Christian Wanner, Co-Founder & CEO LeShop.ch. (Foto: LeShop.ch)
von Patrick Gunti
Moneycab: Herr Wanner, LeShop.ch hat im 3. Quartal 2012 ein Umsatzplus von 4 % gegenüber der Vorjahresperiode erreicht. Wie werten Sie den positiven Trend nach den zuvor eher schwierigen letzten 12 Monaten?
Christian Wanner: Uns freut diese positive Entwicklung, ohne dass wir dabei euphorisch werden. Die Eurokrise bringt auch eine gewisse Unsicherheit zu den Konsument/innen in die Schweiz. Einige fuhren aufgrund des tiefen Kurses für Grosseinkäufe sogar ins angrenzende Ausland. Uns stimmt zuversichtlich, dass gleichzeitig auch immer mehr Kunden den Wert unserer Dienstleistungen und Waren erkennen und durch den Heimlieferservice Zeit und Autokilometer sparen, anstatt noch weitere Distanzen zu fahren.
Wie sehen die Umsatz- und Gewinnerwartungen für das Gesamtjahr aus?
Die positive Entwicklung setzte erst Ende des zweiten Quartals ein. Das Gesamtergebnis 2012 wird sich wohl auf dem Vorjahresniveau bewegen und positiv sein, was momentan auch in unserem Fokus liegt.
Wie viele neue Kunden konnten Sie im bisherigen Jahresverlauf gewinnen und wie hoch war der durchschnittliche Bestellwert?
Wir konnten bis heute rund 22’000 Neukunden gewinnen. Deren durchschnittlicher Warenkorb war bei der Erstbestellung rund 170 Franken wert. Eindeutig positiv ist hier der Trend zur mobilen Webnutzung: Die Beliebtheit von Smartphone und Tablet bringt dem Online-Lebensmitteleinkauf eindeutig Neukunden.
«In nur einer Woche nach der Lancierung der iPad App gingen gleich viele Bestellungen via iPad-App ein, wie in den ersten 43 Wochen nach der Lancierung der iPhone App.»
Christian Wanner, CEO LeShop.ch
Mittlerweile erfolgt bereits jede fünfte Bestellung via Smartphone oder Tablet. Haben Sie bereits Zahlen zu der Anfang September lancierten iPad App?
In nur einer Woche nach der Lancierung der iPad App gingen gleich viele Bestellungen via iPad-App ein, wie in den ersten 43 Wochen nach der Lancierung der iPhone App. Es ist eindrücklich, wie schnell sich die Nutzer/innen an diese neuen Kanäle gewöhnen.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung bei den Mobil-Bestellungen, welchen Anteil können sie erreichen?
Könnten wir die Zukunft voraussehen, würden wir mit Aktien handeln und nicht mit Lebensmitteln. Wenn man aber berücksichtigt, dass wir mit iPhone und iPad so schnell die 20 Prozent Schwelle erreicht haben und dabei bedenkt, dass bis Ende 2013 die Hälfte aller Kunden in Tablet besitzen, scheint ein 30 Prozent Anteil realistisch.
Die Nutzung des Smartphones steht erst am Anfang. Ist für LeShop.ch zum Beispiel das Tagging über QR-(Quick Response)-Codes ein Thema? Beispielsweise in Form von Produkte-Plakaten, an denen der Kunde den Code der Produkte einscannen kann und ihm die Produkte anschliessend nach Hause geliefert werden?
Der QR-Code und ähnliche Tools sind spannend für Marketing und Kommunikation. Sie eignen sich aber weniger, um schnell 50 Produkte in einen Warenkorb zu füllen. Unsere Nutzer/innen treffen ihre Wahl blitzschnell aus unserem über 12’000 Produkte grossen Sortiment. Das schaffen sie dank einer guten Suchfunktion und via die Navigation – niemals aber via Scannfunktionen.
Wie wichtig sind für Online-Supermärkte Social Media und wo sehen Sie in diesem Bereich weitere Entwicklungsmöglichkeiten?
Die Social Media Kanäle lassen uns praktisch in Echtzeit die Konsumentenstimmung und die Bedürfnisse der Meinungsmacher im Web spüren. Wir sehen es heute mehr als einen Feedback-Kanal, denn als Verkaufspunkt oder als Sales Unterstützung.
Ein grosser Trend in den USA, aber auch in europäischen Ländern wie Frankreich oder Schweden, sind Drive-ins, wo die zuvor online bestellten Waren abgeholt werden können. LeShop.ch hat am 19. Oktober in Studen zwischen Biel und Bern einen Pilotversuch gestartet. An welche Zielgruppe richtet sich dieses Angebot?
«Bestellt per Computer oder Mobile kann man die Bestellung bereits zwei Stunden später abholen und braucht das Fahrzeug nicht einmal zu verlassen.»
Wir glauben, dass dieses Angebot Kunden anspricht, die mit dem Auto oder dem Fahrrad unterwegs sind. Die Dienstleistung des Zusammenstellens und Einpackens (in den Kofferraum) ist gratis und für den Konsumenten kostensparend. Es gibt keinen Mindestbestellwert und die Migros-Sortimente kosten die normalen Migros-Preise. Bestellt per Computer oder Mobile kann man die Bestellung bereits zwei Stunden später abholen und braucht das Fahrzeug nicht einmal zu verlassen. Das Einladen durch das LeShop.ch-Team dauert höchstens fünf Minuten.
Wie kann man sich den Ablauf vor Ort vorstellen?
Nach der Online-Bestellung meldet sich der Abholende via Code auf dem Mobile oder via die Kunden-Nummer an einer Eingabesäule an, kann via Debit- oder Kreditkarte direkt bezahlen und wird direkt zu seinem Standplatz geleitet. Der LeShop.ch-DRIVE-Mitarbeitende versorgt die bestellten Waren verpackt im Kofferraum. Alles zusammen dauert keine fünf Minuten.
Ist das Angebot im Drive-in identisch mit demjenigen des Heimservice?
Nicht ganz. Wir haben ein 8000 Produkte grosses Sortiment (Gesamtsortiment Heimlieferung rund 12’000) zur Verfügung, werden dies aber auch noch mit lokalen Frischprodukten und mit frisch gebackenem Brot anreichern und mit dem Grundsortiment aller Bedürfnisse einer modernen Familie abdecken können.
Ein Mindestbestellwert entfällt. Lässt sich die Bestellung vor Ort ergänzen?
Nein – das Geheimnis von LeShop.ch DRIVE ist das Tempo der Abwicklung. Damit wir dies jederzeit gewährleisten können, muss die gesamte Bestellung schon vor Ort perfekt vorbereitet sein.
Vorausgesetzt, das Drive-in-Konzept setzt sich durch: Nach welchen Kriterien werden die Standorte ausgewählt und wie viele LeShop.ch Drive-ins könnten es dereinst werden?
Das wissen wir heute noch nicht. Es hängt stark vom Erfolg der ersten beiden Pilotstandorte ab.
Herr Wanner, herzlichen Dank für das Interview.
Zur Person:
Christian Wanner (1970) hat LeShop.ch im Herbst 1997 zusammen mit Alain Nicod aufgebaut. Christian Wanner gründete seine eigene IS Management Consulting Firma mit 19 Jahren, während seines Studiums. Bevor er zu LeShop.ch wechselte, war er bei Procter & Gamble in Genf tätig. Dort sammelte er Erfahrungen im Bereich Finanzen, Werbung und Brand Management für Konsumgüter in der Health & Beauty Care Division.
Wanner verfügt über ein BS der HEC Lausanne in Makroökonomie. Nach 18 Jahren in Lateinamerika spricht er fliessend Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch und Portugiesisch.