von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Klinner, was verstehen Sie persönlich unter dem Begriff «New Work» und wie unterscheidet sie sich von «Old Work»?
Christian Klinner: «New Work» steht für mich für dynamische Prozesse, während «Old Work» ein nicht anpassungsfähiges Modell ist. «New Work» steht für mich für kollektives Wirken, «Old Work» für hierarchisches Streben. In der «New Work» ist der Job eins von vielem, bei «Old Work» ist der Job alles. Und in «New Work» haben Skills das Sagen, während bei der «Old Work» Titel und Karriereleitern zentral sind.
Welche Chancen bietet New Work Ihrer Ansicht nach?
Dass der Mensch mit seinen vielseitigen Fähigkeiten in den Fokus rückt. Seine genuine, kreative Leistung ist sein Asset, womit jeder sich in der Ära der Industrie 4.0 behaupten kann.
Ist We Talents – ein digitaler Jobmarkt für die Kreativwirtschaft – Ihre Antwort auf den New Work-Trend?
Ein Trend wäre ein temporäres Phänomen, wir haben es hier mit einem Megatrend zu tun. In der Arbeitswelt zeichnet sich aber eine klare Transformation ab – hin zu netzwerkbasiertem und projektbezogenen Arbeiten, bedingt durch die technologischen und gesellschaftlichen Veränderungen. Dadurch gewinnen die Skills der Menschen an Bedeutung. Die Digitalisierung unserer Industrie- und Wissensgesellschaft ist unaufhaltbar. Und die nachfolgenden Generationen zeigen uns den Weg, denn für sie sind Kollektivität und Konnektivität eine Selbstverständlichkeit. Die Jungen denken und handeln bereits im Sinne von New Work, daher sind wir überzeugt, dass New Work bereits die neue Realität darstellt.
«Die Jungen denken und handeln bereits im Sinne von New Work, daher sind wir überzeugt, dass New Work bereits die neue Realität darstellt.»
Christian Klinner, Co-Founder We Talents
Für welche Talente ist We Talents die geeignete Plattform, und welche Auftraggeber stehen demnach im Fokus?
Im klassischen Sinne gesprochen fokussiert sich We Talents auf den breit angelegten Kreativcluster der Schweiz. Hierzu gehören vom Software Entwickler über den Marketing Konzepter zum Designer all jene, die als Innovationstreiber- und ermöglicher gelten. Und zu We Talents kommen all jene, die solche Skills suchen. Zugleich ermöglichen wir aber auch das projektbasierte Vernetzen und lancieren von neuen Projekten, was dazu führt, dass jedes Talent auch zu einem Jobposter werden kann und umgekehrt ein Auftraggeber ebenso als Talent auftreten kann. Deshalb bieten wir ein Tool, das den Dynamiken der heutigen Arbeitswelt gerecht wird – daher sagen wir auch «Talent schlägt Titel».
We Talents ist eine auf künstlicher Intelligenz basierende Plattform. Wie funktioniert das «Skills Matching»?
Die Logik dahinter ist ganz einfach – gematcht wird, was zusammenpasst. Skill wird erfasst, Skill wird gesucht — it’s A Match! Die Eigenheit von KI ist, dass sich die Plattform über die Gewohnheiten und Angaben der User weiterentwickelt. Natürlich stehen wir als Entwicklerteam dahinter und «lernen» ebenso mit. KI unterstützt uns im Ansetzen der richtigen Hebel und im Erkennen der vorhandenen Potenziale. Dadurch wird das Matching immer besser.
«Die Logik dahinter ist ganz einfach – gematcht wird, was zusammenpasst. Skill wird erfasst, Skill wird gesucht — it’s A Match!»
Wie weit ist der Begriff Skills bei We Talents gefasst?
Mit Skills bezeichnen wir die individuellen Fähigkeiten. Früher sprachen wir von Berufsbezeichnungen, heute von Skills. Diese sind spezifisch und oft auch charakteristisch. Denn oft verfügt jemand über einen ganz eigenen Mix an Fähigkeiten, die ihn einmalig machen. Uns fasziniert, genau diese Eigenheiten erfassen zu können und mit der Nachfrage zu verbinden.
Ich könnte mein Profil, Skills oder Jobs kostenlos publizieren, auch das Matching ist «gratis». Ab wann wird Ihr Angebot kostenpflichtig?
Im Zuge von Recruiting/Scouting und der Kontaktaufnahme mit mehreren Talenten gleichzeitig.
Gerade bei der Beschäftigung von Freelancern ist die Abrechnung der Sozialversicherungen immer wieder ein Thema. Wie lösen Sie den ganzen Abrechnungsprozess?
Wir vereinfachen über das Integrieren einer Schnittstelle. Alles an einem Ort bietet nicht nur Überblick, sondern wirkt auch aufklärend. Gerade für Neu- oder Quereinsteiger sowie all jene, die nicht gewohnt sind, mit Freelancern zu arbeiten, bietet We Talents einen Service zur nahtlosen Abwicklung.
Sie sind die Gründer von Roy Orp und der Crowdfunding-Plattform crowdify.net. Inwieweit greift We Talents auf die bestehende Zahl einer halben Million User zurück?
Community Building gehört zu unserem Kerngeschäft. So auch das Entwickeln neuer Instrumente und Plattformen. Nicht dass dadurch alles ganz einfach wird, aber die Erfahrung hilft uns in der Gestaltung der Prozesse. Zudem nutzen wir die vorhandenen Communities zur Aktivierung der neuen Plattform. Und natürlich auch den Service unserer Kommunikationsagentur innerhalb von Ron Orp. Zumindest um Reichweite müssen wir uns nicht sorgen, das ist schon Mal etwas.
«Es lebe das iterative Gestalten und das Denken in Prozessen!»
Seit Mitte April ist die Plattform online. Lässt sich bereits eine erste Zwischenbilanz ziehen?
Wir suchen die Herausforderung und sind bestrebt, die Plattform zu optimieren. Es lebe das iterative Gestalten und das Denken in Prozessen! Denn schliesslich schreiben wir uns in diese transformativen Zeiten ein, daher müssen auch unsere Mechanismen dynamisch sein. Und gleichzeitig sind wohl unsere grössten Kritiker, weshalb wir wohl nie stillstehen werden und immer noch etwas zum Weiterentwickeln finden werden.
Sie setzen bei We Talents wie es der Namen sagt mehr auf Talent als auf die klassische Bewerbung. Eignen sich dafür nur «Kreative» oder können Sie sich vorstellen, dass dieses Modell auch in anderen Branchen funktionieren könnte?
Creative Leadership ist nicht nur für die Kreativbranche relevant. Wie Design Thinking in allen Sektoren zur Anwendung kommt, so wird sich bestimmt auch der Fokus auf die kreativen Potenziale verlagern. Power to the Skilled, denn über Skills verfügen wir alle.
Herr Klinner, besten Dank für das Interview.