Bruno T. Messmer, General Manager DXC Technology Switzerland, im Interview

Bruno T. Messmer

Bruno T. Messmer, General Manager DXC Technology Switzerland und Leiter Consulting & Analytics DXC Switzerland. (Foto: zvg)

von Sandra Willmeroth

Moneycab.com: Cybercrime wird ein immer wichtigeres Thema für Unternehmen. Wie hat sich die Nachfrage nach IT-Sicherheitsdienstleistungen in der Schweiz entwickelt?

Bruno T. Messmer: Die Nachfrage nach Beratung rund um Themen der digitalen Sicherheit hat in den letzten 2-3 Jahren zugenommen. Aktuell bewerten 72 Prozent der Schweizer Unternehmen die Cyber-Kriminalität als ein mittleres bis grosses Risiko für den Geschäftserfolg. Das hat unsere jüngste Umfrage unter 100 Unternehmen für den «DXC Digital Journey Monitor» ergeben.

Wo sehen Sie die grössten Bedarfe seitens der Schweizer Unternehmen in Sachen Cybercrime, respektive IT-Sicherheit?

Unsere Umfrage hat gezeigt, dass viele Unternehmen sich zwar der Bedrohungen bewusst sind, aber meist nicht konsequent darauf reagieren. Weniger als die Hälfte der Firmen setzt beispielsweise schon auf Mehrfach-Authentifizierungen und noch weniger unterziehen ihre Mitarbeiter regelmässig einem Cybersecurity-Training. In Anbetracht der Tatsache, dass in den letzten Jahren verschiedentlich Unternehmen wegen digitaler Erpressung und Hacker-Angriffen in existentielle Nöte geraten sind, sind diese Werte doch erstaunlich und zeigen auf, dass ein Gefühl für die Gefahr da ist, aber es noch mehr Wille zum Handeln braucht.

Als einer der globalen Player zählt DXC viele internationale Konzerne zur Kundschaft. Als Laie gefragt: Wie kann die IT-Sicherheit im Netzwerk eines internationalen Konzerns gewährleistet werden?

Es gibt keine Strategie zur absoluten Sicherheit in der digitalen Welt, aber grundsätzlich empfehlen wir die beiden Dimensionen Technologie und Mensch wie folgt im Auge zu behalten: Auf der technologischen Schiene empfiehlt es sich, nicht auf viele Einzellösungen zu setzen. Denn dadurch entstehen erfahrungsgemäss Sicherheitslücken. Besser sind Anbieter von ganzheitlichen Ansätzen. In Bezug auf die Dimension Mensch: Wichtig ist, die Menschen im Unternehmen dafür zu sensibilisieren, dass die meisten digitalen Angriffe direkt vor dem Bildschirm ihren Anfang nehmen – gerade auch mit dem Aufstieg von sehr fähigen Sprachmodellen wie ChatGPT dürften hier die Risiken steigen. Ziel muss sein, dass zur Gefahrenabwehr das Social Engineering in den Firmen immer besser wird.

Inwieweit erschweren nationale Grenzen den Kampf gegen die grenzenlose Internetkriminalität?

Es ist einfach ausserordentlich wichtig, immer daran zu denken, dass der eigene Rechtsraum nicht davor schützt, ins Visier von Cyberkriminellen zu geraten. Die Strafverfolgung kann den Schaden, der durch die Zerstörung von System oder den Diebstahl vertraulicher Kundendaten entsteht nicht wettmachen. Bei den Abwehrstrategien gegen Cyberangriffe muss man also immer global denken und handeln.

«Es ist ausserordentlich wichtig, immer daran zu denken, dass der eigene Rechtsraum nicht davor schützt, ins Visier von Cyberkriminellen zu geraten.»

Welche Technologie-Trends identifiziert DXC für die kommenden fünf bis zehn Jahre?

Eines der wichtigsten Themen wird der intelligente Umgang mit digitalisierten Daten sein. Stichwort: ‘Datengetriebene Unternehmen`. Entscheidend für den Erfolg wird sein, wie es dem Management gelingt, den eigenen Daten-Metabolismus zu versorgen und wie dieser Stoffwechsel der Daten kontinuierlich und konsequent genutzt wird, um Erkenntnisse über das komplette Unternehmensökosystem zu generieren. Analog zum menschlichen Stoffwechsel ist beim Daten- Metabolismus sowohl ein ‘zu viel’ als auch ein ‘zu wenig’ an Daten nicht gut. Dementsprechend kommt es auf den intelligenten Umgang mit den Daten an.

Wie sollten Unternehmen das umsetzen?

Es gibt kaum Chefetagen, die das immense Potenzial von Daten nicht sehen und bereits versuchen, den Mehrwert zu erschliessen. Der Trend zur Einführung moderner Datenplattformen oder die Modernisierung alter Datenplattformen wird sich entsprechend weiter fortsetzen. Diese Entwicklung ist zu einem sehr grossen Teil Cloud basiert, um einen verlässlichen Datenpool für das Unternehmen aufzubauen. Neben dem ausgewogenen Daten-Metabolismus ist eine der grössten Herausforderungen, die gewonnenen Erkenntnisse auch in Handlungen und damit positive Geschäftsresultate umzusetzen.

Wie hoch schätzen Sie das Potenzial der Künstlichen Intelligenz?

Wir werden, aufbauend auf dem vom Daten-Metabolismus optimal versorgten Datenpool, das weitere Vordringen von KI-Lösungen in unterschiedlichste Unternehmensbereiche sehen. Das wird dazu führen, dass jeder Aspekt der eigenen Wertschöpfung überdacht werden muss. Der aktuelle Hype um generative KI wie ChatGPT wird zwar wieder abflauen. Die erstaunlichen generativen Fähigkeiten dieser Systeme werden aber bleiben.

«Alle Tätigkeiten, die mit der Analyse von komplexen Inhalten oder der Erzeugung von Lösungen wie Texte, Programme, Grafiken, Bilder oder Töne zu tun haben werden sich verändern.»

Was bedeutet das konkret?

Alle Tätigkeiten, die mit der Analyse von komplexen Inhalten oder der Erzeugung von Lösungen wie Texte, Programme, Grafiken, Bilder oder Töne zu tun haben, werden sich verändern. Es ist jetzt schon abzusehen, dass diese Tätigkeiten von generativen KI-Systemen in neue Produktivitätssphären katapultiert werden und wir in dem Umfeld vor enormen Umbrüchen stehen. Auf der Grundlage von verlässlichen und aktuellen Daten unter zur Hilfenahme von KI muss sich jedes Unternehmen weiterentwickeln, um resilient und erfolgreich zu bleiben. Es gilt, diese Daten konsequent zu nutzen. Das trägt letztendlich dazu bei, die eigenen Wertschöpfungsmodelle kontinuierlich zu hinterfragen, anzupassen und zu optimieren.

«Der Grad der Digitalisierung ist bei vielen Schweizer Firmen sehr hoch»

DXC Technology ist einer der Fortune 500 global IT Service Provider mit Sitz in den USA. Welche Rolle spielt die Schweizer Niederlassung innerhalb des Konzerns?

Für DXC Technology spielt der Standort Schweiz eine sehr wichtige Rolle, da einige der grössten globalen Kunden von DXC Firmen mit Schweizer Hauptsitz und Herkunft sind. Zudem ist der Grad der Digitalisierung bei vielen Schweizer Firmen sehr hoch und Erfahrungen aus Projekten mit einem hohen digitalen Maturitätsgrad sind für DXC ausserordentlich wertvoll. Umgekehrt profitieren aber auch mittelständische Schweizer Kunden von den Erkenntissen aus globalen Projekten: Globales Wissen – lokale Wirkung!

Herr Messmer, besten Dank für das Interview.

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