Christian Berner, Kaufmännischer Direktor Opernhaus Zürich AG, im Interview

Christian Berner

Christian Berner, Kaufmännischer Direktor der Opernhaus Zürich AG. (Foto: Stefan Deuber)

von Robert Jakob

Moneycab.com: Herr Berner, die Auslastung des Opernhauses liegt seit der Übernahme der künstlerischen Leitung durch Andreas Homoki mit weit mehr als 80 Prozent Jahr für Jahr klar über dem Wert der vorhergehenden Intendanz. Überrascht Sie das?

Christian Berner: Nein, das überrascht mich nicht, aber es freut mich sehr. Eine Auslastung von fast 85% ist keine Selbstverständlichkeit und zeigt, dass unsere Strategie der Öffnung funktioniert. Das ist eine sehr schöne Bestätigung für unsere Arbeit.

Es kam aber auch zu dem ein oder anderen kleinen Eklat, wie beispielsweise der Absprung des Don Giovanni – Dirigenten Robin Ticciati nach der zweiten Vorstellung. Bringt so etwas vielleicht sogar die meiste Publicity?

In einem künstlerischen Betrieb gibt es ab und zu auch mal künstlerische Differenzen. Das hat aber mit gewollter Publicity nichts zu tun.

Der kaufmännische Leiter einer Oper steht immer im Schatten der künstlerischen Leiter. Ich nehme an, das hat den Vorteil, dass man in Ruhe arbeiten kann?

Ja, das kann man durchaus so sehen. Natürlich steht in einem Opernhaus der Intendant im Vordergrund, der kaufmännische Direktor arbeitet mehr hinter den Kulissen. Das ist auch gut so.

«Die Nachwuchsförderung sowohl bei den Künstlern als auch dem Publikum ist eine unerlässliche Investition in die Zukunftssicherung der Kunstform Oper und unseres Hauses.»
Christian Berner, Kaufmännischer Direktor der Opernhaus Zürich AG

Sehr viel wird für den Nachwuchs getan. Sowohl bei den Künstlern, wie beispielsweise mit dem Junior Ballett, oder bei den jüngeren Zuschauern durch Workshops und Kinderopern bis Kindermusicals. Ist die Einbindung aller Bevölkerungsschichten der Königsweg, um eine Oper aus der Eliteecke oder Mottenkiste zu befreien?

Die Nachwuchsförderung sowohl bei den Künstlern als auch dem Publikum ist eine unerlässliche Investition in die Zukunftssicherung der Kunstform Oper und unseres Hauses. Das Opernhaus Zürich ist ganz klar ein Premiumprodukt, und die Herausforderung für uns besteht darin, an dieser Positionierung festzuhalten und das Haus dennoch für möglichst viele Menschen zu öffnen.

Ihr Etat wird jedoch zu knapp zwei Dritteln vom Kanton Zürich getragen. Ist es da nicht etwas kurios, da von einer Steigerung des Jahresgewinns von 115’000 auf 407’000 Franken zu sprechen?

Nicht wirklich, denn letztlich ist das Opernhaus Zürich auch ein wirtschaftlich geführtes Unternehmen, einfach mit einer etwas besonderen Finanzierungsstruktur. Wir müssen jede Spielzeit eine finanzielle Punktlandung hinkriegen, was bei einem Gesamtbudget von über 120 Millionen Franken nicht ganz einfach ist.

Ab diesem Jahr muss die Opernhaus AG mit einer Kürzung der Kantonsbeiträge im Umfang von 1,6 Millionen umgehen. Wo liegt der Sparschwerpunkt?

Aufgrund höherer Sparbeiträge in unsere Pensionskasse fehlen uns ab 2016 sogar über 3 Millionen Franken pro Jahr. Bei einer hohen Eigenwirtschaftlichkeit von fast 40 Prozent werden wird diese Mittel tatsächlich einsparen müssen. Höhere Eigeneinnahmen sind auf unserem Level nicht wirklich realistisch. Das Ziel für uns ist, diese Sparmassnahmen so auf den gesamten Betrieb zu verteilen, dass man das an der künstlerischen Qualität auf der Bühne nicht merken wird.

«Das Ziel für uns ist, diese Sparmassnahmen so auf den gesamten Betrieb zu verteilen.»

Im letzten Jahr konnten mehr als eine halbe Million zusätzliche Sponsorengelder eingeworben werden. Mit welchem USP erreichen Sie neue Sponsoren?

Indem wir neue Sponsoren für unser Haus und seine Leistungen zu begeistern versuchen. Das Opernhaus Zürich ist die grösste Kulturinstitution der Schweiz, mit hochkarätigen Künstlern und einer breiten überregionalen und internationalen Ausstrahlung. Das vermitteln wir mit Leidenschaft.

Im letzten Jahr wurden die Aktien des Opernhauses zu rund der Hälfte ihres Buchwertes gehandelt. Daraus entnehme ich, dass auch die Aktionäre letztlich Sponsoren, sorry Mäzene, sind…

Unsere Aktien haben sicher in erster Linie einen Liebhaberwert und sind nicht wirklich ein ökonomisches Investment. Viele Aktien werden von Generation zu Generation weitergegeben. Unsere Aktionäre sind eng mit dem Haus verbunden und möchten als Inhaber am Geschehen des Hauses teilnehmen.

An liquiden Mitteln sind zurzeit 25 Millionen Franken vorhanden. Wann planen Sie, nachdem es im vorletzten Jahr ja eine neue millionenteure Probenbühne gab, die nächste grosse Sachanlage?

Die nächste Priorität für uns ist die Asbestsanierung und damit verbunden die Aufstockung und Kapazitätserweiterung von unserem Ausstattungslagers Kügeliloo in Oerlikon. Eine weitere Priorität am Horizont ist die Sanierung des Erweiterungsbaus oder „Fleischkäses“, wie dieser auch im Volksmund genannt wird. Das Gebäude ist mittlerweile in die Jahre gekommen ist und hat enge Platzverhältnisse.

«Eine weitere Priorität am Horizont ist die Sanierung des Erweiterungsbaus oder „Fleischkäses“, wie dieser auch im Volksmund genannt wird.»

Wie weit sind die Pläne für den Ausbau Ihrer Aussenstelle in Oerlikon denn jetzt gereift?

Wir haben im letzten Sommer einen Planer ausgewählt, mit dem wir das Projekt im Detail ausarbeiten. Diese Ergebnisse einschliesslich der Kostenplanung erwarten wir bis zum Ende dieser Spielzeit. Auf dieser Grundlage muss die Finanzierung mit der öffentlichen Hand diskutiert und geklärt werden.

Könnte ein Verkauf nicht Geld bringen?

Natürlich würde ein Verkauf vom Lager kurzfristig viel Geld bringen, aber langfristig wohl mehr kosten, denn das Opernhaus braucht auch in Zukunft grosse Lagerflächen für seine Produktionen. Ein neues Lager zu bauen oder langfristig zu mieten, käme uns teurer.

Wir haben jetzt viel übers liebe Geld gesprochen. Welches künstlerische Highlight erwarten Sie für 2016?

Es fällt mir schwer, mich auf ein Highlight zu beschränken. Ganz persönlich freue ich mich auf die Wiederaufnahmen der grossartigen Produktionen Woyzeck und Romeo und Julia unseres Ballettdirektors Christian Spuck, weil sie immer stark berühren und unter die Haut gehen.

Zur Person:
Christian Berner ist Jahrgang 1965. Er studierte Betriebswirtschaft an der Hochschule St. Gallen. Seit der Spielzeit 2008/09 ist er am Opernhaus Zürich, zunächst als Referent des designierten Intendanten während der Vorbereitungszeit der neuen Direktion, seit 2013 dann als Kaufmännischer Direktor.

Zum Unternehmen:
Das Opernhaus liegt im Zentrum der Stadt Zürich beim Sechseläutenplatz. Bis 1964 wurde das 1891 eröffnete Gebäude noch Stadttheater genannt. Neben den Musiktheater- und Ballettaufführungen veranstaltet das Opernhaus Zürich immer wieder Philharmonische Konzerte, Matineen, Liederabende, Produktionen auf der Studiobühne sowie zahlreiche Veranstaltungen für Kinder. Das Opernhaus Zürich wird seit 2012 von Intendant Andreas Homoki geleitet, er folgte auf Alexander Pereira und verfolgt den Anspruch, das Haus für ein breiteres Publikum zu öffnen. Neue Veranstaltungsformate wie das Saison-Eröffnungsfest, die Live-Übertragung einer Oper auf den Sechseläutenplatz, Künstlergespräche und Werkeinführungen vor jeder Vorstellung tragen diesem Anspruch ebenfalls Rechnung. Das Opernhaus Zürich bietet Platz für 1100 Personen. Aktien der kotierten Gesellschaft werden otc gehandelt. Seit 181 Jahren ist das Opernhaus eine Aktiengesellschaft.

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