Reiner Pichler, CEO Calida Group, im Interview

Reiner Pichler

Calida-CEO Reiner Pichler. (Foto: Calida)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Pichler, die Calida Group hat im ersten Halbjahr 2019 nahtlos an das erfolgreiche Geschäftsjahr 2018 angeknüpft. Der Umsatz legte währungsbereinigt um 4% zu, der Betriebsgewinn stieg um 15%. Was hat Sie besonders gefreut?

Reiner Pichler: Dass wir mit allen unseren Marken und in allen Kanälen gewachsen sind, wie im Jahr 2018. Das heisst, wir haben in einem schrumpfenden bzw. stagnierenden Markt Anteile gewonnen.

Die Umsätze in der Bekleidungsindustrie waren insgesamt rückläufig. Auf was ist die konträre Entwicklung bei Calida Group zurückzuführen?

Unsere Entwicklung ist das Resultat der im Jahr 2016 entwickelten Strategie und vor allem die konsequente Umsetzung der strategischen Hebel daraus, wie zum Beispiel: Customer Focus, Innovationen, E-Commerce, Omni-Channel, Investitionen in Partnerschaftsmodelle mit unseren Wholesale Kunden, usw.

Alle Marken trugen zum guten Ergebnis bei. Bei welchen lief es besonders gut?

Grundsätzlich haben sich alle unsere Marken gut entwickelt. Durch die unterschiedlichen Branchen von Wäsche/Lingerie über Outdoor-Bekleidung und Outdoor-Möbel bis Surfwear waren die Anforderungen sehr unterschiedlich. Der Markt war aber in allen Segmenten anspruchsvoll.

«Aktuell ist unser Anteil im E-Commerce bei 12 % über alle unsere Marken.»
Reiner Pichler, CEO Calida

Auch sämtliche Verkaufskanäle legten zu, wobei der Bereich E-Commerce mit einem Plus von 21% herausragt. Welchen Anteil am Umsatz hat der E-Commerce mittlerweile bei der Calida Group und welchen Wert streben Sie an?

Aktuell ist unser Anteil bei 12 % über alle unsere Marken. Dies gilt für unsere eigenen E-Commerce. Nimmt man die E-Commerce Pure Player dazu, ist der Anteil bei nahezu 20%. Welchen Anteil wir erreichen werden, hängt stark von der Entwicklung des Verhaltens der Konsumenten ab – aber 20% im eigenen E-Commerce Handel sollten möglich sein.

Wholesale ist immer noch ein bedeutender Absatzkanal der Calida Group. Kommen Sie dem Grosshandel mit dem starken Ausbau des E-Commerce nicht ins Gehege?

Wir pflegen eine intensive Partnerschaft mit unseren Wholesale-Kunden und wollen sie in unsere Entwicklung miteinbeziehen. Aber die Endverbraucher entscheiden, wo sie unsere Marken kaufen wollen.

Calida setzt stark auf das Omni-Channel-Konzept. Wie zeigt sich dieses kanalübergreifende Einkaufserlebnis in den neuen Läden?

Es geht darum, den Einkauf für unsere Kunden so bequem wie möglich zu machen und ihren Bedürfnissen zu 100% Rechnung zu tragen. Unsere Kunden sind begeistert, dass sie das Beste aus beiden Kanälen verbinden können: Perfekten Service und Beratung zum Beispiel, mit 100% Verfügbarkeit der Produkte.

Mit dem digitalen Geschäft sprechen Sie auch ein jüngeres Publikum an. Welche Rolle spielen bei der Ansprache der Zielgruppe Social Media-Aktivitäten und die Zusammenarbeit mit Influencern?

Wir sprechen mit dem digitalen Geschäft alle unsere Kunden an, nicht nur die jüngeren, auch die älteren entdecken gerade die Vorteile von E-Commerce. Die Zusammenarbeit mit Influencern und Social Media sind aktuell wichtige Werbeaktivitäten, die eine Folge der Veränderung im Verhalten der Endverbraucher sind. Eigentlich nichts Besonderes. Vielleicht war es vor einigen Jahren noch ein Inserat in einem Magazin und heute ist es Social Media.

«Wir sprechen mit dem digitalen Geschäft alle unsere Kunden an, nicht nur die jüngeren, auch die älteren entdecken gerade die Vorteile von E-Commerce.»

Die Digitalisierung ist das eine grosse Thema unserer Zeit, Nachhaltigkeit und ein schonender Umgang mit unserem Planeten das andere. Stellen Sie hier dank dem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit eine gestiegene Nachfrage nach Ihren Produkten fest?

Nachhaltigkeit ist für die Calida Group nicht ein Business Thema, es ist Teil der Unternehmenskultur. Wir übernehmen im Management die Verantwortung für die erfolgreiche Entwicklung unseres Unternehmens. Wir wollen aber gleichzeitig auch Verantwortung übernehmen für eine intakte Umwelt. Unsere Initiativen über «Made in Green», «Bluesign» und «Low Impact» sind wichtige Voraussetzungen für den Abverkauf unserer Produkte.

Wie können sich Konsumenten über die Produkte resp. deren Fertigung und die Herkunft der Materialien informieren?

Unsere Produkte sind zu wesentlichen Teilen «Made in Green by Oeko-Tex» zertifiziert. «Made in Green» ist ein nachverfolgbares Verbraucherlabel für nachhaltige Textilien. Das Label garantiert, dass die Textilien aus schadstoffgeprüften Materialien, in umweltfreundlichen Betrieben und an sicheren und sozialverträglichen Arbeitsplätzen produziert wurden. Jedes mit dem «Made in Green»-Label ausgezeichnete Produkt kann anhand einer eindeutigen Produkt-ID in Form eines QR-Codes transparent zurückverfolgt werden und der Konsument kann somit nachvollziehen, wo und unter welchen Bedingungen es produziert wurde.

Gleiches gilt für unseren kompostierbaren Kollektionsanteil. Diese Produkte sind zusätzlich mit dem Label Cradle to Cradle Certified zertifiziert und lassen sich zu 100% in den biologischen Kreislauf zurückführen. Bei der Millet Mountain Group arbeiten wir mit «Bluesign» und «Low Impact».

«Unsere Initiativen über «Made in Green», «Bluesign» und «Low Impact» sind wichtige Voraussetzungen für den Abverkauf unserer Produkte.»

Und wie gross ist die Bereitschaft der Kunden, für die Mehrkosten der nachhaltigen Produktion auch tiefer in die Taschen zu greifen?

Nach den neusten Untersuchungen sind weltweit 2/3 der Endverbraucher bereit, für unter nachhaltigen Bedingungen gefertigte Produkte deutlich mehr zu bezahlen. Wieviel mehr hängt natürlich von den Einkommen der Menschen ab. Das können wir mit unseren Ergebnissen in diesem Bereich bestätigen.

Wie zuversichtlich sind Sie, im zweiten Halbjahr die positive Entwicklung der ersten Jahreshälfte bestätigen zu können?

Wir erwirtschaften aufgrund der Saisonalität unseres Geschäftes 2/3 unserer Erträge und Umsätze in der zweiten Jahreshälfte und ich gehe davon aus, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht besser werden. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir weiter Marktanteile gewinnen werden, und das aus einem wesentlichen Grund: wir haben ein sehr gutes und motiviertes Team und unsere Teams wollen gewinnen.

Herr Pichler, besten Dank für das Interview.

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