Arina Man, CEO K2G, im Interview

Arina Man, CEO K2G, im Interview
Arina Man, CEO K2G (Bild: K2G)

Von Helmuth Fuchs

Moneycab: Frau Man, aus kasko2go wurde K2G. Weshalb der Namenswechsel, welche Strategieänderungen sind mit dem Rebranding verbunden?

Arina Man: Der Namenswechsel von kasko2go zu K2G spiegelt unsere strategische Neuausrichtung wider. Ursprünglich lag unser Fokus stark auf dem Bereich der Autoversicherung, doch mit der Zeit haben wir erkannt, dass es wichtig ist, unser Geschäftsmodell zu diversifizieren und uns an die sich ändernden Marktbedingungen anzupassen. Mit K2G haben wir uns entschieden, unsere Aktivitäten auf neue Geschäftsfelder auszuweiten, die Potenzial für Wachstum und Innovation bieten.

«Unser Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die nicht nur den aktuellen Bedürfnissen unserer Kunden entsprechen, sondern auch zukünftige Trends antizipieren.» Arina Man, CEO K2G

Ein Beispiel dafür ist der schnell wachsende Markt für Tierversicherungen, den wir derzeit intensiv untersuchen. Wir sehen hier enormes Potenzial, insbesondere in Verbindung mit neuen Technologien und personalisierten Versicherungslösungen. Unser Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die nicht nur den aktuellen Bedürfnissen unserer Kunden entsprechen, sondern auch zukünftige Trends antizipieren. Der neue Name K2G steht also für einen umfassenderen Ansatz und die Bereitschaft, uns in neue, vielversprechende Geschäftsfelder zu wagen.

Sie bieten neben den Modellen und der KI-Plattform auch die dazu nötigen Beratungs-Ressourcen in Kundenprojekten an. Wie ist der prozentuale Anteil bei den Einnahmen (Lizenz-Einnahmen versus Consulting-Einnahmen), wie soll sich das zukünftige Wachstum gestalten?

Der überwiegende Teil unserer aktuellen Einnahmen stammt aus Lizenzgebühren. Das Consulting bildet dabei nur den ersten Schritt im Prozess, bei dem wir unseren Kunden prädiktive Modelle entwickeln. Diese Modelle, die während der Beratungsphase erstellt werden, sind letztlich der Hauptnutzen für unsere Kunden und werden nach Abschluss dieser Phase lizenziert.

Unser Ziel ist es, das Wachstum weiterhin durch den Ausbau unseres Lizenzgeschäfts voranzutreiben. Während das Consulting ein wichtiger Bestandteil unserer Dienstleistung bleibt, sehen wir den grössten Mehrwert und das grösste Wachstumspotenzial in der Skalierbarkeit und den wiederkehrenden Einnahmen aus der Lizenzierung unserer Modelle. Zukünftig planen wir, den Anteil der Lizenz-Einnahmen weiter zu steigern, indem wir unseren Kundenstamm erweitern und neue, innovative Modelle und Lösungen anbieten, die den spezifischen Anforderungen unserer Kunden gerecht werden.

Vieles von dem, was Sie anbieten, konnte man früher mit statistischen Modellen und Analysen abdecken (zum Beispiel Neuronale Netze, Korrelations-, Regressions- oder Varianzanalyse). Wie hat sich dies mit dem Einsatz der Künstlichen Intelligenz und Möglichkeiten von LLM (Large Language Models) oder ML (Machine Learning) geändert, auf welche Methoden setzen Sie bei K2G?

Es ist interessant zu beobachten, wie sich die Begriffe in der Welt der Hochtechnologie weiterentwickelt haben. In den 90er Jahren sprachen wir über Statistik, in den 2000er Jahren über Business Intelligence, in den 2010er Jahren über Big Data, und heute dreht sich alles um Künstliche Intelligenz (KI). Grundsätzlich geht es bei all diesen Begriffen um dasselbe: die Verarbeitung von Daten in prädiktive Modelle. Der Unterschied liegt jedoch in der Menge der Daten, die verarbeitet werden können, um ein solches Modell zu erstellen.

Bei K2G stehen wir an der Spitze der KI-Entwicklungstrends. Wir erstellen Modelle, die die zukünftige Performance von Portfolios vorhersagen, und nutzen dabei die modernsten verfügbaren Werkzeuge, wie spezielle Formen neuronaler Netze und die Unterstützung von Large Language Models (LLM).

«Mit der Einführung von Large Language Models (LLMs) und bald auch LLM-Agenten wird die Lücke zwischen menschlicher Sprache und maschineller Schnittstelle geschlossen.»

In unserem Fall nutzen wir LLMs als eine Art «weiche» Komponente in unserer Software, das heisst, ein no-Code Ansatz. Sie ermöglichen es den Nutzern unserer Box Solution, sich einfacher in der von uns entwickelten Software zurechtzufinden. Das bedeutet, dass unsere Kunden die Werkzeuge ohne lange Einarbeitungszeit nutzen können. Die LLMs machen die Bedienung intuitiver und zugänglicher, was den Einstieg in die Nutzung unserer Lösungen erheblich erleichtert.

Mit Künstlicher Intelligenz lässt sich Vieles effizienter erledigen. Sehen Sie auch neue Geschäftsfelder und Möglichkeiten, die sich ohne Künstliche Intelligenz gar nicht erschliessen liessen?

Ja, absolut. Künstliche Intelligenz eröffnet uns tatsächlich Geschäftsfelder und Möglichkeiten, die ohne sie kaum denkbar wären. Ein zentraler Aspekt dabei ist die Art und Weise, wie wir mit Maschinen interagieren. Bis vor kurzem bestand unsere Interaktion mit Maschinen hauptsächlich darin, Tasten zu drücken und Optionen auszuwählen. Wir mussten lernen, welche Tasten in welcher Reihenfolge zu drücken sind, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Dies erklärt auch, warum es oft schwierig ist, von einem Betriebssystem auf ein anderes zu wechseln, da die Schnittstellen unterschiedlich sind.

Mit der Einführung von Large Language Models (LLMs) und bald auch LLM-Agenten wird die Lücke zwischen menschlicher Sprache und maschineller Schnittstelle jedoch geschlossen. Wir werden in der Lage sein, mit Software auf eine natürlichere Weise zu kommunizieren – indem wir einfach sagen, was getan werden soll, und die Software erledigt es.

Diese Fähigkeit haben wir bereits in unsere eigene Software, die Box Solution, integriert. Es handelt sich um eine sehr spezialisierte Software, deren Nutzung früher eine gewisse Einarbeitungszeit erfordert hätte. Dank der natürlichen Sprachverarbeitung kann der Nutzer der Software nun jedoch einfach mitteilen, was erledigt werden muss, und die Software führt die Aufgabe aus. Diese Entwicklungen eröffnen uns nicht nur effizientere Arbeitsabläufe, sondern auch ganz neue Geschäftsfelder, die ohne KI schlicht nicht möglich wären.

Sie konnten nach eigenen Aussagen die Schadenquote von Autoversicherungen um bis zu 6 % senken, ohne dass dabei Marktanteile verloren gingen. Eigentlich für jedes Versicherungsunternehmen ein Traumszenario. Wie liess sich das bis anhin in Projekte mit Versicherungskunden umsetzen, in welchen Ländern sehen Sie das grösste Potential?

Der Schlüssel zu diesem Erfolg liegt in der Einführung eines reduktiven Modells in den Underwriting-Prozess. Dieses Modell liefert einen Score, der es dem Versicherer ermöglicht, die Preise basierend auf Risiken anzupassen, die zuvor nicht sichtbar waren. Da das Versicherungsgeschäft darauf beruht, Risiken einzugehen, ohne tatsächlich ein Risiko einzugehen (vorausgesetzt, Ihre Vorhersagen sind perfekt), führt eine genauere Vorhersage zwangsläufig zu mehr Profitabilität und einer besseren Selektion von Policen. Unser Modell hilft dabei, genau dies zu erreichen: Es ermöglicht dem Versicherer, eine genauere Vorhersage zu treffen, wodurch er bessere Policen auswählen und problematische Policen aus seinem Portfolio ausschliessen kann.

Wir haben bereits in mehreren Ländern beachtliche Erfolge erzielt, insbesondere in den baltischen Staaten, Polen, Deutschland, der Schweiz, Israel und anderen Ländern. In diesen Märkten sehen wir das grösste Potenzial, da unsere Modelle dort bereits signifikante Verbesserungen in der Schadenquote bewirken konnten. Diese Märkte bieten eine solide Grundlage, um unsere Technologie weiter auszubauen und noch mehr Versicherungsunternehmen bei der Optimierung ihrer Portfolios zu unterstützen.

«Unser Modell ermöglicht es dem Versicherer, eine genauere Vorhersage zu treffen, wodurch er bessere Policen auswählen und problematische Policen aus seinem Portfolio ausschliessen kann.»

Die Optimierung von Prämien auf Basis der individuellen Risikoprofilen widerspricht zumindest in Teilen dem Gedanken, dass die Allgemeinheit die Risiken eben für jene Personen trägt, die ein schlechteres Risiko darstellen und sich ansonsten die damit verbundenen Prämien nicht mehr leisten könnten. Wie beurteilen Sie das Risiko der Entsolidarisierung der Versicherten?

Solidarität ist zweifellos ein wichtiger Aspekt im täglichen Leben. Doch wenn es um die Frage geht, wie ich mein hart erarbeitetes Geld einsetze, vertrete ich eine pragmatische Sichtweise. Mein Geld repräsentiert meine begrenzte Zeit auf dieser Welt, die ich aufgewendet habe, um Ressourcen für meine Familie zu sichern. Daher bevorzuge ich es, mein Geld effizient zu nutzen, um bestmöglich für meine Familie zu sorgen.

Schlechte Versicherungsrisiken, also jene, die bei einer genaueren Vorhersage deutlich höhere Prämien zahlen müssten, sind oft Menschen, die nicht nur alle 12 bis 20 Jahre einen Schaden melden, sondern deutlich häufiger. Manche von ihnen sicherlich ohne eigenes Verschulden, aber viele lernen einfach nicht aus ihren Fehlern oder versuchen sogar, das System zu ihrem Vorteil auszunutzen.

Ich stehe daher vor der Wahl: Entweder solidarisiere ich mich mit diesen Menschen oder ich nutze meine begrenzten Ressourcen, um besser für meine Familie zu sorgen. Ich werde immer meine Familie wählen.

Aus diesem Grund begrüsse ich die ständige Optimierung in der Versicherungsbranche. Sie ermöglicht es mir, weniger von meinem Geld – und damit weniger von meiner Lebenszeit – für die Finanzierung von Menschen aufzuwenden, die von einigen als problematische Versicherungsnehmer betrachtet werden könnten. Diese Entwicklung trägt dazu bei, dass Versicherungen fairer und effizienter werden, was letztlich allen zugute kommt, die verantwortungsbewusst handeln.

Automobile werden vor allem auch durch die neueste Generation von Elektromobilen immer mehr zu Computern auf vier Rädern. Welche Chancen bieten sich dadurch für K2G, Lösungen wie die Road Risk Reports direkt in die Fahrzeug-Plattformen zu integrieren, gibt es eventuell schon erste Projekte in diese Richtung?

Heute entwickeln wir Modelle, um Risiken vorherzusagen. Sobald Autos vollständig computerisiert sind und idealerweise auch vollständig autonom fahren, bietet sich eine spannende Möglichkeit für unsere Technologie. Mit den von uns generierten Daten und Modellen könnten wir uns von einem reinen Vorhersage-Tool zu einem präventiven Instrument weiterentwickeln. Das Fahrzeug könnte dann in Echtzeit wissen, welche Abschnitte der Strasse gefährlicher sind und dies beim Fahren berücksichtigen.

«Wir sehen enormes Potenzial, unsere Road Risk Reports direkt in Fahrzeugplattformen zu integrieren, um die nächste Generation von Autos noch sicherer und intelligenter zu machen.»

Diese Art der Integration würde nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch das Fahrerlebnis verbessern, indem das Auto proaktiv auf potenzielle Gefahren reagiert. Erste Projekte in diese Richtung sind bereits in der Planung, und wir sehen enormes Potenzial, unsere Road Risk Reports direkt in Fahrzeugplattformen zu integrieren, um die nächste Generation von Autos noch sicherer und intelligenter zu machen.

Mit dem K2G Large Language Cleaning soll die Datenaufbereitung auch für Nicht-IT-Experten stark vereinfacht werden. Wie sind die ersten Erfahrungen damit, wie verändern sich die Durchlaufzeiten für den Bereinigungsprozess im Vergleich zu traditionellen Methoden?

Wir sehen eine Verbesserung der Datenvorbereitungszeit um 50% bis 60%. Aber noch wichtiger ist, dass es praktisch keine Einarbeitungszeit gibt, was es uns ermöglicht, diese Aufgabe von nahezu jedem ausführen zu lassen. Es ist keine Spezialisierung erforderlich, um das Tool zu nutzen, was den Bedarf an spezialisierten Dateningenieuren oder, noch teurer, an Data Scientists oder Softwareentwicklern für diese Aufgabe überflüssig macht.

Dies senkt die Kosten für die Datenbereinigung erheblich und ermöglicht es uns, deutlich effizienter zu sein als der durchschnittliche ETL-Dienst auf dem Markt, der bis zu 100’000 CHF pro Monat kosten kann, um die gleiche Arbeit zu erledigen, die wir für nur wenige tausend CHF durchführen.

Die Versicherungen haben in der Schweizer Wirtschaft einen hohen Stellenwert, was sich auch in einer sehr regen Startup-Szene zeigt. Wo stehen die Schweizer Versicherungen im internationalen Vergleich bezüglich technischer Innovation und Einsatz von neuen Technologien?

Schweizer Versicherungsunternehmen verfolgen mit grossem Interesse und Sorgfalt technologische Innovationen. Gleichzeitig ist der Versicherungsmarkt in der Schweiz so stabil, dass es von aussen nur wenig Druck gibt, ständig nach neuen, optimierenden Lösungen zu suchen. Eine weitere Besonderheit des Schweizer Versicherungsmarktes ist die starke Bindung an bestehende Legacy-Systeme, die in den meisten Fällen sehr solide entwickelt wurden und nach wie vor zuverlässig funktionieren. Die Haltung lautet oft: Warum etwas Gutes gegen etwas Besseres austauschen, wenn das Bestehende immer noch funktioniert?

Zum Schluss des Interviews haben Sie zwei Wünsche frei, wie sehen die aus? 

Mein erster Wunsch richtet sich an die Versicherungsbranche: Ich bin Mutter von drei Kindern, und bei uns spielen oft die Freunde meiner Kinder. Ich spreche gerne mit ihnen, und wenn ich frage: «Was möchtest du werden, wenn du gross bist?», hat mir noch nie jemand geantwortet: «Ich sehe meine Zukunft im Versicherungssektor.» Mein Wunsch ist, dass durch AI und die damit verbundenen Entwicklungen der Versicherungsmarkt so attraktiv wird, dass er auch für die talentierte Jugend eine spannende Karriereoption darstellt.

Mein zweiter Wunsch ist natürlich, dass die blutigen Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten endlich ein Ende finden. Frieden in diesen Regionen wäre ein grosser Schritt für die Menschheit und für eine bessere Zukunft für uns alle.


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