Andreas Ronchetti, CEO von WWZ, im Interview

Andreas Ronchetti Salomon

Andreas Ronchetti Salomon, CEO WWZ. (Foto: zvg)

von Bob Buchheit

Moneycab.com: Herr Ronchetti, wo denken Sie wird sich der in den letzten beiden Jahren sehr volatile Strompreis für den Verbraucher in etwa einpendeln?

Andreas Ronchetti: Die Strommarktpreise haben sich nach den sehr hohen Ausschlägen aktuell wieder stabilisiert, bewegen sich jedoch nach wie vor über dem Niveau vor der Krise. Die meisten Verbraucherinnen, Verbraucher sind in der Grundversorgung. Für die Grundversorgung beschaffen wir den Strom im Voraus gestaffelt über mehrere Jahre. Dies führt zu einer Glättung der Stromtarife. Die Margen in der Grundversorgung sind gesetzlich vorgegeben und werden streng überwacht. Die tieferen Beschaffungspreise erlauben uns, die Stromtarife für 2025 um durchschnittlich 12 Prozent zu senken.

Einige Versorger haben den Niedertarif abgeschafft. Bei WWZ ist der Preisunterschied zum Grundtarif bereits deutlich zusammengeschrumpft. Droht auch hier der Einheitstarif?

Auch bei WWZ nähern sich Tag- und Nachttarif weiter an. Der Niedertarif kommt aus einer Zeit, in der wir nachts ein Stromüberangebot hatten. Man wollte einen Anreiz schaffen, damit die Verbraucherinnen und Verbraucher z. B. ihre Boiler nachts aufheizen. Heute verlagert sich das Stromüberangebot zunehmend in den Tag. Das hängt mit der Reduktion der Bandenergieproduktion und der Zunahme von Photovoltaikanlagen zusammen. Die PV-Anlagen produzieren über die Mittagszeit am meisten Strom. Um Angebot und Nachfrage besser aufeinander abzustimmen, können zeit- oder saisonabhängige Tarife oder sogar dynamische Tarife in Zukunft sinnvoll sein. Einige Stromanbieter gehen bereits in diese Richtung. Verbraucherinnen, Verbraucher profitieren dann von tieferen Tarifen bei hohem Stromangebot, sofern sie ihren Stromverbrauch entsprechend steuern. Wir haben noch keine dynamischen Tarife, beobachten aber die Entwicklung, Praxiserfahrung und Kundenfreundlichkeit der Tarifsysteme genau.

«Die tieferen Beschaffungspreise erlauben uns, die Stromtarife für 2025 um durchschnittlich 12 Prozent zu senken.»
Andreas Ronchetti, CEO von WWZ

Die Finanz- und Wertschriftenanlagen von WWZ entwickelten sich im H1 2024 dank der boomenden Börse sehr gut. Das Finanzergebnis lag mit sechs Millionen Franken um 2,1 Millionen klar über dem Vorjahr, und damit stieg der Konzerngewinn von 15,7 auf 17,1 Millionen Franken: Wo sind Sie hauptsächlich investiert?

WWZ hält eine Beteiligung an Windkraftanlagen in Deutschland und strategische Beteiligungen in der Schweiz. Daraus erzielen wir Dividendenerträge und Wertsteigerungen. Ein Teil der Liquidität ist zudem in Wertschriften, hauptsächlich defensiven Aktien, angelegt. Das Finanzergebnis schwankt, je nachdem wie sich die Börse und die Beteiligungen entwickeln. Im H1 war der Ertrag sehr gut und über die letzten Jahre gesehen konnte WWZ sehr positive Finanzergebnisse erzielen.

Ihr CFO Philipp Holenstein war sicher sehr glücklich über die erfolgreiche Platzierung der mit 14 Jahren sehr langlaufenden Anleihe mit nur 1,85 Prozent Zins. Die 100 Millionen wird in die erneuerbare Energieversorgung gesteckt. Geschieht dies vornehmlich im Bereich Fernwärme?

WWZ kann sich erfolgreich am Kapitalmarkt refinanzieren und geniesst ein attraktives AA- Rating. Unsere Eigenkapitalquote beträgt nach Aufnahme der Anleihe weiterhin über 70 Prozent. Die Mittel fliessen in unsere Wachstumsprojekte, primär in den Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung. Wir bauen im Kanton Zug mehrere Fernwärmeverbünde und damit eine langfristige und klimafreundliche Wärmeversorgung. Damit leistet WWZ einen grossen Beitrag zur Dekarbonisierung und CO2-Reduktion im Kanton Zug. Zudem bauen wir die Energiedienstleistungen und Produktpalette für unsere Kundinnen und Kunden aus. Zum Beispiel Batteriespeicherlösungen, die es den Kunden ermöglichen, ihren Stromverbrauch zu optimieren, Stromkosten zu sparen und sogar Zusatzerträge zu erzielen.

Wie viele Objekte sind mittlerweile dem Wärmeverbund Ennetsee angeschlossen?

Wir sind noch mitten in der Ausbauphase des Wärmeverbunds Ennetsee. In Rotkreuz haben wir bereits 100 Gebäude unter Vertrag. Der Verbund wird Richtung Hünenberg und Cham weiter ausgebaut. Da kommen viele weitere Gebäude dazu. Das Projekt entwickelt sich erfreulich. Wir rechnen mit einer Wärmeabgabe von 68 GWh pro Jahr. Dies entspricht einer CO2-Reduktion von 12’000 Tonnen im Jahr. Fernwärme macht alte Gebäude zukunftssicher. In vielen alten Gebäuden sind immer noch Öl- und Gasheizungen im Einsatz. Heizen mit Fernwärme ist effizient, umweltfreundlich und kostet langfristig weniger als Heizlösungen mit fossiler Energie.

Wie ist aus Sicht der Leistung der Ausbaustand von Circulago?

Circulago hat eine Leistung von 44 Megawatt für Fernwärme. Unter Vertrag sind bereits 184 Objekte, was circa dreiviertel der Leistung entspricht. Nach Fertigstellung des Grossprojekts spart die Stadt Zug und Baar-Süd jährlich 25’000 Tonnen CO2 ein. Ein unterirdisches Verteilnetz erstreckt sich über die Stadt Zug und leitet die Energie an Quartierzentralen weiter, an deren wiederum Wärmenetze angeschlossen sind. Die Hauptenergiequelle ist Seewasser – ebenfalls regional und erneuerbar.

«Circulago hat eine Leistung von 44 Megawatt für Fernwärme. Unter Vertrag sind bereits 184 Objekte, was circa dreiviertel der Leistung entspricht.»

WWZ macht ihrem Namen Ehre und versorgt Zug, Cham, Hünenberg und Walterswil auch mit Wasser. Wieso ist da der Tarif so viel günstiger als in den Zuger Berggemeinden?

Eine sichere und zuverlässige Wasserversorgung ist uns sehr wichtig. In der Tat lag der Ursprung der WWZ vor über 130 Jahren im Aufbau der Wasserversorgung der Stadt Zug. Die Wassertarife sind kostenorientiert. Sie hängen stark von der Infrastruktur und deren Kosten ab, zum Beispiel für die Wassergewinnung, Leitungslängen, Anschlussdichte und vieles mehr. Je nach Gemeinde sind die Infrastrukturkosten und die Gegebenheiten unterschiedlich.

Im sehr kompetitiven Telekomgeschäft hält sich Ihre Firma gut, dank der guten technischen Abdeckung mit 90 Prozent Anteil Glasfaserleitungen. Bleibt es in den nächsten Jahren etwa beim jetzigen Umsatzwachstum von 1,5 Prozent?

Unser Anspruch ist, kompetitive Produkte mit einem regionalen und guten Kundenservice anzubieten. Unsere Kundennähe, die regionale Verankerung, unser soziales Engagement und Sponsoring für die Region ist sicher ein Vorteil. Dies wird von den Kundinnen und Kunden geschätzt. Mittelfristig sehen wir gute Chancen, unseren Footprint regional auszuweiten und unsere Produkte auf weiteren Drittnetzen anzubieten. Dank der Optimierung der Produkt-beschaffung erwarten wir zudem eine Verbesserung der Bruttomargen.

Die flüssigen Mittel betragen zurzeit über 100 Millionen Franken. Könnten damit auch Übernahmen getätigt werden oder fliesst alles in Infrastruktur?

Eine ausreichende Liquidität und eine solide Finanzierung ist für ein Versorgungsunternehmen sehr wichtig. Dies hat auch die Stromkrise 2021/22 gezeigt. Eine solide Finanzierung erhöht die Risiko- und Handlungsfähigkeit. WWZ ist überdurchschnittlich gut aufgestellt. Die finanziellen Mittel fliessen primär in organisches Wachstum. Übernahmen stehen nicht im Vordergrund, sind aber durchaus möglich und auch finanzierbar. Darüber hinaus streben wir eine angemessene Dividendenrendite für die Aktionärinnen und Aktionäre an.

«WWZ ist überdurchschnittlich gut aufgestellt. Die finanziellen Mittel fliessen primär in organisches Wachstum.»

Die WWZ-Aktie war in den letzten Monaten kein Renner und kostet nur noch die Hälfte des Buchwertes. Wäre ein aktionärsfreundlicher Aktienrückkauf eine Option?

Ein Aktienrückkauf ist aktuell kein Thema. Wir haben genügend vielversprechende Projekte, um die finanziellen Mittel in profitables Wachstum zu investieren. Wir sind überzeugt, damit angemessene Renditen und Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen. Darüber hinaus wollen wir gute Dividenden zahlen. Das Infrastruktur- und Energiegeschäft ist sehr langfristig orientiert. Aufbauinvestitionen in die Infrastruktur wie beispielsweise in die Fernwärme brauchen mehrere Jahre, bis sie kostendeckende Erträge abwerfen. Dann bringen sie jedoch stabile und sehr gute Cashflows. WWZ ist in einer Phase mit hohen Wachstumsinvestitionen. Mittelfristig erwarten wir eine Erhöhung der Profitabilität.

Exit mobile version