. Vor diesem Hintergrund wurde das Stableton Unicorn AMC bewusst ´open end´ designt. Es soll alle Investoren, institutionelle wie private Anleger, langfristig am starken Entwicklungspotenzial der Einhörner teilhaben lassen – dies mit deutlich verbesserter Liquidität im Vergleich zu üblichen Privatmarktlösungen. Dank dem Stableton Unicorn AMC sind wir der Demokratisierung des Privatmarkts einen grossen Schritt weitergekommen.

Ihr anderes Zertifikat “Future of Finance – Private Market Champions AMC” investiert in die Finanzunternehmen von morgen, u.a. Blockchain-Projekte, Neobanken oder Projekte im dezentralisierten Finanzmarkt (DeFi). Dort werden klassische Finanzintermediäre jedoch obsolet – investieren Sie da nicht in den eigenen Untergang?

Nun, ich würde es eher wie folgt formulieren: Wer sich nicht frühzeitig mit Ineffizienzen und (strukturellen) Problemen des eigenen Markts auseinandersetzt, wird langfristig scheitern. Es macht doch keinen Sinn, wertschaffende Entwicklungen zu ignorieren, nur weil sie einem lange bewährten Geschäftsmodell gefährlich werden könnten. Vor der Zukunft kann sich niemand verschliessen. Erfolgreiche Marktakteure, die felsenfest der Meinung sind, sie seien vor Innovation gefeit, werden eher Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sein. Es gilt immer, das eigene Denkmodell zu hinterfragen – und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln. Hinterfragt man den eigenen Status Quo nicht, wird es früher oder später ein anderer tun. Stableton zum Beispiel konzentriert sich auf Innovation und Disruption und nicht auf die Verteidigung traditioneller Marktanteile. Wenn man sich zeitig mit relevanten Innovationen auseinandersetzt, ist eine langfristige und erfolgreiche Positionierung möglich.

«Erfolgreiche Marktakteure, die felsenfest der Meinung sind, sie seien vor Innovation gefeit, werden eher Teil des Problems und nicht Teil der Lösung sein.»

Glauben Sie, dass der DeFi Potenzial hat?

Decentralized Finance (Defi) hat definitiv Potenzial. Schon alleine, weil die Demokratisierung von Vermögenswerten unaufhaltsam voranschreitet. Neue Technologien machen es möglich: Sie setzen nie dagewesene Mechanismen zur Kapitalbeschaffung und -verteilung frei. So werden in Zukunft alternative Anlagewerte wie Privatmarktinvestments nicht mehr einer kleinen Gruppe von Investoren vorbehalten sein. Doch nicht nur Defi, sondern der gesamte Fintech-Markt blickt in eine vielversprechende Zukunft. Zum Sektor gehören auch Modern Payments, AI und Data-driven Finance, Embedded Finance, Blockchain sowie Neobanking. Viele Akteure dieser sogenannten „Verticals“ haben sich in der jüngsten Zeit als ausgewiesene Disruptoren erwiesen und die Finanzbranche „neu gedacht“. So wurden weitere Kundensegmente erschlossen und neue Subsegmente innerhalb der Finanzindustrie geschaffen.

Ein paar Fakten: Der globale, 23-Billionen-Dollar grosse Finanzmarkt wird weiter disruptiert werden. Insbesondere die neu entstandenen Bereiche Digital Banking, Payment Systems, Alternative Financing, Blockchain Custody, Financial Data und Insurtech machen dabei von sich reden. Ungefähr 235 Fintech-Unicorns gibt es derzeit weltweit. 12 Unternehmen weisen sogar einen „Decacorn“-Status auf. Es ist richtig, dass die Bewertungen vieler Branchenmitglieder im Zuge der Wirtschaftskrise in den letzten Monaten zurückgekommen sind. Aus Investorensicht bietet das gute Einstiegsgelegenheiten.

Wie kamen Sie auf die Geschäftsidee für Stableton?

2015 nahm ich an einem Seminar zum Thema „Mitarbeiteroptionen“ teil. Dort lernte ich meinen Gründungspartner Konstantin Heiermann, den heutigen CFO und COO von Stableton, kennen. Konstantin war damals noch CFO eines schnell wachsenden, Private Equity-finanzierten Schweizer Medtech-Unternehmens. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten einen intensiven fachlichen Austausch über unterschiedliche Finanzthemen. Schliesslich kamen wir auf das Thema, das alle umtreibt: die hohen Einstiegshürden und der begrenzte Zugang zu Private Equity und Venture Capital, selbst für qualifizierte Investoren. Wir trafen uns wieder und sprachen weiter über die begrenzte Liquidität des Sekundärhandels, die nicht vorhandene Möglichkeit, Privatmarktinvestments in ein Depot zu buchen sowie den mit einem Investment allgemein verbundenen Aufwand. Nach und nach entwickelten wir unser Geschäftsmodell. Im Jahr 2018 haben wir schliesslich eine Plattform lanciert, die es Anlegern ermöglicht, auf einfache Weise in Wachstumsunternehmen der Spätphase zu investieren – das Fundament der heutigen Stableton Financial AG.

Wie ist Stableton finanziert und wie hoch ist der Anteil der Schweizer Mediengruppe TX Group?

Wir haben im Juni 2022 eine sehr erfolgreiche Serie-A-Finanzierungsrunde in Höhe von 15 Millionen Schweizer Franken abgeschlossen. Das war noch vor der Zeit des beginnenden Abschwungs und der Neubewertung von Risiken und kurz bevor es für viele junge Unternehmen bereits sehr schwer geworden war, neue Mittel aufzunehmen. Entsprechend stellt unsere sehr solide Finanzierung eine wichtige Grundlage dar, als Gewinner aus der derzeitigen Marktsituation hervorzugehen.

Zu unseren Investoren gehören die deutsche Private-Equity-Firma DEWB, der C3 EOS VC Venture Fund, mehrere Family Offices, Mitarbeitende und Partnerunternehmen. Der Digital Finance Investor DEWB, zusammen mit TX Ventures, die Tech-Tochter des Schweizer Medienhaus TX Group, sind dabei die grössten externen Investoren. Gemeinsam machen sie aber weniger als 20% des Aktionariats aus. Der Erfolg unserer Serie-A-Finanzierungsrunde ist Zeugnis dafür, dass wir als etablierter Akteur im Privatmarkt-Bereich wahrgenommen werden.

«Ich bin überzeugt, dass sich die Entwicklungen der letzten 20 Jahre bei börsenkotierten Investments ebenfalls im Bereich Venture Capital durchsetzen werden, dies in eher fünf bis zehn Jahren.»

Wirtschaftet Stableton profitabel?

Hinsichtlich unserer Geschäftszahlen halten wir uns grundsätzlich bedeckt. Ich kann aber verraten, dass wir nach operativer Profitabilität im Jahr 2021 vor allem im letzten Jahr in Wachstumsinitiativen und Mitarbeiteraufbau investiert haben, was die Grundlage für unser Wachstum in der Zukunft gelegt hat. Die Lancierung des Stableton Unicorn Index AMC ist ein erstes Beispiel dafür. Nun freuen wir uns, diese Finanzinnovation in der Schweiz sowie international auszurollen. Zeitgleich mit der Lancierung des Stableton Unicorn Index AMC bieten wir qualifizierten Anlegern auch die Möglichkeit, sich jeweils einzeln an allen Index-Bestandteilen zu beteiligen, mit deutlich verbesserter Liquidität.

Alleine schon diese beiden Teilbereiche – es ist noch mehr geplant – werden in den nächsten Jahren für überaus starkes und profitables Wachstum sorgen. Ich bin überzeugt, dass sich die Entwicklungen der letzten 20 Jahre bei börsenkotierten Investments (passive Anlageprodukte, bessere Zugänge und eine Verbesserung der Markteffizienz) ebenfalls im Bereich Venture Capital durchsetzen werden, dies in eher fünf bis zehn Jahren. Ähnlich dem, wie durch die Börsenentwicklung Vanguard und Blackrock zu absoluten Finanzgiganten avancierten, wird auch die aktuelle Entwicklung im Bereich der Privatmärkte neue Multimilliarden-Gewinner hervorbringen. Wir wollen hier ganz vorne dabei sein.

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