Andreas Wicki, CEO HBM Healthcare Investments. (Foto: HBM)
von Bob Buchheit
Moneycab: Herr Wicki, 31,24 Prozent der Aktionäre waren bei der GV für eine Abschaffung der Aktienstimmrechtsbeschränkung. Ist das nicht eine „Klatsche“ für Sie?
Andreas Wicki: Nein, ganz im Gegenteil. Knapp 21 Prozent der Stimmen der Befürworter stammen ja von Alpine Select, dem Opponenten selbst, und die restlichen 10 Prozent können zu einem grossen Teil dem Umfeld von Alpine Select zugeordnet werden. Fakt ist, dass die übrigen grossen Aktionäre der Gesellschaft die Haltung des Verwaltungsrats auf der ganzen Linie unterstützten.
Aber was ist denn gegen das Prinzip: „Eine Aktie – eine Stimme“ einzuwenden?
Die grosse Mehrheit der Investoren ist bei uns investiert, weil sie an einer langfristigen Wertschöpfung im Gesundheitssektor partizipieren wollen. Letztendlich dienen die Vinkulierungsbestimmungen dazu, die Interessen dieser Investoren zu wahren.
«Über lange Sicht gibt aber der operative Erfolg, sprich die Entwicklung des inneren Wertes, so oder so die Richtung des Aktienkurses vor.»
Andreas Wicki, CEO HBM Healthcare Investments
Abgesegnet wurde auch die Vernichtung von 900’000 zurückgekauften Namensaktien. Wird jetzt endlich der Abstand des Aktienkurses zum Nettoinventarwert einstellig?
Das wäre schön. Damit zu rechnen wäre aber kühn. Der Markt bewertet unsere Aktie so, wie er es für richtig hält. Unabhängig davon, ob wir das ganz anders sehen. Über lange Sicht gibt aber der operative Erfolg, sprich die Entwicklung des inneren Wertes, so oder so die Richtung des Aktienkurses vor.
Das letzte Jahr war für HBM das Beste in der Geschichte. Durch erfolgreiche Börsengänge hat sich der Anteil von privaten Unternehmen in Ihrem Portfolio stark auf die kotierten verschoben. Müssen Sie jetzt noch mehr reisen, um sich vielversprechende Start-ups anzuschauen?
Wir sind ständig ganz nahe am Markt und schauen jedes Jahr eine grosse Anzahl von Unternehmen an. Nur wenige schaffen es ins Portfolio. Auf kurze und mittlere Sicht werden wir sicherlich das Portfolio der privaten Unternehmen mit neuen Namen ergänzen. Wir machen das aber sehr selektiv und werden weiterhin sehr diszipliniert vorgehen.
Frankreich erlebt gerade eine Wirtschaftskrise, aber gleichzeitig einen Boom bei Börsengängen von Biotech-Unternehmen. Ist das nicht eine brandgefährliche Mischung?
Da sehe ich keinen Zusammenhang. Der Wert dieser Unternehmen hängt ja im Wesentlichen nicht von Wirtschaftslage Frankreichs, sondern vom Erfolg der klinischen Studien und der Entwicklung des globalen Gesundheitsmarktes ab.
Mit AAA ist HBM mit 25 Millionen Franken just in ein französisches Unternehmen eingestiegen. Welches Multiple erwarten Sie von diesem Investment, und wo liegen die Risiken?
AAA verfügt über eine ideales Profil. Das wachsende und profitable Diagnostikgeschäft stützt die Bewertung des Unternehmens zu einem grossen Teil. Das „Upside“ liegt aber beim Wirkstoff Lutathera®, welcher derzeit in einer Phase III-Studie in der Onkologie getestet wird. Bestätigt diese Studie die vielversprechenden Erkenntnisse aus früheren Studien, sehe ich sehr hohes Wertpotenzial in AAA.
«So wie die Firma heute steht, ist ein Wert von 235 Franken bei Basilea für absehbare Zeit ausser Reichweite.»
Bei Basilea haben Sie die Hälfte Ihrer umfangreichen Beteiligung verkauft. Wollten Sie nicht abwarten, bis dort der Aktienkurs wieder auf das Niveau der Kapitalerhöhung von 2007, nämlich 235 Franken, klettert?
Der Abbau der Position erfolgte primär aus Risikoüberlegungen, weil die Beteiligung aufgrund des Kursanstieges einen sehr hohen Anteil in unserem Gesamtportfolio ausmachte. Wir haben ja einen grossen Teil der Aktien zu Kursen unter 50 Franken erworben. Seit der „verunglückten“ Studie für das Antibiotikum Ceftobiprol durch den Entwicklungspartner Johnson & Johnson ist die Ausgangslage für Basilea eine ganz andere. So wie die Firma heute steht, ist ein Wert von 235 Franken für absehbare Zeit ausser Reichweite. Das kann sich natürlich ändern, wenn Projekte in früheren Entwicklungsstadien erfolgreich voranschreiten.
Die andere Grossbeteiligung von HBM, die britische Skyepharma, hat eine eigene Medikamentendarreichungstechnologie entwickelt und ist damit extrem erfolgreich. Wieviel Luft hat Skyepharma noch, nachdem der Aktienkurs im Berichtsjahr bereits um 416 Prozent hochgeschossen ist?
Dank der Zulassung des Asthmamittels Flutiform in Europa und Japan hat sich für Skyepharma die Lage zum positiven gewendet. Die Markteinführung durch die Vertriebspartner Mundipharma und Kyorin läuft sehr gut. Durch die Kapitalerhöhung und die Rückzahlung des Fremdkapitals steht Skyepharma nun als praktisch schuldenfreies Unternehmen mit hervorragenden Profitabilitätsaussichten da. Aufgrund unserer Modelle sehen wir schon noch einiges an Kurspotenzial, wenn auch nicht mehr im gleichen Ausmass wie im letzten Berichtsjahr.
Das meiste Geld haben Sie nach wie vor im Dollarraum investiert. Ich nehme an, Sie rechnen kurz- bis mittelfristig mit stabilem bis leicht steigendem USD?
Ja, wir rechnen mit einem leicht stärkeren US-Dollar in den kommenden 12 Monaten.
«Bei den privaten Unternehmen haben wir grosse Erwartungen in Ellipse Technologies.»
Hat HBM bei der Jagd nach guten Anlagemöglichkeiten in den USA gleich lange Spiesse wie die dort ansässigen PE-Fonds?
Wir sind in der Industrie sehr gut vernetzt und mittlerweile auch schon seit einigen Jahren unterwegs und dadurch als Investor im Markt gut etabliert.
Welche Ihrer US-Firmen hat das beste Chancen/Risiko-Profil?
Bei den privaten Unternehmen haben wir grosse Erwartungen in Ellipse Technologies. Bei den kotierten Unternehmen schwanke ich zwischen Ophthotech und PTC Therapeutics. Ich muss mich zum Glück nicht entscheiden, wir sind ja bei beiden dabei.
HBM hat einige Firmen im Portfolio, die auf seltene Krankheiten spezialisiert sind. Ist das nicht riskant? Der Gesetzgeber hat ja bei der Festsetzung der Medikamentenpreise immer grösseres Mitspracherecht.
So gross ist der Anteil gar nicht. Über das ganze Portfolio gesehen beträgt er lediglich rund 10% Nettovermögens. Von den grösseren Investitionen ist PTC Therapeutics derzeit das einzige Unternehmen, welches konsequent auf seltene Krankeheiten ausgerichtet ist. Abgesehen davon erachten wir den Bereich als sehr attraktiv, weil es in den meisten Fällen keine Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheiten gibt und die Kosten für die Vermarktung der Medikamente tief und damit die Gewinnmargen entsprechend hoch sind. Das ändert sich auch nicht grundsätzlich, falls das Preisniveau für diese Therapien in der Zukunft etwas reduziert werden sollte.
Zum Unternehmen
Die Beteiligungsgesellschaft HBM Healthcare Investments investiert im Sektor Gesundheit und hält gegenwärtig ein internationales Portfolio von rund 25 erfolgversprechenden Unternehmen in Humanmedizin, Biotechnologie, Medizinaltechnik und Diagnostik sowie verwandten Gebieten. Die Hauptprodukte vieler dieser Unternehmen sind in fortgeschrittener Entwicklung oder bereits am Markt eingeführt. Der Anlageschwerpunkt liegt bei der Weiterfinanzierung bestehender Unternehmen. Diese werden eng begleitet und in ihrer strategischen Ausrichtung aktiv unterstützt. HBM Healthcare Investments wird von einem internationalen Aktionariat getragen und ist an der SIX Swiss Exchange kotiert.
Zur Person
Andreas Wicki ist ein erfolgreicher Unternehmer und Investor im Bereich des Gesundheitswesens und verfügt über mehr als zwanzig Jahre Erfahrung in der Pharma- und Biotechnologiebranche. Er war Miteigentümer und Geschäftsführer der ANAWA Holding AG und der Clinserve AG, zwei Auftragsforschungsgesellschaften für Analyse, Logistik und Datenmanagement klinischer und präklinischer Studienproben. Wicki studierte Chemie und Biochemie an der Universität Bern, schloss mit dem Doktorexamen ab und war u.a. Mitglied im Verwaltungsrat der Basilea und PharmaSwiss. Er ist aktiver VR bei Buchler GmbH, Pacira Inc., HBM Partners AG und HBM Healthcare Investments (Cayman) Ltd.