Marco Cerqui, CEO und Co-Founder Bring! Labs AG, im Interview

Marco Cerqui

Marco Cerqui, CEO und Co-Founder Bring! Labs AG. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Cerqui, die Bring-App gilt als der digitale Shopping-Assistent schlechthin. Aber Hand aufs Herz – schreiben Sie nicht trotzdem ab und zu einen Einkaufszettel?

Marco Cerqui: Aber natürlich! Ich schreibe sogar sehr häufig Einkaufszettel. Aber nicht mit Stift auf Papier, sondern eben ganz bequem auf meinem Smartphone. Mit Bring! bin ich nicht nur viel schneller als von Hand sondern ich kann mir auch immer sicher sein, dass ich meine Liste im Laden stets mit dabei habe – und auch lesen kann. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zum letzten Mal eine Einkaufsliste auf Papier geschrieben habe.

Wie sieht Ihre Vision des perfekten Einkaufszettels, resp. des Einkaufserlebnisses über Bring! aus?

Wir bei Bring! sind der Überzeugung, dass sich die Art und Weise wie wir Einkaufen und unseren Haushalt organisieren in den nächsten fünf bis zehn Jahren stark verändern wird. Unser Anspruch an Personalisierung und Komfort wird nochmals substanziell zunehmen. Genauso wie auch die Vernetzung mit unserem Umfeld und die Integration von Services. Mit Bring! möchten wir unseren Benutzern einen digitalen Einkaufsassistenten zur Seite stellen, der ihnen nicht nur das Schreiben der Einkaufsliste abnimmt, sondern den ganzen Haushaltsbedarf managed und zuverlässig mithilft – von der Menüplanung bis hin zum Tragen der Einkaufstaschen bis vor die Haustür.

Und wie nahe sind Sie an der Verwirklichung dieser Vision dran? Wir haben die Grundsteine dafür zusammen und haben in den letzten zwei Jahren bewiesen, dass wir eine simple Einkaufsliste zu einem personalisierten Einkaufsassistenten entwickelt haben. Dass mittlerweile mehrere Millionen Menschen ihren Einkauf jeden Monat mit Bring! planen, bestätigt den Bedarf an unserem Produkt.

«Wir bei Bring! sind der Überzeugung, dass sich die Art und Weise wie wir Einkaufen und unseren Haushalt organisieren in den nächsten fünf bis zehn Jahren stark verändern wird.» Marco Cerqui, CEO und Co-Founder Bring! Labs AG

Werfen wir kurz einen Blick zurück: Wie kam es eigentlich zur Geschäftsidee?

Die Geschäftsidee war in der frühen Phase von Bring! zunächst zweitrangig. Mein Co-Founder Sandro Strebel und ich hatten uns in den Kopf gesetzt, endlich eine gute Einkaufsliste für das Smartphone zu entwickeln. Die erste Version von Bring! haben wir an vielen Abenden und Wochenenden selber entwickelt. Als wir nach 24 Stunden im AppStore bereits über 1000 Benutzer hatten, wussten wir, dass Bring! nicht nur unsere eigenen Probleme löst.

Zuerst ein digitaler Einkaufszettel, hat Bring! die Funktionen mittlerweile massiv erweitert. Letztes Jahr wurde mit Brack.ch der erste Onlineshop an die App angebunden. Wie wird dieses zusätzliche Feature genutzt?

Um ehrlich zu sein wird das Feature noch nicht so verwendet, wie wir uns das vorstellen. Gründe dafür sehen wir mitunter darin, dass wir uns bei Bring! von einem reinen Offline-Buying Service zu einem Online-Marketplace weiterentwickeln müssen. Da jedoch die Verlagerung vom stationären Detailhandel zum Online-Detailhandel in der Schweiz aus diversen Gründen träge ist, kämpfen wir, wie auch etablierte Händler, mit dieser Herausforderung.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Brack.ch? Hatten Migros und Coop, die mit dem Online-Lebensmittelgeschäft nicht recht vom Fleck kommen, kein Interesse?

Natürlich gibt es Gespräche mit allen relevanten Online-Retailern in der Schweiz und in Deutschland. Keiner der Anbieter ist mit dem aktuellen Stand des Online-Lebensmittelhandels zufrieden. Wir sind davon überzeugt, dass die grössten Entwicklungsschritte der Branche noch bevorstehen. Unsere Stärke ist es, innovative Projekte und neue Konzepte effizient umzusetzen. Mit Brack haben wir einen Partner gefunden, der ähnlich arbeitet wie wir und mit dem wir sehr schnell in den Onlinehandel einsteigen konnten.

«Kein Online-Retailer in der Schweiz und in Deutschland ist mit dem aktuellen Stand des Online-Lebensmittelhandels zufrieden.»

2018 ging es Schlag auf Schlag: Die Anbindung von Brack.ch, Sprachsteuerung mittels Google Assistant oder Amazon Alexa, Verwaltung über Apples Siri, zuletzt das Speichern der Bonuskarten in der App… Wo setzt Bring! 2019 die Schwerpunkte?

Das 2018 war in der Tat ein sehr erfolgreiches Jahr für uns. Wir haben unseren Service insbesondere für unsere Schweizer Benutzer stark erweitert und die Hauptelemente für unseren Assistenten aufbauen können. 2019 werden wir uns nun darauf fokussieren, diese Element noch besser zu integrieren und dem Benutzer dadurch ein noch personalisierteres und nahtloses Einkaufserlebnis zu bieten. In Deutschland haben wir dieses Jahr einen starken Fokus auf Online Retail gesetzt.

Teil des Shopping-Assistenten sind ja auch die Einkaufsvorschläge. Wie stark arbeitet Bring! mittlerweile mit Machine Learning?

Wir befassen uns fast schon seit der Gründung von Bring! mit Machine Learning und investieren viel in das Gebiet. Wir glauben stark an den Wert der Daten, insbesondere um den individuellen Komfort für unsere Benutzer zu erhöhen. Die Einkaufsvorschläge in Bring! sind sehr akkurat; als nächstes möchten wir nicht nur einzelne Artikel, sondern die ganze Einkaufslisten vorschlagen können.

Anfang letzten Jahres konnte eine Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen werden, u.a. investierten Swisscom Ventures und Swiss Founders Fund und Business Angels von investiere.ch 2,3 Mio Franken. Wie aber verdient Bring! im Alltag Geld? Für die User ist die App ja kostenlos.

Wir bieten FMCG Brands, Herstellern und Händlern die Möglichkeit, den Konsumenten sehr effizient, ohne grosse Streuverluste zum Zeitpunkt der Einkaufsentscheidung zu erreichen um über deren Produkte und Angebote zu informieren. Bislang haben wir verschiedene Native Advertising Formate sehr erfolgreich am Markt etablieren können – weitere sind in der Umsetzung. Mittlerweile arbeiten wir mit fast allen Brands und Handlern in der Schweiz und in Deutschland zusammen.

«Wir glauben stark an den Wert der Daten, insbesondere um den individuellen Komfort für unsere Benutzer zu erhöhen.»

Denken Sie auch über kostenpflichtige Dienste nach?

Wir evaluieren das Thema regelmässig, es gibt aktuell aber keine Pläne für kostenpflichtige Dienste für unsere Benutzer.

Wie viele Nutzer weltweit nutzen die App heute, und wie viele sind es in der Schweiz?

Wir haben weltweit über 7 Milionen Benutzer wobei Deutschland der grösste Markt ist. In der Schweiz gehen mehrere hunderttausend Personen jeden Monat mit Bring! einkaufen.

Seit Mitte letzten Jahres hat Bring! eine Niederlassung in Deutschland. Wie sehen die Wachstumspläne in Deutschland aus?

Zürich war bisher ein sehr guter Standort für uns und wird es auch bleiben. Von unseren rund zwanzig Mitarbeitern sitzen 17 in Zürich. Für den Vertrieb von unseren B2B-Advertising Produkten in Deutschland haben wir uns aber entschieden, eine Niederlassung in Deutschland aufzubauen. Da wir ausserdem viele wichtige Partner in Deutschland haben, planen wir weiter in den Standort zu investieren und ihn auch personell auszubauen

Zur Person:
Marco Cerqui, Co-Founder & Chief Executive Officer Bring! Labs AG Ob beim Gusto des nächsten Lieblingscafés oder dem Gespür für Unternehmerisches – mit viel Sorgfalt wählt Marco Cerqui seinen Fokus. Nach seinem Studium in Computer Science arbeitete er als Berater für verschiedene nationale und internationale Grossfirmen. 2013 gründete er zusammen mit Sandro Strebel die Beratungsagentur Publisheria mit Fokus auf das Consulting und Management von Kunden der Web- und Mobile-Branche. Daraus entwickelte sich schließlich die Idee zur App Bring!. Mit der Gründung der Bring! Labs AG konzentrieren sich Cerqui und Strebel nun auf die digitale Optimierung des Lebensmitteleinkaufs. Seit April 2015 verantwortet Marco Cerqui als Chief Executive Officer die strategische Ausrichtung von Bring!. Bring!«

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