Bo Risberg, CEO Hilti

Bo Risberg, CEO Hilti.

Von Bob Buchheit

Moneycab: Herr Risberg, 2011 will Hilti wieder rund 1’000 Leute einstellen, 2009 wurden rund 6,5% der Workforce entlassen. Sie fiel auf 19’709. Langfristiges Ziel sind 30’000 Mitarbeitende. Wo wird der Grossteil dieser Leute arbeiten?

Bo Risberg: Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Wir haben nicht 6,5 Prozent unserer Mitarbeitenden entlassen, denn der Stellenabbau erfolgte zu zwei Dritteln über natürliche Fluktuation. Unser Ziel war es, ohne zu harte Einschnitte durch die Wirtschafskrise zu kommen. Aus diesem Grund haben wir uns für die notwendigen strukturellen Anpassungen auch zwei Jahre Zeit gegeben. Aber nun zur Ihrer Frage: Der weitaus grösste Teil unserer Mitarbeitenden ist momentan in den Kernmärkten Westeuropa und Nordamerika beschäftigt. Das wird sich nicht von heute auf morgen verändern, da wir auch in diesen Märkten unsere Ressourcen gezielt ausbauen, um weitere Marktanteile zu gewinnen. Allerdings werden wir künftig in den Schwellenländern ein höheres Stellenwachstum haben, weil dort das Bauvolumen deutlich steigen wird und wir entsprechend in unsere Strukturen investieren müssen.

«Insgesamt erwarten wir für den nordamerikanischen Markt in den kommenden Jahren aber eine positive Entwicklung, deshalb halten wir an unseren Wachstumszielen fest.» Bo Risberg, CEO Hilti

Sie wollen also in Indien, China und Brasilien stark wachsen. Wie stark?

Derzeit liegt unser Umsatz in den Wachstumsländern bei rund 1 Milliarde Schweizer Franken. Diesen wollen wir über die nächsten zehn Jahre deutlich steigern.

Für wann erwarten Sie, dass das Spanien- und Nordamerikageschäft wieder anzieht?

In Spanien ist die Auftragslage in der Baubranche weiterhin rückläufig und es ist nicht abzusehen, wann der Tiefpunkt erreicht sein wird. In Nordamerika hat sich die Lage leicht verbessert, und wir konnten 2010 ein Wachstum verzeichnen.

Hilti will den Umsatzanteil Nordamerikas weiterhin auf 30 Prozent steigern. Spüren Sie gerade bei Aufträgen aus dem staatsnahen Bereich so etwas wie ein Erstarren der Nachfrage? Viele Staaten und Gemeinden in den USA sind ja so gut wie Pleite.

Ein Erstarren würde ich es nicht nennen, aber die Zurückhaltung ist sicherlich spürbar. Solange die USA Massnahmen ergreifen, um die Wirtschaft anzukurbeln, was sich auch in Investitionen in Infrastrukturen niederschlägt, sehen wir gute Möglichkeiten für uns. Mehr betroffen sind wir vom Rückgang im kommerziellen Bausektor, der für uns besonders relevant ist. Insgesamt erwarten wir für den nordamerikanischen Markt in den kommenden Jahren aber eine positive Entwicklung, deshalb halten wir an unseren Wachstumszielen fest.

Wie wird sich die jetzt verschärfte europäische Schuldenkrise auf das Baugeschäft auswirken?

Die Staatsverschuldung in Europa hat sicherlich den Effekt, dass sich die Bauwirtschaft nur zögerlich erholt. Allerdings ist die Situation in den Ländern sehr unterschiedlich. Gutes Wachstum erzielen wir beispielsweise nach wie vor im deutschsprachigen Raum, wo sich die Konjunktur sehr positiv entwickelt.

Wann wird die Betriebsgewinn-Marge wieder über 10 Prozent stiegen?

Zunächst visieren wir eine Umsatzrendite von 8 bis 10 Prozent an. Trotz der gegenwärtig negativen Währungseffekte und der steigenden Materialpreise gehen wir davon aus, dass wir diese Zielgrösse bereits in diesem Jahr erreichen können. Allerdings sind diese externen Faktoren nur bedingt beeinflussbar, und deshalb ist es schwierig, eine genaue Prognose bezüglich der Umsatzrendite zu stellen. Unser Ziel ist es, in den nächsten zwei bis drei Jahren wieder über 10 Prozent zu kommen.

Die Hälfte Ihres Umsatzwachstums kommt schon aus dem Solarbereich. Energie und Industrie, jetzt bei 370 Millionen Franken, sollen 2015 1 Milliarde Umsatz machen. Welches sind die wichtigsten Schritte auf dem Weg?

Damit wir unsere Wachstumsziele in allen Regionen erreichen können, konzentrieren wir uns auch stark auf die neuen Geschäftsfelder, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Mit Innovationen auf der Basis von bestehenden sowie neuen Technologien können wir weitere Kundensegmente erreichen und die bedeutenden Potenziale im Energiesektor zügig erschliessen. Zudem werden wir uns im Bereich Energie und Industrie nach Möglichkeit durch Partnerschaften und Akquisitionen weiter verstärken und unsere Ressourcen dementsprechend ausbauen.

Die Solarindustrie hängt noch stark am Tropf staatlicher Subventionen. Besteht nicht, wenn dieser Geschäftsbereich bei Ihnen stark wächst, auch für Hilti die Gefahr grösserer Geschäftsschwankungen?

Das Solargeschäft ist tatsächlich immer noch stark subventioniert und volatil, und wir müssen uns flexibel auf die relevanten Märkte und Segmente ausrichten. Mit der fortlaufenden Marktreife und Industrialisierung der Solarindustrie werden aber auch die Schwankungen immer geringer werden. Mit der Übernahme des US-amerikanischen Unternehmens Unirac, das seit Jahren sehr erfolgreich im Solarmarkt tätig ist, konnten wir unsere Marktpräsenz in diesem Bereich deutlich verstärken. Allerdings werden wir auch unsere anderen Geschäftsfelder ausbauen.

Auf der anderen Seite des Rheins stellt die Schweizer Firma Plaston den berühmten roten Hilti-Koffer her. Wie gehen Sie damit um, wenn ein Hersteller im Geschäftsgang stark von Ihnen abhängig ist?

Unser Bestreben ist es, jederzeit ein offener und fairer Geschäftspartner zu sein, schliesslich ist das auch in unserem eigenen Interesse. Eine gute und zuverlässige Zusammenarbeit beinhaltet neben Respekt auch Verlässlichkeit und Vertrauen. Solche Faktoren sind schnell verloren, wenn ein Unternehmen versucht, seine Position auszunutzen. Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit der Firma Plaston zusammen und haben eine gute und enge Geschäftsbeziehung. Plaston ist darüber hinaus nicht nur für uns, sondern auch in anderen Bereichen tätig.

«Wir werden uns im Bereich Energie und Industrie nach Möglichkeit durch Partnerschaften und Akquisitionen weiter verstärken und unsere Ressourcen dementsprechend ausbauen.»

Was verstehen Sie unter Geschäftsethik?

Ethisches Geschäftsverhalten heisst, dass wir in allen Abläufen im Unternehmen unsere unternehmerische Verantwortung wahrnehmen und verantwortungsbewusst und respektvoll handeln. Das ist ein integraler Bestandteil unseres Geschäftsmodells, und „Integrität“ ist in unserer Unternehmenskultur fest verankert. Den Rahmen bilden unser „Code of Conduct“, der die Verhaltensregeln für unsere Mitarbeitenden und unsere Lieferanten weltweit festgelegt oder internationale Abkommen wie der „UN Global Compact“ und die internationale „Partnering against Corruption Initiative“, bei denen wir Partner sind. Seit kurzem sind wir auch Mitglied im „International Business Leader Forum“ und engagieren uns in diesem Gremium ebenfalls gegen Korruption. Mit der aktiven Beteiligung an solchen internationalen Bestrebungen, die ethischen Standards im Geschäftsleben weiter zu verbessern, machen wir deutlich, dass wir die Hände nicht in den Schoss legen, sondern die Wirtschaft im Sinne unserer Unternehmenswerte positiv beeinflussen wollen.

Welche Rolle spielt das Managen unterschiedlicher Kulturen und menschlicher Charaktere, kurz die Diversity, für Hilti?

Für ein international tätiges Unternehmen sind die Diversität und der aktive Umgang damit ein Dauerthema. Es treffen ja nicht nur am Hauptsitz viele verschiedene Kulturen und Charaktere aufeinander, sondern in allen Ländern, in denen wir präsent sind. Die Integration der Mitarbeitenden am jeweiligen Standort ist besonders wichtig und dazu muss auch das Unternehmen beitragen. Wir sind schliesslich in hohem Masse auf ausländische Fachkräfte angewiesen und diese können wir nicht halten, wenn das Umfeld nicht stimmt. Wir würden uns zudem mit der internationalen Ausrichtung des Konzerns sicherlich viel schwerer tun, wenn wir die Diversität im Unternehmen nicht hätten. Es geht ganz oft auch um Fragen des Marktverständnisses und dieses können Personen aus dem jeweiligen Kulturkreis besser vermitteln.

Was halten Sie vom Managementnachwuchs in Liechtenstein?

In Liechtenstein und der Schweiz befinden sich zahlreiche Universitäten und Hochschulen, die eine ausgezeichnete Ausbildung anbieten. Dies allein reicht aber nicht aus, und wie gesagt sind wir ebenso auf ausländische Managementtalente angewiesen, nicht zuletzt aufgrund der internationalen Ausrichtung. Ausserdem legen wir beim Managementnachwuchs besonderen Wert auf internationale Erfahrung und diese ist nicht in jedem Fall vorhanden. Davon abgesehen sind wir aber in der glücklichen Lage, die Nachwuchskräfte überwiegend aus den eigenen Reihen rekrutieren zu können. In den letzten Jahren haben wir jeweils 80 bis 85 Prozent der offenen Managementpositionen mit internen Kandidatinnen und Kandidaten besetzen können.

Gibt es so etwas wie eine Amerikanisierung im Managementstil in der Wirtschaft?

Ich denke schon, wenn mit „Amerikanisierung“ ein pragmatischer und informeller Stil gemeint ist. Das ist durchaus eine positive Entwicklung. Aufgrund der raschen Veränderungen in unseren Märkten müssen wir schnell und pragmatisch agieren. Wir wollen perfekte Produkte anbieten, aber wir brauchen keine perfekten Strategien, weil diese sowieso flexibel bleiben müssen.

Der Gesprächspartner:
Der 1956 in Stockholm geborene Bo Risberg studierte Maschinenbau und schloss 1979 an der Queen’s University im kanadischen Kingston (Ontario) ab. Später, 1990, erwarb er noch am IMD (International Institute for Management Development) in Lausanne den Grad eines Masters of Business Administration (MBA). Nachdem er sich seine Sporen bei ASEA, ABB und T.S. Kearney verdient hatte, startete er 1999 seine Karriere bei Hilti, wo er 2007 zum CEO wurde.

Das Unternehmen:
1941 als Familienunternehmen gegründet, hat sich Hilti seither zum Weltkonzern entwickelt und ist der grösste Arbeitgeber im «Ländle Liechtenstein». Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 20’000 Mitarbeitende in mehr als 120. Seit 2000 hält der Martin-Hilti-Familien-Trust alle Aktien und seit Januar 2008 auch alle Partizipationsscheine der Hilti Aktiengesellschaft.


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