von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Vogel, für Air Glaciers ist derzeit Hochsaison. Wie viele Helikopter mit ihren Crews stehen täglich im Einsatz?
Bernard Vogel: Während der Wintersaison täglich fünf Rettungshelikopter. Je einer ist auf den Basen Collombey, Lauterbrunnen und Gstaad stationiert, dazu kommen zwei Maschinen in Sion. Bei Bedarf stehen ab Sion noch zwei weitere im Einsatz.
Reichlich Schnee und schönes Bergwetter haben über die Feiertage viele Menschen in die Berge gelockt. Hat sich das auch in einer steigenden Zahl von Rettungseinsätzen gezeigt?
Generell gilt: Schlechtes Wetter gleich weniger Einsätze, gute Bedingungen führen zu mehr Rettungseinsätzen. Das hat sich auch über die Ferienzeit gezeigt: Die Einsatzzahlen stiegen gegenüber derselben Zeitspanne im Vorjahr um 10%. Neben diesen wetterbedingten Schwankungen sind die Einsatzzahlen der Helikopterrettungen stabil.
Insgesamt hat Air-Glaciers im vergangenen Jahr über 3000 Rettungseinsätze durchgeführt, grossmehrheitlich sogenannt «primäre Rettungseinsätze». Welchen Anteil hatten dabei Unfälle auf den Skipisten?
Über 40% der Einsätze sind auf Unfälle auf Skipisten zurückzuführen. Gefolgt von 19% Krankheitsfällen, z.B. Herzproblemen oder Atemwegsbeschwerden.
«Über 40% der Einsätze sind auf Unfälle auf Skipisten zurückzuführen.»
Bernard Vogel, CEO Air-Glaciers SA
Wie stark war Air-Glaciers bei den Unwettern im Wallis im September gefordert?
Wir waren stark gefordert, die emotionale Betroffenheit intern war hoch. Air-Glaciers hat über den Luftweg Menschen gerettet sowie evakuiert und die von der Aussenwelt abgeschnittenen Regionen zum Beispiel mit Lebensmitteln versorgt. Zudem konnten wir dazu beitragen, dass die betroffenen Orte und Täler schnell wieder zugänglich wurden.
Sie haben im vergangenen Jahr zwei weitere Helikopter von Airbus in Betrieb genommen. Was zeichnet diese aus?
In erster Linie wollten wir die Flotte erneuern und auf einen neuen Stand der Technik bringen. Vor allem die höhere Leistung der Maschinen ist im Gebirge ein Vorteil.
Zusätzlich zu den Luftrettungseinsätzen leistet Air-Glaciers von Sion und Gstaad aus auch Bodenrettungsdienste. Wie verlief die Entwicklung hier?
Die Ambulanz in Gstaad analog den letzten Jahren, in Sion ist die Tendenz eher steigend. Das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) führte im Jahr 2024 1’073 Einsätze durch. Das entspricht einem Anstieg von 10% gegenüber dem Vorjahr.
Welchen Anteil am Geschäft haben die Transportflüge?
Ungefähr 50% vom Umsatz erwirtschaftet Air-Glaciers mit Transportflügen.
Das Wallis ist Spitzenreiter beim Heliskiing. Jedes Jahr lassen sich tausende Skifahrer für unvergessliche Skierlebnis auf den Berg fliegen. Wie stark profitiert Air-Glaciers von diesem Boom?
Die Zahlen im Heliskiing bei uns sind rückläufig. Air-Glaciers profitiert bei diesen Flügen vor allem in Bezug auf die gesammelten Erfahrungen unserer Piloten. Würde es diese touristischen Flüge nicht geben, müssten die Piloten mit leeren Helikoptern ihr Minimal-Training absolvieren. Diese regelmässigen Trainings und Ausbildungen der Besatzungen durch die Benutzung der Gebirgslandeplätze ist für die Durchführbarkeit der modernen Gebirgsrettung unabdingbar.
Piloten, die später Rettungen ausführen, werden im Rahmen ihrer fliegerischen Aus- und Weiterbildung zuerst durch Rundflüge in den Alpen und dann durch touristische Flüge mit Landungen auf Gebirgslandeplätzen in die höheren Weihen der Gebirgsfliegerei eingeführt. Ein Pilot benötigt rund 1’000 Flugstunden, bevor er Unterlasten fliegen kann, was eine Grundvoraussetzung für eine Ausbildung als Rettungspilot im Gebirge ist; bis ein Pilot sämtliche heiklen Rettungen ausführen kann, benötigt er i.d.R weitere rund 1’000 Flugstunden.
«Die Zahlen im Heliskiing bei uns sind rückläufig. Air-Glaciers profitiert bei diesen Flügen vor allem in Bezug auf die gesammelten Erfahrungen unserer Piloten.»
Air-Glaciers hatte im vergangenen Jahr ein tragisches Unglück zu beklagen. Bei der Landung am Gebirgslandeplatz beim Petit Combin stürzte ein Helikopter ab. Drei Insassen, darunter der Pilot, kamen dabei ums Leben. Wann werden Sie Klarheit darüber haben, was an diesem verhängnisvollen Tag passiert ist?
Ich rechne mit einem Bericht der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle SUST Ende 2025 oder anfangs 2026.
«Argumente seitens Rega zum Beispiel bezüglich Versorgung erweisen sich bei genauem Hinschauen als fadenscheinig.»
Im November hat die Walliser Regierung Beschwerden von Rega und Héli-Alpes abgewiesen, die sich dagegen gewehrt haben, dass der Auftrag für die Helikopterrettung im Wallis nur an Air-Glaciers und Air Zermatt vergeben wurde. Die beiden Unternehmen ziehen den Fall an das Bundesgericht weiter. Wie stark belastet Sie die so andauernde Unsicherheit?
Für uns ist diese Ungewissheit eine grosse Belastung. Der Kanton Wallis hat ein sehr gut funktionierendes, effizientes System. Die Gegend weist die höchste Dichte an Rettungshelikoptern in der Schweiz auf. Zum Vergleich: In Graubünden betreibt die Rega zwei, im Winter maximal drei, Rettungshelikopter. In einem Gebirgskanton, der flächenmässig grösser ist als das Wallis, sind dies die einzigen Maschinen. Argumente seitens Rega zum Beispiel bezüglich Versorgung erweisen sich bei genauem Hinschauen als fadenscheinig.
Nach einem schwierigen Jahr 2019, welches mit einem hohen Verlust abschloss, wurde die Air Zermatt Hauptaktionär der Air-Glaciers und Sie wurden zum CEO ernannt. 2022 schrieb man wieder schwarze Zahlen. Wie ist das Unternehmen heute finanziell aufgestellt?
Der Air-Glaciers geht es heute finanziell gut bis sehr gut.