Bruno Cathomen, CEO Mikron, im Interview
von Bob Buchheit
Moneycab.com: Herr Cathomen, Mikrons mittelfristige Planung basiert auf einem durchschnittlichen jährlichen Umsatzwachstum von rund 6 % sowie auf einer EBIT-Marge von 5 bis 7% nach 3 bis 5% für 2018. Sehen Sie sich auf gutem Weg?
Bruno Cathomen: 2018 war ein gutes Jahr für Mikron. Wir haben den Auftragseingang und den Umsatz signifikant steigern können. Ebenfalls ist es uns gelungen, bei der Profitabilität einen wichtigen Schritt nach vorne zu machen. Die strategischen Initiativen unserer Divisionen sind auf die kommunizierten Mittelfristziele und auf unsere langfristige Strategie ausgerichtet: Kurz- und mittelfristig gehen wir davon aus, dass unser Automations- und unser Werkzeuggeschäft, sowie unser Servicebusiness sich weiter positiv entwickeln. Wir sind hier auf gutem Weg, ja. Die neuen Maschinengenerationen werden eher mittel- bis langfristig signifikant zum Wachstum und zum Ergebnis beitragen.
Mittlerweile sind allerdings die Einkaufsmanagerindizes in der Industrie fast überall im Sinkflug. Ist das jetzt übertriebene Panik?
Die Welt ist unsicher und unberechenbar. Die Indizes bewegen sich tatsächlich nach unten, aber ausgehend von recht positiven Werten. Derzeit ist unser Auftragseingang stabil. Wir verfolgen aber die Marktentwicklungen sehr aufmerksam und tauschen uns auch regelmässig mit unseren Kunden aus. Die Signale, die wir erhalten, sind recht unterschiedlich, aber keineswegs negativ. Ich sehe also keine Panik, sondern eine erhöhte Vorsicht, die ich durchaus für angebracht halte.
Die Division Mikron Automation hat 2018 den Auftragseingang um rund 60% auf über 200 Millionen gesteigert. Sie sind jetzt sicher froh, dass der stetig wachsende Hauptanteil auf die wenig zyklische Pharma- und Medizingeräteindustrie entfällt…
Ja, darüber sind wir froh. Mikron hat über viele Jahre daran gearbeitet, dieses Geschäft auszubauen, und heute halten wir weltweit eine Spitzenposition inne. Automotive bleibt für uns dennoch ein wichtiger Markt. Zuletzt waren wir sehr erfolgreich darin, die schwache Nachfrage im Bereich des Dieselantriebs zu kompensieren. Wir konnten zum Beispiel neue Kunden aus der Elektro-/ Elektronikbranche gewinnen. Auch die Elektrifizierung des Autos bietet durchaus gute Möglichkeiten, an denen wir schon seit längerem arbeiten.
«Zuletzt waren wir sehr erfolgreich darin, die schwache Nachfrage im Bereich des Dieselantriebs zu kompensieren.»
Bruno Cathomen, CEO Mikron
Neue Fräsmaschinen im Baukastensystem ist die neue Produktoffensive in Ihrer Division Machining. Geben Ihnen die modularen 6×6-Maschinen höhere Preisfestsetzungsmacht?
Die Mikron 6×6 erlaubt zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten aus Tischvarianten und Grad der Automation für die Teilezu- und abfuhr. Die Bearbeitungslösung lässt sich damit optimal auf die konkrete Fertigungssituation bei einem Kunden zusammenstellen. Wir haben damit vor allem im Bereich der Automatisierbarkeit ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt der Bearbeitungszentren. Dieser ist zwar wesentlich grösser als der Markt für Rundtaktmaschinen, aber wir agieren hier auch in einem sehr kompetitiven Feld. Wie konkurrenzfähig wir preislich sein werden, lässt sich heute noch nicht sagen.
Wird durch dieses Konzept Komplexität in Ihrer Produktion vermindert und damit ein nennenswerter Skaleneffekt erzielt?
Neben dem beschriebenen Kundenvorteil erhoffen wir uns intern tatsächlich Skaleneffekt zu erzielen und längerfristig Komplexität zu reduzieren. Voraussetzung ist eine ausreichend hohe Stückzahl verkaufter Maschinen. Derzeit befinden wir uns noch ganz am Anfang der Industrialisierung. Oberstes Ziel für 2019 ist die Auslieferung technisch einwandfreier Maschinen an unsere Kunden.
Was kostet Sie umgekehrt der internationale Stahl- und Aluminium-Streit bei den Rohwaren?
Die Rohmaterialkosten machen nur einen kleinen Teil unserer Kosten aus, so dass die Auswirkungen auf Mikron bisher nicht relevant waren.
Mikron hat eine neue Niederlassung in Litauen eröffnet, um hauptsächlich Kunden aus der Automobilindustrie mit Baugruppen für Automatisierungslösungen zu bedienten. Ich wusste gar nicht, dass dort Autos gebaut werden…
Sie haben recht. In Litauen werden tatsächlich keine Autos gebaut. Jedoch gibt es verschiedene Automobilzulieferer, die dort neue Werke erstellen, oder bereits erstellt haben. Bei unserer Suche nach einem Standort in Osteuropa war die Nähe zu unseren Kunden nur eines der Entscheidungskriterien. In Litauen hat uns insbesondere die Verfügbarkeit ausgebildeter Fachkräfte bei einem gleichzeitig niedrigem Lohnniveau, die wirtschaftsfreundliche Ausrichtung des Landes, sowie die zu Mikron passende Kultur gefallen. Zudem gibt es ein sehr gutes Netz an für uns relevanten Lieferanten. Wir werden die Kompetenzen in Litauen schrittweise ausbauen: Zunächst wird unsere neue Niederlassung als verlängerte Werkbank für unsere bestehenden Werke von Mikron Automation fungieren, später einfache Kundenprojekte eigenständig abwickeln.
«Litauen wird als verlängerte Werkbank für unsere bestehenden Werke von Mikron Automation fungieren.»
Gibt es Neuigkeiten von der Projektentwicklung Ihrer zentral im Bieler Nidau-Quartier gelegenen Grossimmobilie?
Wir haben Mitte 2018 ein Entwicklungsprojekt mit der Unterstützung von Skyline Development AG gestartet. Derzeit untersuchen wir zahlreiche Optionen, zu denen ich heute noch keine Auskunft geben kann.
Mikron ist quasi schuldenfrei, und wenn das Geld aus der Arealentwicklung fliesst, stellt sich natürlich die Frage, wofür es genutzt werden kann?
Da können Sie beruhigt sein: Wir haben viele Ideen. Wir sind beispielsweise daran die Kapazitäten zur Werkzeugproduktion in unserem Werk in Agno auszubauen. Wir profitieren von einer starken Nachfrage nach unseren Hochleistungswerkzeugen und arbeiten heute an der Kapazitätsgrenze.
Spürten Sie eigentlich in den letzten Jahren die starken Schwankungen im Geschäftsgang Ihrer Kunden aus der Schweizer Uhrenindustrie?
Wie alle unsere Kunden investiert auch die Uhrenindustrie nicht kontinuierlich und linear in hochproduktive Lösungen, wie wir sie bauen. Das hat aber weniger mit Konjunkturzyklen zu tun, als mit Technologieentscheidungen und generellen langfristigen Wachstumsperspektiven. In dieser Hinsicht kann ich nur sagen, dass wir mit unseren Kunden aus der Uhrenindustrie stabile, gute Geschäftsbeziehungen haben, die sich in den letzten Jahren positiv entwickelten. Die bei uns spürbaren Schwankungen aus dieser Branche decken sich sehr wenig mit den Berichten aus den Medien.
Was soll mit den 400’000 Aktien, die Sie von Ihrem Ankeraktionär Veraison erhalten haben, geschehen?
Wir haben heute die Möglichkeit, bei Anfragen von potentiellen Investoren flexibel zu reagieren. Unser Freefloat ist relativ gering und folglich ein Handel grössere Bestände über die Börse eingeschränkt. Einen Teil der Aktien werden wir für das Incentive Program für die Geschäftsleitung nutzen.
Zum Gesprächspartner:
Bruno Cathomen übernahm per 1. Oktober 2011 die operative Führung der Mikron Gruppe als CEO. Er ist seit dem Jahr 2009 bei Mikron tätig. Davor war er von 2001 bis 2009 bei der Firma Elcoteq Network Corporation. Von 1994 bis 2001 arbeitete Cathomen in verschiedenen Führungsfunktionen bei ABB, wo er zuletzt für das strategische Outsourcing der Elektronik-Produktion in der Schweiz verantwortlich zeichnete.