Christian M. Staub, Executive Vice President und Leiter von PIMCO Schweiz.
Von Martin Raab, Derivative Partners Media AG, www.payoff.ch
payoff im Gespräch mit Christian M. Staub, Schweiz-Chef des weltgrössten Obligationenverwalters PIMCO, zu Ausblicken für den Bondmarkt in 2013, verschwindenden Renditeunterschieden und positiven Überraschungen aus Italien, Spanien und den Emerging Markets.
payoff: Herr Staub, die Bond-Renditen sind inzwischen mehrheitlich im Zinstal festgefroren. Werden wir in naher Zukunft noch tiefere Renditen – gerade bei Staatsanleihen – sehen?
Christian M. Staub: Wir gehen davon aus, dass sich das Wirtschaftswachstum in den führenden Industrienationen der Welt 2013 merklich verlangsamt und Europa in eine Rezession rutscht. Vor diesem Hintergrund rechnen wir weiterhin mit sehr tiefen Zinsen. Das mögliche Anlageergebnis mit traditionellen Anlagestrategien ist bei den erreichten Zinsniveaus natürlich gerade für langfristige Anleger nicht zufriedenstellend, insbesondere nach Abzug der Inflation erzielen Investoren oft negative Realzinsen.
PIMCO Co-CIO Bill Gross hat zuletzt seine Skepsis gegenüber US-Treasuries geäussert. Sind Staatsanleihen westlicher Nationen inzwischen zu «renditefreien Risikopapieren» geworden?
In der Tat gilt es, zu hinterfragen, welche Anlagen in dieser «neuen Normalität» noch wirklich «risikofrei» sind. Wir erwarten, dass sich die Unterschiede von Industrie- und Schwellenländern zunehmend verwischen. Das spiegelt sich bereits am Anleihenmarkt wider.
«Europa wird in eine Rezession rutschen.»
Christian M. Staub, PIMCO
Die Renditeniveaus sind entsprechend eng mit den Leitzinsen verknüpft. Welche Einschätzung haben Sie zur Zinspolitik der SNB, der FED und EZB?
Wir erwarten keine Wende bei den Leitzinsen im 2013. Im Gegenteil: Gerade für den Euroraum rechnen wir mit einer deutlichen Abschwächung des Wachstums und einer Rezession. Daher erwarten wir, dass die EZB die Leitzinsen im kommenden Jahr um weitere 25 Basispunkte senken wird.
Das tönt nach dem Tropfen auf den heissen Stein?
Wir sind in der Tat skeptisch, ob dies die gewünschten Effekte auf die Konjunktur haben wird. Ingesamt vermisst man eine klare Wachstumsstrategie der Politik in Ergänzung zu den Massnahmen der Notenbanken.
Welche Stimmung nehmen Sie bei Ihren Kunden – gerade auch bei grossen institutionellen Investoren – wahr?
Die Suche nach langfristigen Renditequellen bei akzeptablem Risiko ist sicher das Hauptthema für alle langfristig orientierten Anleger. Hier sind Strategien gefragt, die dabei helfen, die Folgen der finanziellen Repression zu vermeiden. Im Bereich der Obligationen beobachten wir einen starken Trend in Richtung Unternehmensanleihen, Emerging Market Bonds und andere höher verzinste Anlageklassen.
«Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern bieten noch günstige Möglichkeiten.»
Welche dieser Möglichkeiten hat die beste Chance, attraktive Renditen zu erwirtschaften?
Wir sehen weiterhin günstige Möglichkeiten in einzelnen Bereichen des Anleihenmarktes wie etwa Lokalwährungsanleihen aus Schwellenländern. Daneben ist es entscheidend, flexible und globale Strategien aus einem umfassenden Anlagespektrum zu wählen. Strategien, die auch bei steigenden Zinsen in der Lage sind, positive Erträge zu erzielen. Langfristig sehen wir einen deutlichen Trend weg von klassischen Benchmarks und hin zu Strategien, die stärker auf absolute, positive Erträge fokussiert sind.
Haben wir speziell im High-Yield-Bereich nicht inzwischen eine echte Blase?
Es wird sicher zunehmend schwierig werden, beim Abbilden des breiten Marktes attraktive Erträge zu erzielen. Gerade im High-Yield-Bereich ist Research unserer Meinung nach zunehmend wichtig. Bei richtiger Selektion von Einzeltiteln halten wir den Bereich aber weiter für interessant.
«Langfristig sehen wir einen deutlichen Trend weg von Benchmarks und hin zu absoluten, positiven Erträgen.»
Wünschen Ihre Kunden auch Änderungen bei der Duration im Portfolio?
Viele Anleger haben erkannt, dass viele traditionelle Anleihen-Benchmarks eine vergleichsweise hohe Duration aufweisen und somit ein Benchmark-orientiertes Portfolio ein permanentes Zinsrisiko aufweist. Wir stellen fest, dass Benchmark-freie Anlagekonzepte, bei denen ein Anleihenportfolio so gesteuert wird, dass die Duration zwischen +8 und -3 Jahren liegen kann, vermehrt auf Interesse stossen.
Was erwarten Sie vom neuen Börsenjahr ganz generell?
Wir denken, dass 2013 sowohl an den Anleihen- als auch den Aktienmärkten kein einfaches Jahr sein wird. Bei Aktien bevorzugen wir dividendenstarke Titel globaler Unternehmen mit starken Kennzahlen. Bei Anleihen sind wir wieder etwas positiver zu den Titeln aus Italien und Spanien, die wir lange deutlich untergewichtet hatten. Die Anleihen dieser Eurostaaten könnten auch 2013 positiv überraschen.
Vielen Dank für das Interview!
Der Gesprächspartner:
Christian Staub ist Executive Vice President und Leiter von PIMCO Schweiz. Er war zuvor drei Jahre in der Firmenzentrale in Newport Beach (Kalifornien) in der institutionellen Kundenbetreuung tätig. Christian Staub arbeitete vor seinem Wechsel zu PIMCO am Standort Zürich für den Mutterkonzern des US-Anleiheverwalters Allianz Global Investors. Er begann seine Karriere bei der UBS im Aktienresearch mit Stationen in Zürich, Singapur und Hong Kong. Sein akademisches Profil wird durch einen MBA der Harvard Business School und ein Wirtschaftsdiplom der Universität St. Gallen (lic.oec.HSG) abgerundet. PIMCO (Pacific Investment Management Company) ist der grösste Obligationenverwalter der Welt (ca. USD 1.9 Billionen) und wurde durch den grössten Rentenfonds der Welt (PIMCO Total Return Fund) und seinen prominenten Verwalter, Bill Gross, international bekannt.