Andreas Stehrenberger, Managing Director AirPlus Schweiz, im Interview
Von Denise Weisflog
Grossbritannien steht vor dem Brexit, in den USA regiert Trump, Frankreich und Belgien wurde von Terrorattacken erschüttert. Bleiben Schweizer Geschäftsleute nun zuhause?
Andreas Stehrenberger: Tatsächlich registrieren wir zurzeit rund 4,5 Prozent weniger Flugbuchungen. Andererseits gehören gerade die USA und Grossbritannien zu denjenigen Destinationen, für die wir die meisten Flüge verzeichnen. Unsere aktuelle Travel Management-Studie zeigt, dass 59 Prozent aller britischen Reiseplaner davon ausgehen, dass in Zukunft mehr gereist wird. Dies, weil sich das Pfund infolge des Brexits abschwächen dürfte und die Angebote günstiger werden.
«In den ersten drei Monaten 2017 wurde mehr gereist, allerdings in einem sehr engen Kostenrahmen.» Andreas Stehrenberger, Managing Director AirPlus Schweiz
Die Terrorattacken haben insofern einen Einfluss auf Geschäftsreisen, als dass das Sicherheitsdenken eine grössere Rolle spielt. Jedes Unternehmen hat eine Duty of Care, also eine Führsorgepflicht, gegenüber seinen Mitarbeitern. Es muss wissen, wo sich jeder einzelne Reisende befindet, um im Krisenfall reagieren zu können. Dafür stellt AirPlus seinen Kunden zeitgenaue Daten zur Verfügung.
Im Vergleich zum Vorjahr waren die Business Travellers 2016 weniger unterwegs und gaben für Flugtickets und Zugfahrten weniger aus. Setzt sich der Negativtrend dieses Jahr fort?
Die Konjunkturforschung prognostiziert ein gewisses Wachstum. In den ersten drei Monaten 2017 wurde mehr gereist, allerdings in einem sehr engen Kostenrahmen. Dennoch sahen wir nicht nur bei den Flugtickets, sondern auch beim Umsatz einen Anstieg. Das gute Ergebnis ist teilweise mit dem späten Datum von Ostern zu erklären, doch wir sind generell zuversichtlich.
Warum mussten Schweizer Unternehmen letztes Jahr mehr aufs Portemonnaie schauen?
Der starke Franken wirkte sich negativ auf den Export aus. Um den Gewinn nicht zu minimieren, versuchten die Unternehmen, möglichst viele Kosten einzusparen. Bei solchen Massnahmen stehen die Geschäftsreisen in der Regel an vorderster Stelle, weil man hier sofortige Sparmöglichkeiten vermutet.
«Dass wir mehr Hotelbuchungen verzeichnen, liegt nicht daran, dass insgesamt mehr Unterkünfte gebucht wurden. Vielmehr profitieren wir von der vermehrten Nutzung der AirPlus Kreditkarten-Zahlungslösungen.»
Trotzdem registrierten Sie mehr Hotelbuchungen zu teureren Preisen?
Ja, doch muss man diese Zahl differenziert betrachten. Dass wir mehr Hotelbuchungen verzeichnen, liegt nicht daran, dass insgesamt mehr Unterkünfte gebucht wurden. Vielmehr profitieren wir von der vermehrten Nutzung der AirPlus Kreditkarten-Zahlungslösungen. Diese ist um 13 Prozent gewachsen. Die Höhe der Übernachtungspreise variiert von Destination zu Destination stark. Schweizer Geschäftsleute reisen innerhalb Europas am häufigsten nach London, im interkontinentalen Bereich nach New York, gefolgt von Shanghai und Moskau. In allen diesen Destinationen sind die Hotelpreise gestiegen. Da sie aus der Schweiz sehr stark angeflogen werden, erhöht sich der durchschnittliche Hotelpreis.
Sie haben die Top-Destinationen genannt. Welche Ziele haben den Anschluss verloren – nach Istanbul wird wohl nicht mehr häufig gereist?
Das ist korrekt, allerdings war Istanbul bei uns nie eine zentrale Destination. Im Gegensatz zu den USA, Grossbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien. Ziele wie Düsseldorf, Wien und Berlin bleiben daher unverändert im Top-Ranking. Interessant ist, dass die Terroranschläge der letzten Jahre keinen Einfluss auf die Reisetätigkeit nach Paris und Brüssel hatten. Wobei zu sagen ist, dass Brüssel eine so hohe politische und wirtschaftliche Bedeutung hat, dass kein Weg daran vorbeiführt.
Wer darf heute noch Business Class fliegen?
Grundsätzlich gilt die Faustregel, dass Geschäftsflüge von bis zu vier oder fünf Stunden in der Economy Class gebucht werden müssen. Davon ausgenommen sind die aller obersten Führungsetagen. Diese dürfen nach wie vor vom Comfort der Business Class profitieren. Folglich notieren wir auch innerhalb Europas einen grossen Anteil an Tickets in der Business-Klasse.
Wie sieht es bei der First Class aus?
Hier gilt dasselbe Prinzip. Die mittleren und unteren Kader fliegen auf Langstrecken Business Class, während die Unternehmensspitze die Möglichkeit hat, First Class zu buchen. Bei den ganz grossen Konzernen ist dies nach wie vor die Regel. Daneben gibt es aber auch grosse Unternehmen, deren Reiserichtlinien sämtlichen Mitarbeitenden vorschreiben, weltweit nur Economy Class zu buchen.
Die vielgepriesene Premium Economy, also die Zwischenklasse zwischen Economy und Business, scheint ab der Schweiz für Langstrecken noch keine echte Alternative zu sein?
Nein. Es gab zwar eine marginale Verschiebung zu Gunsten der Premium Economy Class. Oft werden Mitarbeiter jedoch dazu angehalten, auf bestimmten Strecken das günstigste Angebot zu buchen, also die klassische Economy Class. Natürlich bietet Premium Economy gewisse Vorteile bezüglich Flexibilität und Comfort, widerspricht aber in vielen Fällen den Reiserichtlinien der Unternehmen. Es gibt auch keinen Anreiz, Premium Economy statt Business Class zu buchen, denn die Produktunterschiede zwischen den beiden Klassen sind signifikant. Während in der Business Class Flat Beds zum Standard gehören, findet man in der Zwischenklasse nur herkömmliche Flugzeugsitze – wenn auch mit mehr Beinfreiheit.
Dann entspricht die Premium Economy Class gar nicht dem Zeitgeist?
Mit der neuen Zwischenklasse versuchten die Airlines, den Trend Richtung Economy Class abzuschwächen. Dies ist teilweise gelungen, jedoch nicht in dem Ausmass, wie es die Fluggesellschaften erwartet hatten.
Was definitiv dem Zeitgeist entspricht, ist das Thema Sharing Economy. Inwiefern ist es für Business Travellers relevant?
Anfangs waren die Firmen sehr zurückhaltend, nun hat die Wirtschaft des Teilens auch das Geschäftsreise-Segment erreicht. Früher war es für Unternehmen nicht möglich, abzuschätzen, welchen Standard man bei Airbnb und Co. erwarten durfte. Nichts war reguliert, auch Sicherheitsfragen blieben ungeklärt. Heute ist dies anders, viele Firmen nehmen Sharing Economy-Angebote in die Produktpalette auf, wir selbst haben eine Anbindung an Airbnb. Auch Uber wird mittlerweile akzeptiert und häufig als Alternative zu klassischen Taxifahrten genutzt.
«Viele Firmen nehmen Sharing Economy-Angebote in die Produktpalette auf, wir selbst haben eine Anbindung an Airbnb.»
Aber AirPlus setzt nicht auf Uber, sondern auf SnapCar.
In Frankreich haben wir eine Zusammenarbeit mit SnapCar, in Deutschland mit mytaxi. Unser Angebot ist mit demjenigen von Uber vergleichbar, allerdings bieten wir den Vorteil, dass die Reisestellenkarte im Buchungsprofil hinterlegt wird. In dem Moment, in dem der Reisende am Ziel ankommt, wird die Rechnung automatisch ins Zahlungssystem geleitet, sodass Barzahlungen und Spesenabrechnungen überflüssig werden.
Setzen Unternehmen mittelfristig ganz auf Sharing Economy?
Wie bei jedem neuen Thema gibt es auch hier Vorbehalte. Dies war beim Aufkommen der Low Cost Carriers nicht anders. Damals konnte sich kein Unternehmen vorstellen, seine Mitarbeitenden auf einen Günstigflieger zu buchen. Erst, als diese anfingen, Low Cost Airlines privat zu nutzen, wurden sie auch für Geschäftsreisen salonfähig. Dasselbe Phänomen sehen wir nun bei Sharing Economy-Angeboten. Ein Ingenieur, der zwei Monate vor Ort ist, möchte in dieser Zeit nicht im Hotel wohnen, sondern in einer privaten Unterkunft, wo er auch einmal Frühstück machen kann. Diesem Bedürfnis möchten die Unternehmen Rechnung tragen, weshalb sie immer häufiger offen für Sharing Economy-Angebote sind.
Kann man dadurch auch Geld sparen?
Grundsätzlich schon, allerdings müssen die entsprechenden Mechanismen eingestellt werden. Im klassischen Hotelbereich existieren gute Datenbanken, mit denen klare Kostenrahmen vorgegeben werden können. Beispielsweise maximal 400 Franken pro Übernachtung in New York oder 200 Franken in Düsseldorf. Diese Werte fehlen im Sharing Economy-Bereich noch. Firmen müssen sich Gedanken darüber machen, wie viel beispielsweise ein Airbnb-Angebot kosten darf, wo die Vorteile dieser Produktlösung sind und in welchen Destinationen sie genutzt werden dürfen. Hier gibt es noch Nachholbedarf.
«Meiner Meinung nach liegt die grösste Kostenfalle im Irrglauben, mit einer Online-Booking-Engine könne man Geld sparen, weil die Beratungsgebühr des Reisebüros wegfällt.»
Welches sind die grössten Kostenfallen bei Geschäftsreisen?
Heute nutzen viele Unternehmen eine implementierte Online-Booking-Engine. Diese kommt einem sogenannten Insourcing gleich, das heisst, der Mitarbeiter bucht seine Flüge selbst. Solange es sich um einfache Punkt-zu-Punkt-Verbindungen handelt, ist dies unproblematisch. Sobald die Buchung aber komplexer wird, entstehen unnötige Kosten, weil das Know-how eines professionellen Reiseberaters fehlt. Nur ein spezialisiertes Geschäftsreisebüro, eine sogenannte Travel Management Company, ist in der Lage, optimierte Tickets zusammenzustellen. Meiner Meinung nach liegt die grösste Kostenfalle im Irrglauben, mit einer Online-Booking-Engine könne man Geld sparen, weil die Beratungsgebühr des Reisebüros wegfällt.
Haben Sie konkrete Spartipps für die Unternehmen?
Ich empfehle, eine Reise so früh als möglich zu planen. Oft wird die Bedeutung von Vorausbuchungen unterschätzt. Nur wer rechtzeitig plant, kommt an die besten Angebote. Null bis zwei Tage vor Abflug sind Tickets und Hotelübernachtungen am teuersten. Der ideale Buchungszeitpunkt hängt vom Produktmix und der Destination ab – Reisen an Hotspots plant man am Besten mindestens einen Monat im Voraus. Ein weiteres Sparpotenzial liegt in den Zahlungsmethoden. In unserer Studie haben wir festgestellt, dass auf vielen Geschäftsreisen nach wie vor bar bezahlt wird. Wir empfehlen, auf virtuelle Kreditkarten umzustellen, die den Abrechnungsprozess massiv vereinfachen. Damit fallen hohe versteckte Kosten weg.
Werden Geschäftsreisen in Zukunft billiger?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Zwar sehen wir in sämtlichen Dienstleistungssegmenten – ob Bahn oder Airlines – einen Trend zu tieferen Preisen. Dieser kann jedoch nicht ewig anhalten, weil sonst die Rentabilität in Gefahr ist. Punktuell wird es noch Vergünstigungen geben, einen grossen Bedarf orte ich im Hotelsektor. Wenn in den sogenannten Hot-Destinations wie London, New York oder Moskau das Angebot aufgestockt oder die Nachfrage schwächer würde, würde dies sicher eine Normalisierung der Übernachtungspreise bewirken.
Der Gesprächspartner:
Andreas Stehrenberger ist seit September 2016 Geschäftsführer der AirPlus Schweiz. Vor seinem Wechsel zu AirPlus war Andreas Stehrenberger als Head of Client Management & Sales Switzerland bei American Express Global Business Travel tätig.
Seine Tourismus-Karriere startete Andreas Stehrenberger mit verschiedenen Ausbildungen in der Schweiz und im Ausland. Nach mehreren Jahren in diversen Reisebüros wechselte er als Sales Manager für die Schweiz zu Scandinavian Airlines System. Anschliessend war er als Director of Business Travel Switzerland und Project Leader for Corporate Flyway für die Lufthansa AG tätig. Nach einem Abstecher zur Austrian Airlines Group als Country Manager Switzerland/Liechtenstein wechselte er als Director of International Account Management zu BTI Central Europe (Kuoni). Danach war er mehrere Jahre als Director Client Management & Sales Europe Central bei der Hogg Robinson Group tätig.
Das Unternehmen:
AirPlus ist ein führender internationaler Anbieter von Lösungen für das tägliche Management von Geschäftsreisen. Über 49‘000 Firmenkunden setzen bei der Bezahlung und Auswertung ihrer Geschäftsreisen auf AirPlus. Unter der Marke AirPlus International werden die Produkte und Dienstleistungen weltweit vertrieben. Der AirPlus Company Account ist das erfolgreichste Abrechnungskonto innerhalb des UATP. Weitere Informationen auf www.airplus.com.