Andreas Waespi, CEO Bank Coop

Andreas Waespi, CEO Bank Coop.

Von Radovan Milanovic

Moneycab: Vor allem durch den Wegfall der IT-Migrationskosten und Sonderposten wie den Verkauf einer Beteiligung konnte die Bank Coop für das erste Semester ein im Vergleich zur Vorjahresperiode um 24 Prozent höheres unbereinigtes Ergebnis von 45,4 Mio. CHF erwirtschaften. Ist mit dem Wegfall dieser Positionen in Zukunft mit Gewinnrückgängen zu rechnen?

Andreas Waespi: Der Bruttogewinn für das erste Halbjahr 2012 war mit 45,4 Mio. CHF sehr erfreulich. Korrekt ist, dass der Wegfall der IT-Migrationskosten, welche die Vorjahresergebnisse belasteten, zu dieser Steigerung beigetragen hat. Die Migration konnte erfolgreich abgeschlossen werden, so dass ausser den üblichen IT-Betriebskosten keine Belastungen in diesem Ausmass mehr zu erwarten sind. Der Verkauf einer Beteiligung mit einem Erlös von 3,2 Mio. CHF war ein Sonderfaktor.

«Im Moment profitiert der Schweizer Immobilienmarkt weiter von einer hohen Zuwanderung, der stabilen Wirtschaftslage und tiefen Zinsen.» Andreas Waespi, CEO Bank Coop

Entscheidend für die zukünftige Entwicklung der Bank Coop ist, dass wir auf gesundem Fundament stehen und in den letzten Jahren eine gute Ausgangsbasis geschaffen haben. Wir haben bei den Kundengeldern erstmals die 10 Milliarden-Grenze überschritten und haben eine hohe Qualität bei unseren Hypothekarportfolios. Hier werden nun die ersten Erfolge unserer Strategie sichtbar, uns ganz auf die Kundschaft auszurichten und Back-Office-Dienstleistungen unserem Mutterhaus, der Basler Kantonalbank, oder Spezialisten zu überlassen. Neben den Faktoren, die wir selbst beeinflussen können, existieren natürlich noch die Unsicherheiten des Marktumfeldes, welche ausserhalb unseres Einflussbereichs liegen. Diese werden wesentlich zur gesamten Entwicklung des Finanzbereichs beitragen.

Sie berichteten ebenso vom verbesserten Zinsgeschäft. Normalerweise beklagen sich die Banken in Zeiten tiefer Zinsen über schwierigere Ertragsmöglichkeiten. Auf welcher Basis beruht Ihr Erfolgsrezept?

Die Zinsmargen befinden sich in der Schweiz auf einem historischen Tief. Dies wirkt sich stark auf das Zinsengeschäft aus, welches unser zentraler Ertragspfeiler ist. Dass wir im ersten Halbjahr hier erfolgreich waren, hängt mit einer guten Planung und einer rechtzeitigen Anpassung der Konditionen zusammen, indem die tieferen Zinseinnahmen durch geringere Refinanzierungskosten mehr als kompensiert werden konnten. Gleichzeitig gelang es der Bank Coop auch durch eine selektivere Kreditvergabe im Neugeschäft eine leicht höhere Marge zu erzielen. Schliesslich profitierten wir im 1. Halbjahr 2012 von tieferen Zinsabsicherungskosten bei unveränderter Risikoexposition.

In Bezug auf die Vergabe von Hypotheken verstärkt die Bank Coop die Selektivität in Bezug auf Risiko-/Renditeüberlegungen. In den vergangenen Monaten wurde vermehrt auf eine mögliche Überhitzung des Immobilienmarktes, insbesondere in Zürich aufmerksam gemacht. Wie schätzen Sie die Lage des schweizerischen Immobilienmarktes ein?

Schweizweit kann man im Durchschnitt noch nicht von einer Blase sprechen. Dennoch ist zu bedenken, dass in einzelnen Regionen, wie Zürich oder Genf die Preise für Liegenschaften ein Niveau erreicht haben, deren Nachhaltigkeit in Frage gestellt werden kann. Im Moment profitiert der Schweizer Immobilienmarkt weiter von einer hohen Zuwanderung, der stabilen Wirtschaftslage und tiefen Zinsen. Wenn sich diese Rahmenbedingungen verändern, könnten Probleme auftreten. Insgesamt steigt somit die Wahrscheinlichkeit, dass der Schweizer Immobilienmarkt in der nächsten Zukunft Rückschläge hinnehmen muss. Ob diese aufgrund der Erfahrungen aus der letzten Immobilienkrise besser abgefedert werden können, müsste sich dann zeigen.

Ihr Hypothekarbestand wuchs um 1,5 Prozent auf 12,33 Mrd. CHF, bei einer Bilanzsumme von 15,35 Mrd. CHF. Er beträgt rund 80,3 Prozent Ihrer Aktiven. Betrachten sie einen solchen Bestand nicht als Klumpenrisiko?

Die Bank Coop verfügt als schweizweit tätige Bank über eine breite Diversifikation bezüglich der Hypothekarkunden und finanzierten Liegenschaftsobjekten. Durch die seit Jahren angewandte konservative Kreditpolitik sind wir der Überzeugung, die Risiken tief gehalten zu haben. Wir rechnen die Tragbarkeit konsequent mit höheren technischen Zinssätzen und die Verkehrswerte mit nachhaltig erzielbaren Preisen.

«Dass wir im ersten Halbjahr im Zinsgeschäft erfolgreich waren, hängt mit einer guten Planung und einer rechtzeitigen Anpassung der Konditionen zusammen.«

Sie konzentrieren sich bei Ihren Geschäften auf den Schweizermarkt und haben somit beste Einblicke in die wirtschaftliche Entwicklung des Binnenmarktes. Wie schätzen Sie die aktuelle Wirtschaftslage ein?

Die Euro-Krise und der starke Franken machen der Schweizer Wirtschaft zunehmend zu schaffen. Im zweiten Quartal sank, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am 04. September 2012 mitteilte, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal unerwartet um 0,1 Prozent. Rückläufig waren insbesondere die Exporte im Dienstleistungs- und Warensektor sowie die Ausrüstungsinvestitionen.

Die Schweizer Wirtschaft hat den schwierigen Rahmenbedingungen in der Euro-Zone lange erfolgreich entgegen gehalten. Die leichte Kontraktion im zweiten Quartal macht jedoch deutlich, dass sich die Schweizer Wirtschaft nicht komplett abkoppeln kann. Zu gross sind die Verflechtungen innerhalb Europas. Die grösste Gefahr für die Schweizer Wirtschaft droht weiterhin aus der Euro-Zone. Eine weitere Konjunkturverlangsamung, insbesondere in Deutschland, würde die Schweizer Wirtschaft schwächen.

Seit März bieten Sie Ihren Kunden das „Sparinvest Plus“ an, eine Kombination von Spar- und Fondseinlage. Wie ist die Resonanz Ihrer Kunden auf dieses Produkt?

Wir haben eine sehr positive Resonanz auf dieses Produkt, weil Kunden in der heutigen Zeit einerseits attraktive Zinsen und andererseits geringe Risiken an der Börse suchen. Das „Sparinvest Plus“ deckt genau diese Bedürfnisse ab. Wir stellen jedoch auch fest, dass gewisse Kunden generell vorsichtiger mit Anlagen an der Börse geworden sind – selbst, wenn es sich um konservative Fonds handelt. Hier müssen die Märkte erst über längere Zeiträume entsprechende Aufwärtstendenzen verzeichnen, damit das Vertrauen zurück gewonnen wird.

Themen wie „fair banking“ und Nachhaltigkeit sind wichtige Geschäftsgrundsätze von Bank Coop geworden. Wie realisieren Sie konkret diese Kernpunkte…?

Fair banking ist für uns ein Grundhaltung, es ist Ausdruck von gelebten Werten im Umgang mit der Kundschaft, den Mitarbeitenden, der Gesellschaft und der Umwelt. Unter Letzteres fällt die von Ihnen angesprochene Verantwortung, die wir auf unterschiedlichste Weise im Bereich Nachhaltigkeit wahrnehmen, zum Beispiel dadurch, dass wir zu 100% erneuerbare Energien einsetzen. Im Bereich der Familienfreundlichkeit wollen wir zu den Besten gehören und so hervorragende Mitarbeitende im Unternehmen halten oder gewinnen. Hierfür sind wir schon mehrfach ausgezeichnet worden und haben nun als erstes Finanzinstitut mit dem Lohngleichheitsdialog gestartet. Auch mit unseren Kundinnen und Kunden streben wir eine faire Partnerschaft an. Dazu gehören zuverlässige Bankdienstleistungen zu fairen Konditionen.

…und welche Vorteile ziehen Sie daraus?

Vorteile ergeben sich dann, wenn man das, was man verspricht, auch tatsächlich lebt. Die vielen Auszeichnungen in den Bereichen Nachhaltigkeit und Familienfreundlichkeit, die wachsenden Kundenvermögenswerte, welche wir verwalten dürfen sowie ein hoher Anteil an zufriedenen Kunden zeigen uns, dass wir „fair banking“ richtig umsetzen.

Sie finanzieren verschiedene Projekte in Bezug auf Nachhaltigkeit. Wie hoch sind Ihre diesbezüglich jährlichen Beiträge? Betragen diese einen Prozentsatz Ihrer Bilanzsumme oder nach welchen Kriterien bemisst sich ihre Höhe und welches sind die Kriterien für die Vergaben?

Dazu weisen wir keine Zahlen aus. Wir unterstützen zahlreiche Initiativen und Organisationen, die sich für soziale und ökologische Anliegen in der Schweiz engagieren. So ist die Bank Coop beispielsweise seit einigen Jahren Finanzpartnerin der Krebsliga Schweiz. Darüber hinaus setzen wir mit unserer jährlichen Weihnachtsspende und mit Sponsorings und Vergabungen Akzente. Nicht alle Engagements lassen sich jedoch auf monetärer Basis messen. Wir pflegen auch Partnerschaften wie die mit dem Verband Frauenunternehmen oder der Initiative „Basel. Familienfreundliche Wirtschaftsregion“. Grundsätzlich unterstützen wir bevorzugt Projekte, die sich mit den Nachhaltigkeitszielen der Bank Coop vereinbaren lassen. Dies hat einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Bank Coop in der Öffentlichkeit und führt dazu, dass wir Kunden gewinnen, welche dem Thema Nachhaltigkeit eine hohe Bedeutung beimessen.

«Fair banking ist für uns ein Grundhaltung, es ist Ausdruck von gelebten Werten im Umgang mit der Kundschaft, den Mitarbeitenden, der Gesellschaft und der Umwelt.»

Im Zuge der Verlangsamung einiger Geschäftssparten der Finanzinstitute wie der Wertschriftengeschäfte haben einige Schweizer Banken bereits massiv Personal entlassen. Die Bank Coop hingegen weist beinahe noch den gleichen Mitarbeiterbestand auf…

Wie bei nahezu allen Banken, hat sich auch der Mitarbeiterbestand der Bank Coop in den letzten Jahren verändert. Allerdings haben wir keine Mitarbeitenden entlassen. Im Rahmen unserer strategischen Ausrichtung als Vertriebsbank haben wir verschiedene Einheiten an unser Mutterhaus, die Basler Kantonalbank, oder Spezialisten ausgelagert. Dies ermöglicht es, unsere Kernkompetenz – nämlich die Beratung und Betreuung unserer Kundinnen und Kunden – noch besser wahrzunehmen. Unser Ziel ist es, einen Mitarbeiterbestand zu haben, der zu einer bestmöglichen Umsetzung dieser Kernkompetenz notwendig ist, damit wir eine hohe Zufriedenheit unser Kundschaft erreichen können.

Aufgrund der Marktsättigung und des Kostendruckes im Finanzbereich straffen Schweizer Institute ihr Filialnetz. Haben Sie diesbezügliche Pläne?

Nein, wir planen keine Straffung des Filialnetzes.

Der Ruf der Schweizer Banken wird durch Meldungen über Datenverkäufe an ausländische Steuerbehörden auf eine harte Probe gestellt. Inwiefern beeinflusst diese Situation Ihre Bank?

Die Schweiz ist unser Zielmarkt, etwa 94% unserer Kundinnen und Kunden leben in der Schweiz. Aus diesem Grund sind Datenkäufe an ausländische Steuerbehörden ein untergeordnetes Thema für uns.

Wie erklären Sie sich, dass die Aktie der Bank Coop trotz des guten Resultates in den vergangenen 12 Monate um 15 Prozent gefallen ist, während der SMI und rund 10 Prozent zugelegt hat?

Zwischen September 2011 und September 2012 verzeichnete der SMI ein Plus von rund 7 Prozent, der Schweizer Bankenindex jedoch ein Minus von 11,4%. Die Schweizerische Nationalbank hat in ihrem aktuellen Bericht erwähnt, dass die Bankenbranche vor grossen Herausforderungen steht. Auch die Bank Coop kann sich diesen Entwicklungen nicht entziehen. Im Vergleich zum Bankenindex hat die Bank Coop mit -10,3% jedoch besser abgeschnitten. Wir stehen auf gesundem Fundament und ich bin überzeugt, dass sich dies auch in der weiteren Entwicklung unseres Aktienkurses widerspiegeln wird.

Der Gesprächspartner:
Andreas Waespi ist eidg. dipl. Bankfachmann, Absolvent der Swiss Banking School und hat diverse internationale Management Ausbildungen abgeschlossen. Seit Dezember 2005 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung der Bank Coop. Zuvor war er von 1977 bis 1995 für die Schweizerische Volksbank tätig. Von 1996 bis 2005 leitete er den Bereich Privatkunden der Basler Kantonalbank und war Mitglied der Geschäftsleitung. Zudem wurde er in dieser Zeit zum stellvertretenden Direktionspräsidenten und stellvertretenden Vorsitzenden der Konzernleitung ernannt. Andreas Waespi unterhält zahlreiche Verwaltungsratsmandate im Finanzdienstleistungsbereich.

Das Unternehmen:
Die Bank Coop AG ist eine gesamtschweizerisch tätige Bank. Sie offeriert alle wesentlichen Bankprodukte und Dienstleistungen für Privatkunden und KMU. Als kundennahe Bank legt die Bank Coop Wert auf faire Konditionen. Sie differenziert sich durch ein umfassendes Angebot an nachhaltigen Bankprodukten und Engagements. Mit der Dienstleistung «eva» bietet die Bank Coop zudem ein spezielles Angebot für Frauen. Seit 2000 hält die Basler Kantonalbank eine Mehrheitsbeteiligung an der Bank Coop. Der Hauptsitz befindet sich in Basel.

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